Vorreiter, Mitläufer, Zaudernde und Renitente
Die grosse Corona-Kantonsübersicht

Die vom Bundesrat erlassenen Massnahmen reichen nicht aus, um das Virus zu stoppen. Härter durchgreifen sollen aber die Kantone. Das funktioniert insbesondere in der Ost- und Zentralschweiz nicht.
Publiziert: 22.10.2020 um 23:48 Uhr
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Aktualisiert: 30.10.2020 um 07:42 Uhr
  • Wallis geht mit Teil-Lockdown voran
  • Schwyz tut nur das Nötigste
  • Vorreiter, Mitläufer und Renitente
Serviert nur noch bis 22 Uhr: Das Barock Café in Martigny.
Foto: Keystone
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Sermîn Faki

Einmal mehr ist die Schweiz auf Rekordkurs. Diesmal ist er allerdings eher zum Schämen. Wir gehören zu jenen Ländern in Europa, in denen sich das Coronavirus am schnellsten verbreitet. Die seit Montag schweizweit geltenden Verschärfungen – Maskenpflicht, Obergrenzen für spontane Versammlungen, Sitzpflicht in Restaurants – reichen wohl nicht, um die Kurve wieder abzuflachen. Gesundheitsminister Alain Berset (48) hat daher bereits angekündigt, dass der Bundesrat weitere Massnahmen verordnen könnte.

Damit machte er Druck auf die Kantone, selbst weitere Verschärfungen anzuordnen. Hier liegt tatsächlich noch einiges Potenzial brach. Der BLICK-Vergleich der kantonalen Massnahmen zeigt: Es gibt Vorreiter, Mitläufer, Zaudernde und sogar Renitente.

Die Vorreiter

Der Kanton, an dem sich der Bundesrat bei weiteren Schritten orientieren dürfte, ist das Wallis. Dieses hat die Schraube am Donnerstag massiv angezogen. Kein Wunder, der Bergkanton ist auch der neue Corona-Hotspot der Schweiz. Als Reaktion hat die Kantonsregierung das Leben massiv eingeschränkt: Bars, Discos und Puffs wurden geschlossen. Restaurants dürfen nur noch bis 22 Uhr geöffnet haben. Grossveranstaltungen müssen ohne Publikum stattfinden. Veranstaltungen und Aktivitäten – auch private – sind nur bis zu zehn Personen erlaubt.

Auch Genf ist relativ strikt unterwegs. Clubs sind schon seit Ende Juli geschlossen. Veranstaltungen mit mehr als 15 Teilnehmern müssen ein Schutzkonzept vorlegen – über 100 Gäste sind verboten. Schulreisen sind nicht mehr erlaubt. Auch diese harten Massnahmen sind nachvollziehbar: Genf ist immer noch einer der am meisten betroffenen Kantone.

Die Mitläufer

Im Mittelland schaute man der Ausbreitung von Corona recht lange zu. Dann aber griffen die Kantone durch. Bern etwa setzte als erster Deutschschweizer Kanton auf eine strikte Maskenpflicht und preschte auch mit dem Verbot von Grossveranstaltungen vor. Mittlerweile haben die beiden Basel hier nachgezogen. Im Aargau sind Grossveranstaltungen erlaubt, in Bars und Clubs darf dafür die Maske selbst am Tisch nicht abgelegt werden. Solothurn wiederum führt an den Wochenenden eine Sperrstunde ein. Alle genannten Kantone kennen zudem Obergrenzen für Veranstaltungen und Gastronomie.

Zu den Mitläufern zählen auch das Tessin und die Waadt. Beide Kantone gehörten schon in der ersten Welle im Frühling zu den Corona-Hotspots. Clubs und Diskotheken sind schon länger geschlossen, und Obergrenzen für Veranstaltungen gelten ebenfalls. In den letzten Wochen haben beide die Massnahmen nicht mehr verschärft. Trotz steigender Zahlen.

Die Zauderer

Wenig entschlossen reagiert man im Rest der Romandie. Jura und Neuenburg sind etwa bei den Veranstaltungen grosszügig. So muss man Anlässe mit mehr als 30 Personen vorgängig einfach anmelden. Freiburg will zwar keine Veranstaltungen mit mehr als 300 Teilnehmern, macht aber Ausnahmen. Der Jura ist zumindest bei der Maskenpflicht hart: Nehmen an einem Anlass mehr als 15 Personen teil, gilt Maskenpflicht – egal ob in Innenräumen oder im Freien. Maskenpflicht an der frischen Luft herrscht auch in Luzern, zumindest auf Märkten. Bei Veranstaltungen verlässt sich der Kanton allerdings auf Schutzkonzepte.

Zu den Zauderern gehören auch Zug und Zürich, wobei der Regierungsrat des bevölkerungsreichsten Kantons heute wohl neue, strengere Massnahmen bekannt geben wird.

Die Renitenten

Und dann sind da noch jene Kantone in der Ost- und Innerschweiz, in deren Köpfen das Virus noch nicht so richtig angekommen ist. In ihren Lungen allerdings schon: Obwohl sie pro Kopf mehr Neuansteckungen verzeichnen als etwa die Mittelland-Kantone, setzen sie lediglich die Massnahmen des Bundesrats um. Und auch das oft zähneknirschend. Hätte Bundesbern nicht das Zepter übernommen, gäbe es in Glarus und Nidwalden noch immer keine Maskenpflicht in Läden. Zu den Renitenten gehören auch Graubünden, Obwalden, Schwyz, Uri, Schaffhausen, Thurgau, die beiden Appenzell und St. Gallen. Letztere drei haben immerhin ein Tanzverbot erlassen.

Corona-Fälle in der Schweiz

Wie viele Corona-Neuinfektionen gibt es in der Schweiz? Die täglichen Fallzahlen des BAG gibt es laufend im Statistik-Ticker auf BLICK.

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