Darum gehts
- Neuer Zürich-«Tatort» thematisiert Cyberangriff auf implantierte Defibrillatoren
- Kommissarinnen Grandjean und Ott ermitteln in einem emotional intensiven Fall
- 2400 Menschen sind akut bedroht, Täter fordern 317 Millionen Dollar
Die ersten zwei Minuten des neuen Zürich-«Tatorts» (28. September, SRF 1, 20.10 Uhr) sind höchst beunruhigend. Ein Mountainbiker, eine Yogini, eine Skaterin und ein «Hündeler» brechen an vier unterschiedlichen Orten in der Stadt zur selben Zeit ohne Vorwarnung zusammen.
Verbunden sind diese mysteriösen Vorfälle per Splitscreen und das Publikum merkt noch vor dem Titelschriftzug: Das wird heftig heute.
«Kammerflimmern» – Regie Barbara Kulcsar (54), Buch André Küttel (56) und Petra Ivanov (58) – thematisiert das topaktuelle Thema eines Cyberangriffs. Implantierte Defibrillatoren der fiktiven Marke Lauber Cardio versetzen ihren Trägerinnen und Trägern tödliche Stromschläge. Für den digitalen Schlüssel, der die gehackten Geräte wieder reparieren könnte, verlangt die unbekannte Täterschaft exakt 317 Millionen Dollar. Akut bedroht sind 2400 Menschen.
«Kontrolle ist heute Illusion»
«Es ist ein intensiver Fall, auf Ebene der Ermittlungen und emotional», sagt Anna Pieri Zuercher (46), als Kommissarin Isabelle Grandjean über ihren zehnten «Tatort». «Ich habe Artikel gelesen, um diese Welt ein wenig zu verstehen. Erschreckend fand ich, wie sehr unser Leben von vernetzten Geräten abhängt, oft, ohne dass wir es bemerken.»
Und Kommissarinnen-Kollegin Carol Schuler (38) alias Tessa Ott meint: «Kontrolle ist heute Illusion. Was uns eigentlich Freiheit bringen sollte, kann uns genauso gut ausliefern. Ich staune darüber, wie sehr wir uns auf Dinge verlassen, die wir gar nicht wirklich verstehen. Es reicht ein gezielter Angriff oder ein unsichtbarer Klick. Und das macht Angst. Wie verwundbar wir sind, ohne es wirklich zu merken.»
Auch SRF-intern war man von der Heftigkeit der Jubiläumsausgabe – noch nie gab es in einem Zürcher Fall derart viele Tote – nachhaltig beeindruckt. Das Thema «Cyberattacken auf Herzimplantate» wird nun einen Tag später in der Gesundheitssendung «Puls» «nachbehandelt» (29. September, SRF 1, 21.05 Uhr). Wie realistisch ist das Szenario eines solchen Angriffs? Diese Frage hat sich Blick auch gestellt. Lesen Sie dazu den Artikel unseres Digital-Redaktors Tobias Bolzern.
Zürich hat die Nase vorn
Zurück zur Baustelle «Schweizer Tatort»: Bei den 17 Luzern-Fällen mit Stefan Gubser (68) und Delia Mayer (58) als Ermittlerduo zwischen 2011 und 2019 waren die Grenzen rasch sichtbar. Und nur der One-Take-Fall «Die Musik stirbt zuletzt» von 2018 blieb wirklich in Erinnerung.
Bei Carol Schuler und Anna Pieri Zuercher, gestartet vor fünf Jahren mit «Züri brännt», blieb die Entwicklung länger im Ungewissen. Finden die Frauen – für sich alleine beide ein Ereignis – schauspielerisch zum Gewinn für das Publikum zusammen?
Erst ab Fall 7 «Von Affen und Menschen» (April 2024) war dies wirklich sicher. Auch, weil die Lebensläufe von Grandjean und Ott endlich Farbe bekamen und die zum Teil zu überdrehten Plots zweitrangig machten. Jetzt begann die Grundanlage – reiche Zürichberg-Tochter mit Alternativszene-Background (Ott) gegen distinguierte Karriere-Welsche mit rätselhafter Herkunft (Grandjean) – ernsthaft Sinn zu machen.
Auf diesem Weg schauen wir den beiden Frauen gerne weitere fünf Jahre und zehn Fälle zu. Auch wenn «Kammerflimmern» bei der Täterfindung aus dem Ruder läuft, was nicht nur an der Anzahl Todesopfer liegt.
Immerhin wird wieder einmal die talentierte Annina Walt (29) als ehrgeizige Journalistin Paola Bianchi lanciert. Und hinter Ott und Grandjean kommt Aaron Arens (37) als Computerspezialist Noah Löwenherz immer besser zur Geltung. Von der unbestritten starken Rachel Braunschweig (57) als Staatsanwältin Anita Wegenast sind wir dies schon seit Stunde null gewohnt.