Kontrolleure rügen Wirrwarr
Bundesbeamte mit der Digitalisierung überfordert

Die Eidgenössische Finanzkontrolle kritisiert die Digitalisierung in der Bundesverwaltung. Es fehle an Überblick, klaren Zuständigkeiten oder Abstimmungen bei IT-Projekten. Auch der Schutz kritischer Infrastrukturen vor Cyberattacken sei nur bedingt gewährleistet.
Publiziert: 00:16 Uhr
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Aktualisiert: 06:36 Uhr
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Bei der laufenden Digitalisierung beim Bund gibt es noch viel Luft nach oben. Das liegt auch am Gärtchen-Denken.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • EFK kritisiert Digitalisierung beim Bund: mangelnde Steuerung und Überblick
  • Kritische Infrastrukturen nur bedingt vor Cyberattacken geschützt
  • Über 80 Einzelberichte bilden Grundlage für EFK-Beurteilung
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Die Berichte der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) enthalten selten gute Neuigkeiten. In der Bundesverwaltung sind sie denn auch nicht immer sehr beliebt. Und doch gilt es, aufmerksam zu werden, wenn die EFK den Mahnfinger hebt. Das zeigte sich jüngst bei der Beschaffung neuer Kampfjets: Die EFK warnte, dass der viel beschworene Festpreis eben doch nicht so fix sei. Bundesrat und VBS wollten davon nichts wissen. Nun drohen dem Bund Mehrkosten in Milliardenhöhe.

Dieses Mal hat die Finanzkontrolle die fortschreitende Digitalisierung beim Bund unter die Lupe genommen. Ihr Bericht stützt sich auf 84 Prüfungen. Mithilfe der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) sollen Abläufe effizienter, schneller, besser werden. Ein Problem: In der weitläufigen Verwaltung fehlt allzu oft der Überblick. Ein pauschales Urteil sei daher schwierig, räumen die Kontrolleure ein: «Doch die Probleme häufen sich an zu vielen Stellen, um von Einzelfällen zu sprechen.»

Nur bedingt vor Cyberattacken geschützt

Bedenken hat die EFK etwa beim Schutz kritischer Infrastrukturen, die die Versorgungssicherheit der Schweiz sicherstellen, ihr Ausfall hätte weitreichende Folgen. «Sie müssen gut vor Cyberattacken geschützt werden», hält die EFK fest. Doch: «Das sind sie nur bedingt.» Konkrete Beispiele will die EFK nicht nennen – aus Sicherheitsgründen.

Teilweise fehlten hier verbindliche Sicherheitsvorgaben für die Betreiber, und die Zuständigkeiten seien zersplittert. Auch zeigten sich bei Vorfällen Schwächen: Wiederherstellungsverfahren seien ungenügend getestet, Reaktionen und Meldungen dauerten zu lange, und es fehlten weitere Möglichkeiten, sollten sich Massnahmen verzögern.

Das Problem beginnt aber schon früher. Denn nicht nur die EFK hat Mühe, den Überblick zu wahren. Auch sonst scheint ihn niemand wirklich zu haben. Zu viele Amtsstellen kochen ihr eigenes Süppchen. «Standardisierung, gemeinsame Schnittstellen oder Sicherheitsvorgaben verlieren an Wirkung, wenn jeder seinen eigenen Weg geht», kommentieren die Kontrolleure.

Zwar zeige die Verwaltung guten Willen, bleibe aber oft «in ihren ineffizienten Strukturen gefangen». Zu selten gelinge eine zielführende Abstimmung, auch mit den Kantonen. Die Gesamtbetrachtung habe sich aufgedrängt, weil es um viel Geld geht. Allein 2023 beschaffte die Bundesverwaltung IKT-Lösungen für 1,5 Milliarden Franken bei externen Anbietern.

Fortschritt nur langsam – auch wegen interner Widerstände

Für die Finanzkontrolle ist klar: Es fehlt an Steuerung, an klaren Zuständigkeiten und an Durchsetzungskraft. Mühe bereite das auch dem Delegierten für digitale Transformation und IKT-Lenkung. So komme die Umsetzung einer gemeinsamen Verwaltung und Verwendung von Stammdaten für Geschäftspartner nur langsam voran, «nicht zuletzt wegen fehlender Durchsetzungskompetenzen und bundesinterner Widerstände».

Unter dem Strich bleibe so der wirtschaftliche Umgang mit IKT-Mitteln hinter den Ansprüchen zurück. Teilweise würden bundesweite Programme eingeführt, ohne dass die tatsächlichen Bedürfnisse erhoben oder der erwartete Nutzen nachvollziehbar dargelegt wird. Auch hier fehlen der EFK Steuerung und Kontrolle. Noch bemerkenswerter aber sei, dass sie oft gar nicht vermisst würden. Kurz: Es fehlten Überblick, Transparenz und damit auch Prioritäten und fundierte Entscheidungen. So werde das Potenzial der Digitalisierung nicht ausgeschöpft.

Die Kontrolleure sehen aber auch Grund zur Hoffnung. So basieren ihre Hinweise auf teilweise Jahre alten Einzelberichten. Ob sich die jeweilige Situation seither verbessert hat, sei in Nachuntersuchungen zu überprüfen. Gleichzeitig glaubt die EFK, in der Verwaltung allmählich ein Umdenken zu erkennen, weg von individuellen, hin zu gemeinsamen IKT-Lösungen. Es sei dringend nötig, dass das Gärtchendenken endlich verschwindet. Der EFK ist aber auch klar: Oft dauere es sehr lange, bis sich bei den Ämtern tatsächlich etwas ändert.

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