«Das Sicherheitsumfeld der Schweiz macht mir Sorgen»
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VBS-Chef Martin Pfister:«Das Sicherheitsumfeld der Schweiz macht mir Sorgen»

Martin Pfister informiert über seine Pläne für die Armee
Das sind die drei grössten Bedrohungen für die Schweiz

Verteidigungsminister Martin Pfister ist seit fast zwei Monaten im Amt. Nun ist der Mitte-Bundesrat erstmals mit konkreten Plänen für seine Amtszeit an die Öffentlichkeit getreten. Das sind die wichtigsten Punkte.
Publiziert: 26.05.2025 um 09:30 Uhr
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Aktualisiert: 26.05.2025 um 12:44 Uhr
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Am Montag stellt Martin Pfister seine Pläne für das VBS vor.
Foto: keystone-sda.ch
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Lucien FluriCo-Ressortleiter Politik
26.05.2025, 11:22 Uhr

Das sind die wichtigsten Punkte

Die Medienkonferenz von Bundesrat Martin Pfister ist beendet. Der Verteidigungsminister stellte mehrere tiefgreifende Änderungen vor, die er in seinem Departement umsetzen will. Dies sind die wichtigsten Punkte: 

  • Punkt 1: Pfister will die internationale Zusammenarbeit ausbauen. Die Verteidigungsfähigkeit der Schweiz könne nur gestärkt werden, wenn «wir auch die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern ausbauen. Sicherheitspolitische Autonomie ist nicht realistisch; unsere Antworten müssen genauso grenzüberschreitend sein wie die Bedrohungen selbst.» Dies sei im ureigensten Interesse der Schweiz. Die Schweiz brauche den Zugriff auf sicherheitsrelevante Informationen und Frühwarnsysteme und den Zugang zu modernen Verteidigungstechnologien.
  • Punkt 2: Pfister will eine klare Strategie für die Armee. Das Sicherheitsumfeld der Schweiz mache ihm Sorgen. «Die Sicherheit Europas und damit auch der Schweiz ist so gefährdet wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Krisen und Konflikte sind näher an unser Land gerückt und sie könnten in absehbarer Zukunft noch massiv grössere Auswirkungen und Ausmasse annehmen.» Als grösste Bedrohungen sieht Pfister einen konventionellen Krieg, einen Hybridkrieg (etwa mit Cyberangriffen) und die Langstreckenwaffen, durch die die Schweiz von weit entfernt angegriffen werden könnte.
  • Punkt 3: Mehr Geld?Pfister will die Armee besser auf die Bedrohungen ausrichten und die Verteidigungsfähigkeit stärken. Konkret: «Das bedeutet, die Armee gut auszurüsten, auszubilden und zu alimentieren.» Dazu bedürfe es allenfalls mehr Geld, sagte Pfister. Er sei sich bewusst, dass es eine Schuldenbremse gebe und der finanzielle Rahmen vom Parlament abgesteckt worden sei. Es sei aber ein Risiko, nicht zu handeln.
  • Punkt 4: Eine andere Rüstungspolitik: Aufgrund der Schweizer Exportrestriktionen für Kriegsmaterial werde die Schweiz «zunehmend von wichtigen Beschaffungen, internationalen Kooperationen und Lieferketten ausgeschlossen», so Bundesrat Pfister. «Die Schweiz hat als Land ausserhalb eines Verteidigungsbündnisses und als Käuferin kleiner Stückzahlen keine Priorität. All dies führt zu längeren Lieferfristen und höheren Kosten.» Der Bundesrat will deshalb die bisherige Rüstungspolitik umfassend überarbeiten.
  • Punkt 5: Armeespitze umkrempeln: Armee-Chef Thomas Süssli hat schon länger seinen Rücktritt auf Ende Jahr angekündigt. Pfister hat eine Findungskommission eingesetzt. Die Führungsstruktur der Armee soll gleichzeitig überprüft werden. Die heutige Organisation sei in den Nullerjahren entwickelt worden. Deshalb müsse sie überprüft werden, sagt Pfister. Die Kriegsschwellen seien fliessend. «Wir wissen nie, ob wir im Krieg sind oder nicht», sagt Pfister. Man werde nicht wie 1939 einen General wählen können, sondern müsse rechtzeitig vorbereitet sein.
  • Punkt 6: Nachrichtendienstchef auswechseln: Auch der amtsmüde Nachrichtendienstchef Christian Dussey will gehen. Er will spätestens im Frühling 2026 abtreten. Pfister liess nun aber durchblicken, dass dies viel früher der Fall sein soll, vielleicht schon im Sommer. Zu reden gegeben hat der Umbau des Nachrichtendienstes. Auch dort will Pfister genauer hinschauen.
  • Punkt 7: Mehr Soldaten: Die Armee brauche genügend Soldaten, sagt Pfister. Bereits heute gibt es im Zivilschutz zu wenig Leute. Deshalb will er Abgänge aus der Armee in den Zivildienst verhindern. Zur Diskussion stehe die Ausdehnung der Dienstpflicht auf Frauen Zudem werde die sogenannte «Sicherheitsdienstpflicht» geprüft. Diese sieht eine Zusammenlegung von Zivilschutz und Zivildienst vor. Ob es dereinst eine Erhöhung des Armeebestandes brauche, liess Pfister offen.

Bundesrat Pfister bei seinem Auftritt in Bure JU.
Foto: Keystone
26.05.2025, 10:56 Uhr

Ende der Medienkonferenz

Nun ist die Medienkonferenz beendet. Wir beenden den Liveticker und danken für die Aufmerksamkeit.

