Darum gehts
Die Herbstmonate lassen Jägerherzen höherschlagen. In den Bergen und Wäldern gehen Jäger und Jägerinnen seit September auf Pirsch und halten nach Gämsen und Hirschen Ausschau. Und seit diesem Jahr dürfen ausserkantonale und ausländische Personen wieder Steinböcke schiessen – das Wallis erlaubt dies als einziger Kanton.
Vor einigen Jahren geriet das Walliser Modell nach einer TV-Reportage unter Druck. Reiche Touristen aus dem Ausland zahlten mehrere Tausend Franken für eine «Steinbock-Safari» – je länger die Hörner, desto höher der Preis. Die Sendung des Westschweizer Fernsehens löste einen riesigen Proteststurm aus. Der Kanton reagierte und führte 2021 ein Verbot ein.
Nachfrage überstieg sogar das Angebot
Dieses Jahr ist das Verbot nun wieder gefallen. Der Grund: Laut dem Kanton gibt es zu viele Böcke – die Bestände müssen reguliert werden. Um die «Steinbock-Safaris» zu verhindern, gelten nun allerdings strenge Auflagen. Der Preis wird nicht mehr nach der Länge der Hörner definiert, sondern nach dem Alter des Tiers. Ein Wildhüter begleitet die auswärtigen Jäger und entscheidet, welches Tier geschossen wird. Die Gebühr wird direkt an den Kanton gezahlt, nicht mehr an private Agenturen.
Trotzdem gleicht das Ganze einer Trophäenjagd: Nicht-Walliser dürfen lediglich männliche Tiere über elf Jahre schiessen – also jene mit den mächtigsten Hörnern. Das spült ordentlich Geld in die Kantonskasse. 25'000 Franken kostet die Jagd für Ausländer, für Schweizer Jäger nur halb so viel. Walliser und Walliserinnen können auch jüngere und weibliche Tiere für weniger Geld schiessen.
Auf Blick-Anfrage erklärt der Kanton Wallis, dass über alle Steinbock-Kategorien verteilt 62 Kontingente an Jagdberechtigte aus dem Wallis vergeben wurden. 18 weitere wurden für die elfjährigen Böcke vergeben – neun davon an Personen aus der Schweiz, neun an ausländische Jägerinnen und Jäger.
Die Nachfrage überstieg sogar das Angebot: Rund ein Drittel der Einschreibungen für die ältesten Böcke konnte der Kanton nicht berücksichtigen, da gemäss der Abschussplanung keine weiteren Kontingente zur Verfügung standen. Insgesamt erwartet der Kanton für das Jahr 2025 Einnahmen von 400'000 Franken.
Wolf fordert genaue Analyse
Biologin Brigitte Wolf (58), Co-Präsidentin der Grünen Wallis, galt als Kritikerin der Trophäen-Steinbockjagd im Wallis. Die neue Regelung findet sie nun geeigneter – solange bei der Jagd und bei den biologischen Kriterien genau hingeschaut wird. Es sei etwa wichtig, dass die Herden genau analysiert werden, bevor ein Abschuss bewilligt wird, da alte Böcke zentral seien für die Dynamiken im Rudel.
«Sicher, es ist noch immer eine Trophäenjagd», so Wolf. «Es kommt kein Amerikaner in die Schweiz, um eine vierjährige Steingeiss zu schiessen – wenn jemand so viel Geld zahlt, dann für grosse Böcke.» Das heisse aber noch nicht, dass das falsch sei. «Wenn ein Tier aus einem Rudel entfernt werden soll, ist schlussendlich egal, ob der Abschuss von einem einheimischen oder ausländischen Jäger getätigt wird.»
Ist jede Jagd eine Trophäenjagd?
Eric von Schulthess (65) hat vor dem Verbot 2021 selbst Jagdtouren im Kanton Wallis angeboten. «Ich hatte vor allem Kundschaft aus europäischen Ländern, Russland und den USA», so der Unternehmer. Er findet den Begriff «Trophäenjagd» irreführend. Letztlich habe jedes erlegte Tier eine Trophäe – bei einer Rehgeiss sei die Trophäe halt nicht das Gehörn, sondern das Fell.
Früher konnten Agenturen wie seine die Steinwild-Abschüsse vom Kanton erwerben und weiterverkaufen. Er wehrt sich gegen die Darstellung der Steinbockjagd im Wallis, wie sie die Fernsehreportage damals zeigte. «Der Steinbock hat keinen Jagddruck und wenig Fluchtinstinkt, man kann sie relativ einfach erlegen», so von Schulthess. «Es gab also nie einen Anreiz, die Jagdethik und das Jagdgesetz zu missachten.» Zudem hätte seine Agentur nie Garantie auf einen Abschuss gegeben. «Der Jäger erhält, was die Natur ihm schenkt. Das muss man akzeptieren.»
Trotzdem hat von Schulthess kein Problem mit der neuen Regelung. «Ich hätte gerne weitergemacht, aber für mich ist das in Ordnung», sagt er. Jetzt bietet er im kleineren Rahmen Steinwildjagden in Österreich an.