Altlasten «entsorgt»
Zermatt deklariert Kompost-Abfallkosten als Touri-Förderung

Zermatt kämpft mit Defiziten in der Abfall- und Abwasserentsorgung. Trotz gesetzlicher Vorgaben zur Kostendeckung wurden jahrelang Millionen durch Steuergelder quersubventioniert.
Publiziert: 29.07.2025 um 14:09 Uhr
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Aktualisiert: 29.07.2025 um 14:19 Uhr
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Jahrelang wurden in Zermatt Defizite der Abfall- und Abwasserentsorgung durch Steuergelder quersubventioniert – entgegen gesetzlicher Vorgaben.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • Zermatt kämpft mit finanziellen Herausforderungen bei Abfall- und Abwasserentsorgung
  • Gemeinde verbucht Kosten für Bioabfälle als Tourismusförderung
  • Bis 2020 sammelten sich Defizite von fast 8 Millionen Franken an
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sophie ReinhardtRedaktorin Politik

Die Tourismusdestination am Fusse des Matterhorns kämpft mit finanziellen Ungereimtheiten bei der Abfall- und Abwasserentsorgung.

Jahrelang wurden Defizite durch Steuergelder gedeckt – entgegen gesetzlicher Vorgaben. Nun drohen höhere Abfallgebühren für die Bevölkerung in Zermatt, wie der «Walliser Bote» berichtet.

Rüge vom Revisor

Gemeindepräsidentin Romy Biner-Hauser (54) legt offen, dass in den letzten Jahren erhebliche Summen für die Abfallentsorgung verwendet wurden. So wurden gemäss «Walliser Bote» 2021 2,6 Millionen, 2022 7,1 Millionen, 2023 1,8 Millionen und 2024 1 Million Franken dafür über die Verwaltungsrechnungen ausgebucht. Sie betont, dass dieses Vorgehen transparent kommuniziert und vom Kanton genehmigt wurde.

Die zuständige Revisionsstelle kritisiert besonders die Verbuchung der Kosten für die Verwertung biogener Abfälle, zu denen etwa Küchenabfälle von Privaten und Gastbetrieben zählen. Diese werden nicht über die Spezialfinanzierung, sondern als «Förderung von nachhaltigem Tourismus» in der laufenden Rechnung verbucht – ein Vorgehen, das laut kantonaler Verordnung unzulässig ist. Trotz Rügen der Revisionsstelle hält Zermatt offenbar an seiner Praxis fest.

Muss das Stimmvolk entscheiden?

Biner-Hauser verteidigt diese Praxis mit dem Hinweis auf die seit 2015 betriebene Biogasanlage und die verbesserte Recyclingquote. Der Gemeinderat sieht darin einen Mehrwert für die Destination. Zermatt wirbt bei Touristen damit, die Nachhaltigkeit ernst zu nehmen.

Einnahmen aus der Kurtaxe dürfen jedoch nicht für die Finanzierung von ordentlichen Gemeindeaufgaben wie der Abfallentsorgung verwendet werden. Das aktuelle Vorgehen werde auch jährlich im Rahmen der Rechnungs-Gemeinderatssitzung genehmigt. Die Bevölkerung ihrerseits sei jedes Jahr an der Rechnungs-Urversammlung explizit darauf aufmerksam gemacht worden, verteidigt die Gemeinde das Vorgehen. 

Nun stellt sich in Zermatt die Frage, ob die Abfallgebühren erhöht werden müssen, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Das Abfallreglement wird derzeit überarbeitet, wobei ein vom Kanton genehmigtes Musterreglement als Grundlage dient.

Ähnliche Probleme zeigen sich auch bei der Abwasserentsorgung. 2024 verzeichnete dieser Bereich ein Defizit von fast 600’000 Franken. Auch hier steht eine Revision des Gebührenreglements an.

Der «Walliser Bote» berichtet, dass die endgültigen Entscheidungen über mögliche Gebührenerhöhungen noch ausstehen und letztlich von der Bevölkerung an der Urversammlung getroffen werden müssen.

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