Er hat das Abkommen bis ins Detail gelesen
EU-Politiker will SVP-Aeschi von Schweiz-Deal überzeugen

In der Schweiz gehen die Wogen über das EU-Abkommen hoch. Andreas Schwab, Leiter der Schweiz-Delegation im Europäischen Parlament, sieht hingegen grosses Potenzial, ja sogar ein «historisches Moment» für die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU.
Publiziert: 11:13 Uhr
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Aktualisiert: 12:04 Uhr
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«Das neue Vertragspaket hat grosses Potenzial», sagt der deutsche EU-Abgeordnete Andreas Schwab.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • EU-Verträge geheim, ausgewählter Kreis erhält Einblick im Aussendepartement
  • EU-Abgeordneter Andreas Schwab sieht grosses Potenzial im neuen Vertragspaket
  • 44. Interparlamentarisches Treffen Schweiz-EU findet am Montag in Brüssel statt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Noch sind die EU-Verträge geheim für die Öffentlichkeit. Nur ein ausgesuchter Kreis bekommt derzeit in einem Reading Room im Aussendepartement unter strengen Bedingungen vorzeitig Einblick in den englischen Vertragstext.

Nicht nur die Parteien dürfen zwei Personen in den Lesesaal schicken, auch Mitglieder der Schweizer Efta-/EU-Delegation können sich das Vertragswerk zu Gemüte führen. Zur Vorbereitung auf das 44. Interparlamentarische Treffen Schweiz–EU am Montag in Brüssel, bei dem sich Schweizer und EU-Parlamentarier austauschen.

«Intensiv mit Texten vertraut gemacht»

Auch die involvierten EU-Abgeordneten konnten sich die Dokumente vorgängig anschauen, wie Andreas Schwab (52), Vorsitzender der EU-Schweiz-Delegation des Europäischen Parlaments, auf Blick-Anfrage bestätigt: «Wir haben uns nach der Unterzeichnung der Dokumente am 9. April 2025 intensiv mit den beschlossenen Texten vertraut gemacht und regelmässig Informationen seitens der Kommission sowie von unserem Kommissar Maroš Šefčovič erhalten.»

Letzten Mittwoch habe seine Delegation zudem einen Austausch über das Abkommen-Paket mit dem Referatsleiter der EWR- und Schweiz-Einheit der Europäischen Kommission geführt.

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«Das neue Vertragspaket hat grosses Potenzial», betont CDU-Politiker Schwab. «Die Abkommen vermitteln den Eindruck, dass sie ein weiterer Schritt sind – aber zugleich der Beginn einer Beziehung, die weiter vertieft wird.» Und er macht klar: «Die Entwürfe tragen den Besonderheiten der Schweiz Rechnung, indem sie verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen einbeziehen und die Schweizer Souveränität erhalten.»

SVP-Aeschi trifft Schwab

Das dürften die Vertragsgegner anders sehen. Allen voran die SVP: «Der EU-Vertrag ist für die Schweiz noch schlimmer als befürchtet», wetterten SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (55, GR) und Fraktionschef Thomas Aeschi (46) am Mittwoch vor den Medien. Zuvor hatten sie sich das Vertragswerk angeschaut. «Ich bin schockiert darüber, wie schlecht dieser Vertrag verhandelt wurde», so Aeschi. «Damit würde alles zerstört, was die Schweiz erfolgreich macht.»

Aeschi wird seine Bedenken bald schon persönlich bei Schwab anmelden können. Als Chef der helvetischen Efta-/EU-Delegation ist der SVP-Nationalrat am Montag in Brüssel dabei.

Der Deutsche freut sich bereits auf die Zusammenkunft mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus der Schweiz, wie er gegenüber Blick betont. «Ich bin zutiefst überzeugt: Die EU-Schweiz-Beziehungen erleben gerade ein historisches Moment, in dem sie sich sehr verbessern können, sollen und werden.»

