Daniel Koch zur aktuellen Lage
«Ich bin gegen drastische Massnahmen»

Auch in der Krise brauche es möglichst viel persönliche Freiheit, findet Daniel Koch, der mittlerweile pensionierte Mr. Corona. Drastische Massnahmen würden zwar kurzfristig helfen, die längerfristigen Folgen seien aber unklar.
Publiziert: 22.10.2020 um 10:49 Uhr
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Aktualisiert: 27.12.2020 um 19:38 Uhr
Bekommt die Schweiz die Corona-Situation nicht innert einer Woche in den Griff, will Bundesrat Alain Berset weitere Massnahmen beschliessen.
Foto: Keystone
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Die Lage ist ernst. Das Coronavirus verbreitet sich in der Schweiz in einem Höllentempo. Innert einer Woche haben sich die Fallzahlen verdoppelt. 5596 neue Ansteckungen hat das Bundesamt für Gesundheit am Mittwoch vermeldet – zudem 115 Spitaleinweisungen und elf neue Todesfälle.

Die Lage sei besorgniserregend und verschlechtere sich schnell, sagte Gesundheitsminister Alain Berset (48) am Mittwoch vor den Bundeshausmedien. Der Bundesrat hat die Massnahmen deshalb nochmals verschärft und macht auch Druck auf die Kantone, nun ebenfalls die Zügel anzuziehen. Andernfalls droht die Regierung bereits mit nächsten Schritten.

«Es braucht Massnahmen, die die Leute nicht abschrecken»

«Ganz persönlich bin ich dagegen, erneut drastischen Massnahmen durchzusetzen», kommentiert nun Daniel Koch (65) bei «Watson». Massive Einschränkungen wie ein zweiwöchiger Mini-Lockdown würden zwar kurzfristig helfen, sagt der ehemalige Mr. Corona vom Bundesamt für Gesundheit (BAG). «Längerfristig gesehen ist aber völlig unklar, ob man in zwei Monaten wieder genau am gleichen Punkt ist.»

Das Wichtigste sei, die Menschen an Bord zu holen. «Man muss Massnahmen ergreifen, die die Leute nicht abschrecken, sondern solche, mit denen sie auch längerfristig leben können», sagt Koch.

Heute bestünden viel mehr technische Möglichkeiten als noch am Anfang der Pandemie. Ein schnelles und gut funktionierendes Contact Tracing und Schnelltests könnten beispielsweise enorm helfen.

«Ich bin für möglichst viel persönliche Freiheit»

Mit nötigem Abstand und verantwortungsbewusst seien Restaurantbesuche oder Anlässe möglich. «Ich bin ein grosser Verfechter von möglichst viel persönlicher Freiheit», sagt Koch. «Man sollte alle technischen Möglichkeiten ausschöpfen, statt Dinge zu verbieten, einfach, weil es andere auch so machen.» Es müssten neue Wege gefunden werden, um den Menschen ein möglichst normales Leben zu ermöglichen.

Koch rät denn auch davon ab, erneut Altersheime abzuriegeln: «Man kann nicht auf ewig alles und alle Bedürfnisse der Bekämpfung des Virus unterordnen. Sonst richten wir gesellschaftlich zu viele irreversible Schäden an.» Auch bei den Altersheimen brauche es kreative Lösungen. So könnten sich Personal und Besucher regelmässig mit Schnelltests testen lassen. Einzelne Bewohner könne man auch in einen Flügel verlegen, in dem Besuche nicht mehr möglich sind.

Koch zeigt sich denn auch überzeugt, dass es möglich ist, einen schnellen Ausweg aus der zweiten Corona-Welle zu finden. «Dafür braucht es aber eine enorme Anstrengung. Und es funktioniert nur, wenn man die Bevölkerung mitnimmt», stellt er klar. «Wenn man mit den Leuten in einen Dialog tritt und sie fragt, was sie wollen, dann hat man auch viel eher deren Unterstützung auf sicher.» (dba)

Corona-Fälle in der Schweiz

Wie viele Corona-Neuinfektionen gibt es in der Schweiz? Die täglichen Fallzahlen des BAG gibt es laufend im Statistik-Ticker auf BLICK.

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