Bundesrat Röstis Beamte warnen
SVP-Glarner fordert Tempo 130 auf Autobahnen

Umweltschutz oder Verkehrssicherheit lässt SVP-Nationalrat Andreas Glarner nicht gelten. Er fordert Tempo 130 auf Schweizer Autobahnen und Tempo 100 ausserorts. Die Experten des Bundes geben Gegensteuer.
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Natürlich hat der Strassenverkehr Einfluss auf den Klimawandel, hält das Bundesamt für Umwelt fest.
Foto: Jochen Tack

Darum gehts

  • SVP-Nationalrat Andreas Glarner fordert höhere Tempolimits auf Schweizer Strassen
  • Bundesamt für Umwelt widerspricht Glarners Ansichten zu Klimawandel und Waldsterben
  • Bei Tempo 130 auf Autobahnen drohen 15 zusätzliche Verkehrstote pro Jahr
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Vom menschengemachten Klimawandel will SVP-Nationalrat Andreas Glarner (63) nichts wissen. Die Zerstörung von Lebensräumen oder immer extremere Wetterereignisse bereiten ihm keine schlaflosen Nächte. Und an das Waldsterben glaubt der Aargauer ohnehin nicht.

Darum: Freie Fahrt für freie Bürger! Per Vorstoss fordert Glarner den Bundesrat auf, die einst geltenden Tempolimits von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen und Tempo 100 ausserorts wieder einzuführen.

«Künstlich erzeugter Hysterie auf den Leim gegangen»

Schliesslich seien die heutigen Limits von 120 und 80 km/h im Jahr 1985 als Notstandsmassnahme «in einer Zeit grösster Panikmache» unter dem Eindruck des «angeblichen Waldsterbens» eingeführt worden. Der Bundesrat sei damals einer künstlich erzeugten Hysterie auf den Leim gegangen, findet Glarner.

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Und weiter: Spätestens Ende der 1980er-Jahre sei erkannt worden, dass der Schweizer Wald nicht vom totalen Zusammenbruch bedroht sei. Die Senkung der Luftschadstoffe als Hauptargument für strengere Geschwindigkeitsbegrenzungen ist für Glarner längst hinfällig.

Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) sieht das ganz anders. Zwar stellen die Beamten klar, dass die Luftschadstoffemissionen des Strassenverkehrs dank strengerer Abgasvorschriften seit Mitte der 1980er-Jahre stark zurückgegangen sind. Er sei aber noch immer «ein wesentlicher Verursacher von Luftverschmutzung und Klimaerwärmung».

Gleichzeitig betonen die Beamten von SVP-Bundesrat Albert Rösti (58), dass der Klimawandel mit Hitze, Trockenheit, Stürmen und Schädlingen dem Wald weiter stark zusetzt.

15 zusätzliche Verkehrstote pro Jahr

Davon aber zeigt sich Glarner unbeeindruckt – und doppelt nach: Für den SVP-Politiker lassen sich tiefere Tempolimits auch nicht mit mehr Verkehrssicherheit begründen. So sei Mitte der 80er-Jahre das Risiko deutlich höher gewesen, im Strassenverkehr schwer verletzt oder getötet zu werden – und das trotz heute massiv höherem Verkehrsaufkommen.

Doch auch hier widersprechen die Experten vehement. Wissenschaftliche Studien seien eindeutig, hält die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) fest: Wird das Limit erhöht, steigt die Zahl schwerer Verkehrsunfälle. Sinkt das Limit, sinken auch die Unfallzahlen.

Würde das Limit auf Autobahnen auf Tempo 130 erhöht, sei nach wissenschaftlichen Modellen mit 15 zusätzlichen Verkehrstoten und rund 100 zusätzlichen Schwerverletzten pro Jahr zu rechnen, warnt die BFU.

So zeige ein Vergleich mit Deutschland, wo Teile der Autobahn von jedem Tempolimit befreit sind, dass es dort pro Million gefahrene Kilometer doppelt so viele Verkehrstote gibt wie in der Schweiz.

Bisher alle Versuche ausgebremst

Es ist nicht der erste Anlauf der SVP: Schon 2018 und 2020 hatte sich die Partei für ein höheres Tempolimit eingesetzt. Doch der Bundesrat hatte sie jeweils ausgebremst. Er verwies dabei nicht nur auf Verkehrssicherheit und Umweltschutz.

Auch das wachsende Verkehrsaufkommen sowie die Kapazitäten des Autobahnnetzes sprächen gegen eine Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit. Der Bund hat denn auch ganz andere Pläne. Er will Tempo 80 zu Stosszeiten auf dem Netz massiv ausweiten. 

Kommt hinzu: 2015 ist eine Volksinitiative für Tempo 140 gescheitert. Die Initianten hatten die nötigen 100’000 Unterschriften nicht zusammengebracht.

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