Foto: keystone-sda.ch
26.05.2025, 10:54 Uhr

«Wir wissen nie, ob wir im Krieg sind oder nicht»

Warum müsse die Armee für den Konfliktfall umorganisiert werden, wird Pfister von einer Journalistin gefragt. Die heutige Organisation sei in den Nullerjahren entwickelt worden. Deshalb müsse sie überprüft werden, sagt Pfister. Die Kriegsschwellen seien fliessend. «Wir wissen nie, ob wir im Krieg sind oder nicht», sagt Pfister. Man werde wegen des fliessenden Übergangs nicht wie 1939 einen General wählen können, sondern müsse rechtzeitig vorbereitet sein. 

26.05.2025, 10:52 Uhr

Kontakt mit Behörden im Lötschental

«Wenn es Unterstützung braucht, werden diese Mittel rasch zur Verfügung gestellt», sagt Pfister zur Situation im Wallis und zur möglichen Hilfe durch sein Departement. Man stehe in Kontakt. Im Moment sei aber kein Antrag auf Unterstützung gestellt worden. 

26.05.2025, 10:48 Uhr

Pfister kritisiert «Unberechenbarkeit» der USA

Wird der Kauf des amerikanischen Jets F35 zur Debatte gestellt? «Die Unberechenbarkeit des Verhältnisses zur USA ist ein Problem für Europa und die Schweiz», sagt Pfister. Es sei aber vor allem auf politischer Ebene eine Unberechenbarkeit vorhanden, nicht im Alltag der Rüstungsbehörden. Dort funktioniere die Zusammenarbeit gut. Der F35 sei aber die beste Lösung, bekräftigt Pfister den Kaufentscheid. Dieser stehe aktuell nicht zur Debatte. 

26.05.2025, 10:46 Uhr

Die drei grössten Bedrohnungen

Welches sind die drei grössten Bedrohungen für die Schweiz? So lautet die nächste Frage. Der hybride Krieg sei eine sehr grosse Bedrohung, sagt Pfister. Cyberattacken, Terrorismus oder Spionage gebe es dabei bereits. Zweite grosse Bedrohung seien Langstrecken-Waffen. Darauf müsse sich die Schweiz vorbereiten. Und zum dritten sei es der konventionelle Krieg. Auch darauf müsse sich die Schweiz vorbereiten. 

26.05.2025, 10:43 Uhr

Nachrichtendienstchef soll rasch weg

Bereits vor den Sommerferien will Pfister wenn möglich einen Nachfolger für Gemheimdienst-Chef Christian Dussey bekannt geben. Dann könne die Übergabe geregelt werden. Bisher stand im Raum, dass Dussey länger bleibt. Er wirkte jedoch amtsmüde. 

26.05.2025, 10:42 Uhr

«Die Schweiz kann hier nicht abseitsstehen, sonst bekommt sie nichts»

Wie will Pfister die internationale Zusammenarbeit vorantreiben? Und wo setzt die Neutralität die Grenzen? Das sind die nächsten Fragen. Pfister sagt, internationale Übungen seien ihm wichtig. Dort könne die Schweiz realistische Szenarien üben. 

Weiter müsse sich die Schweiz an Rüstungseinkäufen beteiligen. «Die Schweiz kann hier nicht abseitsstehen, sonst bekommt sie nichts.» 

Drittens müssten die Schweizer Systeme kompatibel sein mit europäischen, etwa bei der Verteidigung des Luftraums. Denn allein könne man das nicht leisten.

26.05.2025, 10:40 Uhr

Eine grössere Armee?

Nun wird Pfister zum Armeebestand gefragt. Denn künftig werden Soldaten fehlen. Ob die Armee grösser werde oder nicht, könne er noch nicht sagen, erklärt Pfister. Dies hänge auch vom finanziellen Rahmen ab, den er bekomme. 

26.05.2025, 10:38 Uhr

Pfister kommt auf den Strategieprozess zu sprechen, den er dringend angehen wolle. Seine Vorgängerin war in die Kritik geraten, weil sie zu wenig zur Strategie kommuniziert habe. Pfister sagt, drei Strategieprojekte würden parallel bearbeitet. 

26.05.2025, 10:36 Uhr

Die Meinungen gehen weit auseinander in Sachen Verteidigung. Wie geht Pfister damit um? Der Bundesrat müsse hier einen Konsens finden und diesen der politischen Diskussion aussetzen, sagt Pfister. Das sei das Schweizer System. «Wir müssen auch Klartext sprechen», sagt Pfister. «Die Politik kann dann entscheiden.» Das Problem: «Wir haben eigentlich keine Zeit.» Rüstungsgüter zu beschaffen, dauere lange. 

Es ist ein verdammt schwieriger Job: Verteidigungsminister Martin Pfister (61) hat Anfang April von seiner Vorgängerin Viola Amherd (62) ein Departement voller Baustellen übernommen. Er muss Skandale aufarbeiten, muss einen neuen Geheimdienstchef finden, den Chefposten bei der Armee neu besetzen und ganz dringend sollte er Milliarden an Franken beschaffen, um die darbende Armee wieder aufzurüsten. 

Nun will der neue Verteidigungsminister offenbar schnell vorwärtsmachen: Der Zuger Mitte-Politiker wartete nicht die übliche 100-Tage-Frist ab, bevor er mit seinen Ideen und Plänen an die Öffentlichkeit trat. «Angesichts der angespannten sicherheitspolitischen Lage ist es erforderlich, rasch Schwerpunkte zu definieren», sagte Pfister am Montag, als er auf dem Waffenplatz Bure JU vor die Medien trat. Und tatsächlich hat Pfister geliefert. Gleich mehrfach kündigte er neue Schwerpunkte an. 

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