Ein Deza-Mann und seine Kinder wissen nicht, wohin
«Bundesrat Cassis, helfen Sie uns!»

Bei einem Raketenangriff in Gaza verlor Jaser Abu Mousa 2023 seine Frau und zwei Söhne. In den USA darf er nur bis Ende Juni bleiben – nun bittet er den Aussenminister um Asyl.
Publiziert: 01.06.2025 um 13:50 Uhr
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Jaser Abu Mousa (Mitte) lebt mit Sohn Abdullah und Tochter Sham im Exil in den USA.
Foto: zVg
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Raphael RauchBundeshausredaktor

Die Schweiz, für die er jahrelang gearbeitet hat, wollte ihn nicht. Also ging er in die USA. Der Palästinenser Jaser Abu Mousa (46) war seit 2015 für die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) im Gazastreifen tätig. Seit dem 15. Oktober 2023 durchlebt er einen Albtraum.

An diesem Tag schlugen israelische Raketen bei ihm zu Hause in Chan Yunis ein, einer Stadt im Süden des Gazastreifens. Bei den Explosionen verlor er seine Frau (43) sowie zwei Söhne im Alter von 18 und 8 Jahren. Ein weiterer Sohn und eine Tochter überlebten; sie kamen ins Spital. Erst auf Druck der Deza-Belegschaft schickte Aussenminister Ignazio Cassis (64) ein Kondolenzschreiben.

«Ich bin Bundesrat Cassis dankbar»

Bis Dezember 2023 musste Jaser Abu Mousa im Gazastreifen ausharren. Er fürchtete um sein Leben und um das seiner überlebenden Kinder. Erst dann gelang es dem EDA, die drei nach Ägypten zu bringen und nach Abu Dhabi auszufliegen. «Ich bin Bundesrat Cassis und dem EDA für ihre Hilfe sehr dankbar», sagte Abu Mousa danach im Gespräch mit Blick. Mehr wollte das EDA aber nicht für ihn tun, Fürsorgepflicht hin oder her.

Andere Länder wie Belgien oder Deutschland haben Ortskräfte aus dem Gazastreifen nach Europa gebracht. Abu Mousa kennt Menschen in Gaza, die nach dem Hamas-Angriff auf Israel vom 7. Oktober 2023 ein Visum für die Schweiz erhielten. Doch keiner der Deza-Mitarbeiter dort – immerhin offiziell für die Eidgenossenschaft tätig – erhielt eines.

Monatelang lebte Jaser Abu Mousa mit seiner Tochter und seinem Sohn in einem Flüchtlingslager in Abu Dhabi. «Die Versorgung ist bestens, aber ich fühle mich lebendig begraben. Ich weiss nicht mehr weiter», berichtete er 2024.

Das EDA fühlt sich nicht zuständig

Weil ihn die Schweiz nicht wollte, bewarb er sich für ein Halbjahresstipendium in Yale. Auf der Website der US-Eliteuni steht: «Jaser Abu Mousa untersucht, wie der Wiederaufbau Gazas nach dem Krieg die Prioritäten der Palästinenser widerspiegeln und gleichzeitig das soziale Gefüge der Gesellschaft wiederhergestellt werden kann.»

Inzwischen lief das Visum ab und wurde nur bis Ende Juni verlängert. «Ich weiss nicht, wie es weitergeht», sagt Abu Mousa am Telefon. Unter der Trump-Administration seien die Chancen für Palästinenser gesunken, Asyl zu erhalten. «Am liebsten würde ich in die Schweiz kommen und meine Nahost-Expertise einbringen.» Jaser Abu Mousa bleibt nur eine Option: «Bundesrat Cassis, bitte helfen Sie uns!»

Und wie reagiert Ignazio Cassis auf die Bitte seines ehemaligen Mitarbeiters, Asyl in der Schweiz zu erhalten? «Bitte wenden Sie sich für diese Frage an das zuständige Staatssekretariat für Migration», liess ihn das EDA wissen. 

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