Darum gehts
- Birsfelden BL verhängt hohe Bussen für Durchfahrten unter 15 Minuten
- Gemeinde will Quartiere vor übermässigem Verkehr schützen
- Täglich etwa 1000 Bussen statt erwarteter 15
Rund 100'000 Franken Einnahmen aus Bussen täglich. Das ist momentan die Realität in Birsfelden BL. Wer das Dorf in weniger als 15 Minuten durchquert, zahlt 100 Franken. Damit will die Gemeinde Flucht- und Ausweichverkehr durch Quartiere verhindern. Nur wer wirklich etwas im Gebiet zu tun hat, soll noch hereinfahren dürfen. Erwartet wurden rund 15 Bussen pro Tag, tatsächlich sind es 1000. Seit Mitte September dürften so bereits rund 1,5 Millionen Franken zusammengekommen sein.
Für den Verkehr zuständig ist Gemeinderätin Désirée Jaun. Sie verteidigt die Massnahme. «Wir müssen unsere Quartiere vor übermässigem Verkehr schützen. Wir haben im Vorfeld umfassend kommuniziert, Flyer verteilt und zusätzliche Schilder aufgestellt. Aber geltende Verkehrsschilder müssen beachtet werden», sagt sie. Darum will sie auch konsequent bleiben. «Es ist eine Übertretung der Verkehrsregeln.»
Geld in die Gemeindekasse
«Es geht nicht darum, die Gemeindefinanzen mit den Bussen zu sanieren. Wir hätten selbst nicht gedacht, dass es so viele Bussen gibt.» Was mit dem Geld passiert, ist noch unklar. «Das Geld fliesst in die Gemeindekasse», so Jaun.
Die Anwohner hätten berichtet, dass die Durchfahrtskontrollen erste Wirkungen zeigen. «Aber natürlich muss die Zahl der Bussen drastisch sinken.» Die Gemeinderätin geht davon aus, dass dies bald passiert. «Vielen Leuten ist vermutlich erst bewusst, dass konsequent kontrolliert wird, wenn Bussen verschickt werden.» Schon zuvor hätten Verkehrsdienst und Polizei jeweils am Abend die Durchfahrer weggeschickt. «Das zeigt, dass das Fahrverbot bereits früher missachtet wurde.»
Gemeinde überlastet
Rund 490'000 Franken hat die Einführung des Systems inklusive der neuen Beschilderung gekostet. Bedenken wegen des Datenschutzes hat Jaun nicht. «Das System haben wir unter anderem mit enger Begleitung der Datenschutzfachstelle des Kantons Basel-Landschaft erarbeitet. Es wird ausschliesslich das Nummernschild erfasst, der Rest ist verpixelt. Wenn die Erlaubnis für die Durchfahrt besteht, wird das Bild gleich wieder gelöscht.»
Auch die Sicherheitsdirektion des Kantons stellte keine Widersprüche zu übergeordnetem Recht fest, wie es auf eine Anfrage im Landrat – dem Kantonsparlament – antwortetet.
Wer die Homepage der Gemeinde aufruft, sieht derzeit gleich ein Banner: Man solle sich bitte ausschliesslich per Mail an die Gemeinde wenden, die Auskunftsstelle sei telefonisch nicht erreichbar, am Schalter komme es zu langen Schlangen. «Viele Leute haben Fragen zum System und wie sie im Spezialfall zu einer Berechtigungskarte kommen, dazu gibt es Nachfragen zu den Bussen.»
Nun stellt die Gemeinde gar zusätzliches Personal ein. Eigentlich war nur eine Stelle ausgeschrieben, nun sucht die Gemeinde eine weitere Person – unbefristet. Das Pensum ist noch unklar, man wolle abwarten, wie viele Bussen es langfristig gibt. «Ich schätze, dass die Zahl der Bussen nun rasch abnimmt, wenn das System bekannt ist.»