Ältere und isolierte Menschen ausgenutzt
Bund prüft strengere Massnahmen gegen Erbschleicherei

Immer wieder kommt es vor, dass Vertrauenspersonen, Pfleger oder Finanzberater das Erbe älterer Menschen erschleichen. Nun prüft der Bund strengere Regeln.
Publiziert: 14:49 Uhr
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Aktualisiert: 14:55 Uhr
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Erbschleicher nutzen Vertrauensverhältnisse aus, um an das Vermögen älterer oder isolierter Personen zu gelangen.
Foto: imago images/photothek

Darum gehts

  • Erbschleicherei nimmt zu: Bund erwägt strengere Regeln für Vermächtnisse
  • Bundesamt für Justiz gab Rechtsgutachten in Auftrag
  • 2025 werden in der Schweiz voraussichtlich über 100 Milliarden Franken vererbt
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Céline ZahnoRedaktorin Politik

2025 werden in der Schweiz voraussichtlich erstmals über 100 Milliarden Franken vererbt. Diese gewaltige Summe lockt allerdings auch Erbschleicher an. 

Das Problem der Vermögensbetrüger ist erkannt, aber schwer zu lösen: Bei der letzten Erbrechtsrevision scheiterte der Versuch, Zuwendungen an Vertrauenspersonen zu begrenzen. Nun prüft der Bund erneut strengere Regeln für Erbschaften, wie die «NZZ» schreibt.

Bund erwägt strengere Regeln

Erbschleicher sind Personen, die eine Beziehung zu älteren, in der Regel sozial isolierten, pflegebedürftigen oder an Demenz erkrankten Personen aufbauen. Das Vertrauen nutzen sie aus, um an deren Vermögen zu gelangen. Sie beginnen oft schon vor dem Tod, Geld auf ihr Konto zu überweisen. Im schlimmsten Fall erreichen sie, dass die Zielperson das Testament zu ihren Gunsten ändert.

Das Bundesamt für Justiz hat mehrere Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Der Rechtsprofessor Antoine Eigenmann schlägt etwa vor, für grössere Verfügungen zugunsten von Vertrauenspersonen ein qualifiziertes öffentliches Testament zu fordern. Die Regel soll greifen, wenn der Erblasser mehr als ein Viertel des Nachlasses an die Person vermachen will. 

Weiter solle die Verfügung in Anwesenheit zweier qualifizierter Zeugen erfolgen. So könne sichergestellt werden, «dass der Wille des Erblassers nicht ausgehöhlt wird» und die Person über die nötige Urteilsfähigkeit verfüge. 

Über 100 Meldungen von Betroffenen

Felix Boller, Gründer der Schweizerischen Vereinigung gegen Erbschleicherei, kennt das Problem aus eigener Erfahrung. Sein eigener Vater wurde von einer Erbschleicherin isoliert. Mit dem Verein will er jene unterstützen, die ebenfalls das Gefühl haben, sie würden um ihr Erbe gebracht. Seit der Vereinsgründung haben sich über 100 Betroffene bei ihm gemeldet.

Seit das neue Erbrecht am 1. Januar 2023 in Kraft ist, hat sich die Lage noch verschlimmert. Die Pflichtteile für die Nachkommen wurden nämlich reduziert und diejenigen der Eltern abgeschafft.

«Die Erbschleicher machen es wie die Jäger. Sie gehen vorsätzlich dort auf die Pirsch, wo es am meisten Wild gibt», sagt Boller. Und ausgerechnet hierzulande gibt es viel zu holen: Die Schweiz hat eine der höchsten Millionärsdichten der Welt.

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