Wildtierkamera zeichnet Wolfsangriff im Wallis auf
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Mehrere Schafe gerissen:Wildtierkamera zeichnet Wolfsangriff im Wallis auf

Beim Wolf macht Darbellay «auf Trump»
Fast-Bundesratskandidat führt Kreuzzug gegen den Wolf

Mitte-Staatsrat Christophe Darbellay sorgt für Wirbel: Er will viel weniger Wölfe im Wallis. Naturschützer sind entsetzt über sein unzimperliches Vorgehen und werfen ihm Populismus vor.
Publiziert: 18:00 Uhr
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Macht Jagd auf den Wolf: Der Walliser Staatsrat Christophe Darbellay.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Walliser Staatsrat Darbellay trifft Abschussentscheide für Wölfe im Kanton
  • Umweltschützer kritisieren Darbellays Vorgehen als unwissenschaftlich und kontraproduktiv
  • Tausende Arbeitsstunden für Wolfsmanagement im Jahr 2024 aufgewendet
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Camille Krafft

Nur ein paar Stunden brauchten die Jäger und Wildhüter, um Anfang Woche im Goms einen zum Abschuss freigegebenen Wolf zu erlegen. Der Walliser Staatsrat Christophe Darbellay (54, Mitte) bestätigte die Nachricht über das erlegte Tier gleich höchstpersönlich im «Walliser Boten».

Kein Wunder: Darbellay ist seit kurzem auch für die Jagdbehörde in seinem Kanton verantwortlich. Seither traf er Abschussentscheid um Abschussentscheid. Sein Argument: Die «Belastungsgrenze» im Kanton sei überschritten. Darbellay sorgt sich um die Herden der Bauern. Die Anzahl der Wolfsrudel soll deshalb von elf – so die Schätzungen der Jagdbehörde – auf drei (das gesetzliche Minimum für die Region) gesenkt werden.

Das unzimperliche Vorgehen bringt nun Walliser Umweltschützer in die Gänge. «Christophe Darbellay giesst Öl ins Feuer, während ein Staatsrat die Debatten beruhigen und versachlichen sollte», sagt Grünen-Nationalrat Christophe Clivaz.

Wissenschaftliche Argumente werden ignoriert

Zusammen mit anderen NGOs hat Pro Natura diese Woche einen Brief an den Staatsrat geschickt. 

Der grüne Walliser Nationalrat Christophe Clivaz.
Foto: KEYSTONE

Aus Sicht der Umweltschützer handelt Darbellay entgegen wissenschaftlicher Erkenntnisse und lässt diese weg, wenn es ihm politisch nicht passt. Willy Geiger, ehemaliger Vizedirektor des Bundesamtes für Umwelt und Präsident von Pro Natura Wallis, wirft dem Mitte-Staatsrat gar vor, er mache in der Wolfsfrage «einen auf Trump».

Insbesondere betonen die Umwelt- und Naturschutzorganisationen, dass die Wirksamkeit von Abschüssen wissenschaftlich nicht bewiesen sei. «Die Zahl der Angriffe auf Herden war im Wallis bereits vor der proaktiven Regulierung aufgrund der Schutzmassnahmen zurückgegangen», sagt Geiger. Gerade Hunde hätten sich zum Schutz des Viehs bewährt.

Marie-Thérèse Sangra, Regionalsekretärin des WWF Wallis, sagt: «Die Wölfe überall abschiessen zu wollen, wie es Christophe Darbellay fordert, wird die Probleme der Schaf- und Ziegenzüchter nicht lösen. Im Gegenteil.»

«Keine Diskussion möglich»

Klar ist: Die Wölfe sind im Wallis ein deutlich grösseres Politikum als anderswo. «In den Kantonen Waadt oder Graubünden kann man sich offen mit den Behörden austauschen, um angepasste Lösungen zu finden», sagt Isabelle Germanier von der Gruppe Wolf Schweiz. «Nicht so im Wallis.» In ihrem Schreiben an die Walliser Regierung fordern die NGOs die Schaffung einer Wolf-Taskforce auf kantonaler Ebene.

Staatsrat Darbellay wehrte sich im Westschweizer Radio RTS gegen die Vorwürfe. «Als ehemaliger Mitarbeiter der ETH Zürich glaube ich an die Wissenschaft», sagte er. Es wäre aber gut, wenn sich Wissenschaftler auch mal auf Wahllisten oder beim Heuen bewähren müssten, fügte er einen Seitenhieb an. Darbellay will in Bundesbern nun erreichen, dass Präventivabschüsse auch dann möglich sind, wenn noch keine Angriffe auf Herden stattgefunden haben. 

Der frühere Präsident der CVP Schweiz und Fast-Bundesratskandidat betont, dass die Abschüsse legal waren. Die Walliser Politik wird denn auch vom Bundesamt für Umwelt unterstützt. Ein Problem aus Sicht der Umweltschützer ist dabei: «Durch die absichtliche Festlegung von sehr grossen Abschussperimetern bietet sich dem Wallis die Möglichkeit, ein Maximum an Wölfen zu dezimieren», so Christophe Clivaz.

Kosten der Regulierung infrage gestellt

Nun wollen die Umweltschützer an einem anderen Punkt ansetzen: bei den aus ihrer Sicht übertriebenen Kosten der Regulierung. «Im Jahr 2024 wurden mehr als 16’400 Arbeitsstunden für das Wolfsmanagement und die Regulierung des Wolfs im Dienste der Jagd aufgewendet», sagt Grünen-Nationalrat Clivaz. Das sei enorm, gerade im Verhältnis zum Rückgang der Tiere oder des gerissenen Viehs.

Wie die Naturschützer auch betonen, sind zudem viele Herden noch immer nicht oder nur sehr schlecht geschützt, ganz besonders im Oberwallis. «Dort sind die Schwarznasen ein Teil des Kulturerbes», stellt Christophe Clivaz fest. «Ihre Besitzer sind jedoch oft keine professionellen Züchter. Man müsste eine echte Reflexion über diesen Schafsektor anstellen.»

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