20 geschwärzte Seiten – SVP-Nationalrat hässig auf Behörden
«Für dumm verkaufen kann ich mich selber»

SVP-Nationalrat Rémy Wyssmann wollte mehr Informationen über einen brisanten Kaderabgang. Doch der Kanton Solothurn stellte ihm 20 Seiten zu, die komplett geschwärzt sind. «Eine unverschämte Leistung», sagt Wyssmann.
Publiziert: 16:49 Uhr
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Aktualisiert: 16:51 Uhr
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SVP-Nationalrat Rémy Wyssmann verlangte per Öffentlichkeitsgesetz einen brisanten Untersuchungsbericht. Und staunte nicht schlecht, als er ihn erhielt: Er erhielt 20 geschwärzte Seiten, lesen kann er nichts.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Solothurner Oberstaatsanwältin tritt zurück, Untersuchungsbericht bleibt geheim
  • SVP-Politiker fordert Transparenz, erhält stark geschwärzten Bericht
  • 20-seitiger Bericht enthält nur eine halbe Seite lesbaren Text
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Lucien FluriCo-Ressortleiter Politik

Plötzlich war sie weg und da staunten einige: Die stellvertretende Oberstaatsanwältin des Kantons Solothurn gab ihren Job im Frühling auf – nach beinahe 20 Jahren im Amt. Was ruchbar wurde: In einem Untersuchungsbericht muss die Top-Beamte schlechte Noten erhalten haben, ihre Wiederwahl wurde nicht empfohlen. Viel mehr Informationen gab es dazu nicht. 

So nicht, fand der Solothurner Nationalrat und SVP-Kantonalpräsident Rémy Wyssmann (58). Er wollte die Informationen per Öffentlichkeitsgesetz ans Tageslicht holen und Transparenz rund um den Abgang oder allfällige Missstände schaffen. 

Wyssmann machte allerdings grosse Augen, als er nun den Bericht zugestellt erhielt: Das zuständige kantonale Bau- und Justizdepartement schickte ihm ein PDF. Doch darin war gerade einmal eine halbe Seite zu lesen. Der Rest der 20 Seiten: Geschwärzt. Abschnitt um Abschnitt, Zeile für Zeile. Mal haben die Beamten Linie für Linie, mal ganze Textblöcke schwarz übermalt. Lesen kann man nichts.

«Pure Arroganz der Verwaltung»

Wyssmann findet das Vorgehen dreist und spricht von «purer Arroganz der Verwaltung»: «Wir dürfen nur zahlen, aber nichts wissen. Eine unverschämte Leistung zu einem unverschämten Preis», sagt er und fügt an: «Für dumm verkaufen kann ich mich auch selber.» 

Der Grund für die Schwärzungsaktion: Das zuständige Solothurner Bau- und Justizdepartement schreibt, der Bericht müsse «aufgrund besonders geschützter Personendaten» geschwärzt werden. Tatsächlich sieht das Öffentlichkeitsgesetz die Möglichkeit von Schwärzungen vor, etwa wenn heikle Informationen über Personen drinstehen. Fraglich ist, ob das gleich seitenweise den ganzen Text betreffen soll. 

Behörden mauern immer wieder

Das Öffentlichkeitsgesetz soll in der Schweiz für Transparenz sorgen. Alle Bürgerinnen und Bürger sollen, abgesehen von klar definierten Ausnahmen, Einblick in Dossiers erhalten und sich selbst ein Bild machen können. Auch Blick nutzt das Mittel: Gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz konnte Blick vergangene Woche Dokumente publik machen, die zeigen, dass Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider für junge Leute nur noch eine IV-Rente light plant. Das löste eine Debatte aus.

Es kommt aber immer wieder zu Konflikten: Behörden geben heikle Dokumente nicht heraus, schwärzen ganze Passagen oder verlangen horrende Gebühren. Bei der CS-Rettung schloss Finanzministerin Karin Keller-Sutter (61) gleich per Notrecht den Zugang zu den Unterlagen aus. 

Wyssmann will den Fall durch die Instanzen weiterziehen. Der Rechtsanwalt hat schon mehrfach mit dem Öffentlichkeitsgesetz Missstände ans Licht gebracht. So wurde etwa dank ihm publik, dass ein Teil der IV-Gutachter, die viele Aufträge erhielten, tendenziell im Sinne der Behörden entscheiden. 

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