Darum gehts
- Mehrere Parteien fordern ein Verkaufsverbot von stark koffeinhaltigen Energy-Drinks für unter 16-Jährige
- Viele Jugendliche konsumieren Energy-Drinks regelmässig und überschreiten dabei rasch die empfohlene Koffeinmenge
- Der Bundesrat setzt eher bei Zuckergrenzen an, das Parlament bleibt gespalten
Wer schützt unsere Kinder? Die Frage scheint unser Parlament aktuell regelmässig umzutreiben. Beliebte Forderung: die Altersgrenze 16. Nach den sozialen Medien folgt bereits das nächste Produkt, das zukünftig ausser Reichweite von Kindern und Jugendlichen aufbewahrt werden soll.
Mit einem Vorstoss will Mitte-Nationalrat Benjamin Roduit (63, VS) bezwecken, dass der Bundesrat den Verkauf von Energy-Drinks mit einem Koffeingehalt von über 150 Milligramm pro Liter an Personen unter 16 Jahren verbietet. Denn statt Flügel zu verleihen, würden die Getränke stattdessen bei den jungen Konsumenten «die geistige und körperliche Gesundheit» gefährden.
Unscharfer Höchstgehalt beim Koffein
Dennoch ist die Schweiz beim Koffein aktuell eher locker unterwegs. Zwar schreibt das Lebensmittelrecht vor, dass Getränke hierzulande nicht mehr als 160 Milligramm Koffein pro «Tagesration» enthalten dürfen. Wie hoch diese Ration genau ist, definiert der Bund jedoch nur unscharf. Grundsätzlich ist sie auf einen halben Liter festgelegt. Heisst: Die meisten Energy-Drinks enthalten im Vergleich zum von Roduit vorgeschlagenen Grenzwert mehr als doppelt so viel Koffein.
Besonders für Jugendliche kann dies verheerend sein: Die empfohlene Tageshöchstmenge liegt bei ihnen bei 3 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Bei einem 50 Kilogramm schweren Jugendlichen sind dies bloss 150 Milligramm. Das ist gleichbedeutend mit zwei kleinen Dosen Red Bull. Zum Vergleich: Eine Energy-Drink-Dose entspricht in etwa zwei Tassen Espresso.
Die Energy-Drink-Hersteller machen auf ihren Verpackungen zwar klar: «Nicht für Kinder empfohlen». Und auch in der Vermarktung achte man darauf, nicht bei den Jungen zu werben, sagt Adrian Haut von Red Bull Schweiz gegenüber dem «Tages-Anzeiger».
Jugendliche sind fleissige Konsumenten
Dennoch gehören die Jugendlichen zu den fleissigsten Konsumenten: Laut einer Schülerbefragung aus dem Jahr 2022 trinken mehr als ein Drittel der Schweizer Buben und rund ein Viertel der Mädchen im Alter von 15 Jahren mindestens einmal pro Woche Energy-Drinks. Dabei haben in den letzten Jahren mehrere unabhängige Studien aufgezeigt, wie übermässiger Energy-Drink-Konsum zu gesundheitlichen Folgen wie Schlaflosigkeit, Angstzuständen und Übergewicht führen könne.
Auch in England prüft die Regierung aktuell ein Verbot an unter 16-Jährige. Kein Wunder also, dass Roduits Forderung im Parlament auf viel Anklang stösst: Neben Parlamentskollegen aus der eigenen Partei unterzeichneten auch Politiker der SP, Grünen und der rechtspopulistischen Genfer Kleinpartei MCG den Vorstoss.
Der Bundesrat will jedoch aktuell eher wenig davon wissen. Statt Koffeinpolizei zu spielen, möchte die Landesregierung in den Getränken lieber beim Zucker ansetzen. Denn beim kalorienreichen Süssungsmittel kennt die Schweiz bis jetzt gar keine Obergrenze.
Parlamentarier bevorzugen generelle Zuckergrenze
Die Grünen-Nationalrätin Manuela Weichelt (58, ZG) fordert nun eine Begrenzung des Zuckers auf fünf Gramm pro Deziliter. Das entspreche dem Grenzwert zahlreicher europäischen Länder, so die Parlamentarierin.
Weichelts Parlamentskollegen zeigen sich jedoch sowohl beim Zucker als auch den Energy-Drinks noch gespalten, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Besonders SVP-Nationalrat Andreas Glarner (63) tritt in beiden Fällen als dezidierter Gegner auf. «Es gibt noch so etwas wie Eigenverantwortung», so der Aargauer Politiker. Zudem ortet er einen Widerspruch: «Süssgetränke und Red Bull will man verbieten – aber der Bund fördert die Zuckerproduktion und den Absatz von Schweizer Wein. Das geht nicht auf.»
Im Gegensatz zu Glarner sieht GLP-Gesundheitspolitiker Patrick Hässig (46, ZH) zumindest beim Zuckerkonsum tatsächlich ein Problem. Ein Verbot von Energydrinks für unter 16-Jährige halte er trotzdem für nicht zielführend. Vielmehr müssten die Eltern, die selber Energy-Drinks konsumierten, ihren Kindern ein besseres Vorbild sein.