So sieht der EU-Deal aus

Im Dezember trafen sich die damalige Bundespräsidentin Viola Amherd (62) und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (66) in Bern, um den Abschluss der Verhandlungen zu feiern. Das sind die wichtigsten Punkte

  • Mit dem neuen Abkommen sollen die Spielregeln genauer festgelegt werden: Bei einzelnen Abkommen, wie zum Beispiel der Personenfreizügigkeit übernimmt die Schweiz EU-Recht. Volk oder Parlament können das ablehnen – dann drohen Strafen. Darüber entscheidet schlussendlich ein Schiedsgericht, dass den EU-Gerichtshof beizieht. Entscheiden wird das Schiedsgericht.
  • EU-Bürger können in die Schweiz ziehen und hier arbeiten. Der Bund hat hier aber Ausnahmen erreicht, zum Beispiel bei Landesverweisungen für Straftäter und dem Aufenthaltsrecht. Der Lohnschutz soll über ein dreistufiges Konzept gesichert werden. Künftige Anpassungen, die das Schutzniveau verschlechtern, muss die Schweiz nicht übernehmen.
  • Die bisherige Schutzklausel bei der Einwanderung wird konkretisiert. Die Schweiz kann sie einseitig aktivieren.
  • Künftig dürfen auch ausländische Bahnen wie Flixtrain auf Schweizer Schienen fahren.
  • Neue Verträge gibt es unter anderem beim Strom, der Gesundheit oder Lebensmittelsicherheit.
  • Die Schweiz darf wieder bei EU-Programmen wie dem Studenten-Austauschprogramm Erasmus mitmachen.
  • Die Schweiz überweist ab 2030 jährlich 350 Millionen Franken. Das Geld fliesst in Entwicklungsprojekte in EU-Ländern wie Bulgarien, Estland oder Kroatien.

Zum ausführlichen Artikel geht es hier.

Im Dezember beendeten Viola Amherd und Ursula von der Leyen die materiellen Verhandlungen.
AFP

Im Dezember trafen sich die damalige Bundespräsidentin Viola Amherd (62) und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (66) in Bern, um den Abschluss der Verhandlungen zu feiern. Das sind die wichtigsten Punkte

  • Mit dem neuen Abkommen sollen die Spielregeln genauer festgelegt werden: Bei einzelnen Abkommen, wie zum Beispiel der Personenfreizügigkeit übernimmt die Schweiz EU-Recht. Volk oder Parlament können das ablehnen – dann drohen Strafen. Darüber entscheidet schlussendlich ein Schiedsgericht, dass den EU-Gerichtshof beizieht. Entscheiden wird das Schiedsgericht.
  • EU-Bürger können in die Schweiz ziehen und hier arbeiten. Der Bund hat hier aber Ausnahmen erreicht, zum Beispiel bei Landesverweisungen für Straftäter und dem Aufenthaltsrecht. Der Lohnschutz soll über ein dreistufiges Konzept gesichert werden. Künftige Anpassungen, die das Schutzniveau verschlechtern, muss die Schweiz nicht übernehmen.
  • Die bisherige Schutzklausel bei der Einwanderung wird konkretisiert. Die Schweiz kann sie einseitig aktivieren.
  • Künftig dürfen auch ausländische Bahnen wie Flixtrain auf Schweizer Schienen fahren.
  • Neue Verträge gibt es unter anderem beim Strom, der Gesundheit oder Lebensmittelsicherheit.
  • Die Schweiz darf wieder bei EU-Programmen wie dem Studenten-Austauschprogramm Erasmus mitmachen.
  • Die Schweiz überweist ab 2030 jährlich 350 Millionen Franken. Das Geld fliesst in Entwicklungsprojekte in EU-Ländern wie Bulgarien, Estland oder Kroatien.

Zum ausführlichen Artikel geht es hier.

Beim Treffen werde man sicher über die künftige Struktur des parlamentarischen Austausches sprechen, beinhalte das Vertragspaket doch auch ein Protokoll über die parlamentarische Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU.

«Darüber hinaus werden wir andere aktuelle wichtige Themen besprechen», so Schwab. «Etwa, wie die Schweiz und die EU gemeinsam die Herausforderungen unserer Zeit sowie die globalen Spannungen im Zeichen von zunehmendem Protektionismus beseitigen können.»

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