Tiktokerin gibt Tipps für «Great Lock-In»-Challenge
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«Es ist extrem hart»:Tiktokerin gibt Tipps für «Great Lock-In»-Challenge

Tiktok-Trend «Great Lock-In»
Weihnachten auf dem Trockenen: Warum immer mehr Junge nüchtern feiern

Unter dem Tiktok-Hashtag #GreatLockIn verzichten viele junge Menschen im Dezember bewusst auf Alkohol und das mitten in einer Saison, die im Glühwein ertrinkt. Der Trend belegt einen tiefgreifenden Kulturwandel: Die junge Generation trinkt so wenig wie kaum eine zuvor.
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Unter dem Hashtag #GreatLockIn feiern auf Tiktok vor allem junge Menschen einen Dezember auf dem Trockenen – ganz nach dem Motto: «Kein Alkohol, kein Drama, mehr Glow!»
Foto: Tiktok

Darum gehts

  • Junge Menschen feiern alkoholfreien Dezember unter dem Hashtag #GreatLockIn
  • Trend setzt auf Disziplin, Routinen und Fokus statt Partys und Alkohol
  • Nur noch 62 Prozent aller Erwachsenen in den USA trinken überhaupt Alkohol
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Patricia BroderRedaktorin People

Genuss-Anlass Weihnachten: Für viele ist das Fest der Liebe untrennbar mit gutem Wein und Champagner verbunden – Alkohol und Anstossen gehören so selbstverständlich dazu wie Geschenke und der Tannenbaum. Doch dieses Jahr bleibt das Sektglas bei einigen ganz bewusst leer. Unter dem Hashtag #GreatLockIn feiern auf Tiktok vor allem junge Menschen einen Dezember auf dem Trockenen – ganz nach dem Motto: «Kein Alkohol, kein Drama, mehr Glow!»

Die «Great Lock-In»-Challenge ist ein viraler Social-Media-Trend, der seit Herbst durch Grossbritannien und die USA rollt. Wer mitmacht, «locked in», schliesst sich also ein – im übertragenen wie im wörtlichen Sinn. Will heissen: weniger soziale Kontakte, weniger Partys und weniger Ablenkung. Dafür eiserne Routinen, klarer Fokus und ein Dezember ohne Kater. Der Trend setzt dort an, wo die Festtage sonst eskalieren: zwischen Firmenapéro, Weihnachtsfeiern und Silvesternacht. Statt Glühwein und Shots stehen Sport, Schlaf und ein klarer Kopf auf dem Programm.

Verlängerter «Sober October» oder «Dry December»

Die britische Fitnessmarke Gymshark, eines der am schnellsten wachsenden Sportlabels Europas, beschreibt den Lock-In als Phase, «in der man den Kopf senkt und sich strukturierten Routinen und Disziplin verschreibt». Eine verlängerte Version des «Sober October» oder des «Dry December», wie das britische Magazin «Glamour» schreibt. Eine nüchterne Vorweihnachtszeit, die verhindert, dass die Festtage entgleisen.

Dass sich ausgerechnet junge Menschen im Dezember freiwillig «einsperren», hat aber nicht nur mit Disziplin zu tun, sondern auch mit Erschöpfung, ist sich die britische Kolumnistin Emma Beddington sicher. Sie hat den «Great Lock-In» kürzlich im «Guardian» als einen «superernsten Trend» bezeichnet, der schnell wie eine moderne Askese wirke. Dies sei verständlich in einer Zeit von Inflationssorgen, Dauerbeschallung und sozialer Überforderung. Für viele 16- bis 24-Jährige sei ein Abend zu Hause schlicht erholsamer als der fünfte Weihnachtsapéro.

Junge trinken weniger

Die «Great Lock-In»-Challenge reiht sich nahtlos in einen allgemeinen Trend ein: Die junge Generation trinkt tatsächlich weniger – und das deutlich, wie aktuelle Umfragedaten zeigen. Das renommierte US-Meinungsforschungsinstitut Gallup misst den Alkoholkonsum der Bevölkerung seit 1939. Der aktuelle Wert liegt auf dem tiefsten Stand seit Beginn der Erhebung. Nur noch 62 Prozent aller Erwachsenen trinken überhaupt Alkohol. Bei den 18- bis 34-Jährigen ist der Rückgang besonders stark; immer weniger trinken täglich, und die durchschnittliche Menge pro Woche sinkt stetig. Und erstmals glaubt eine Mehrheit, dass selbst «moderates Trinken» ungesund sei.

Auch in der Schweiz zeigt sich eine ähnliche Entwicklung: Zwar trinken weiterhin rund 80 bis 85 Prozent der Erwachsenen zumindest gelegentlich Alkohol, doch der Anteil derjenigen, die täglich trinken, ist über die letzten Jahre deutlich zurückgegangen – aktuell sind es nur noch etwa 9 Prozent.

Für die Getränkeindustrie bedeutet dieser Wandel ein klares Umdenken, denn die Nachfrage verschiebt sich spürbar. Laut dem Marktforschungsunternehmen IWSR (International Wine & Spirits Research) soll das Segment alkoholfreier Alternativen – also Produkte, die Bier, Wein oder Spirituosen ersetzen, aber ohne Promille auskommen – bis 2028 auf fast 5 Milliarden Dollar anwachsen. Während klassische Alkoholika stagnieren, legen No- und Low-Alcohol-Getränke jährlich zweistellig zu.

Auch Promis setzen auf alkoholfrei

Dass auch Prominente seit einigen Jahren auf Nüchternheit setzen, verstärkt den Trend. Stars wie Adele (36), Brad Pitt (61), Bradley Cooper (50), Blake Lively (37) oder Jennifer Lopez (55) leben längst weitgehend alkoholfrei. Einige betonen, sie seien leistungsfähiger, klarer, ruhiger – und könnten ihre Karrieren und Körper länger tragen, wenn sie auf Alkohol verzichten. Der nüchterne Lifestyle ist kein Makel mehr, sondern ein Mittel zur Selbstbestimmung.

Dem stimmt auch US-Schauspielerin Anne Hathaway (42) zu. Der «Der Teufel trägt Prada»-Star hat längst andere Methoden als Alkohol gefunden, um Stress abzubauen. «Die richtige Atemtechnik und Dankbarkeit bringen Entspannung», sagte sie kürzlich – und bezeichnete Nüchternheit als «befreiend».

Unterm Strich zeigt sich: Der Rausch verschwindet nicht, aber er verliert langsam den Status als gesellschaftlicher Standard. In vielen Familien und Freundeskreisen werden dieses Jahr zu Weihnachten weiterhin Champagner ploppen und Rotwein fliessen. Doch daneben wird es auch einige geben, die bewusst nüchtern feiern, mit dem Wunsch nach einem klaren Start ins neue Jahr.

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