Darum gehts
- Dreharbeiten für internationalen Film über Sterbehilfe in Zürich
- Judy Davis und Florence Hunt in den Hauptrollen, Regie führt Denis Rabaglia
- Budget beträgt knapp vier Millionen Franken, Kinostart für Herbst 2026 geplant
Normalerweise gehört der Cassiopeiasteg vor dem Strandbad Wollishofen ZH den Joggern und Spaziergängern. Am letzten Freitag ist er zeitweise durch junge Leute in Signalwesten gesperrt. In der Mitte des Stegs ragen Mikrofone in den Himmel, Scheinwerfer und Kameras sind in Position. «Achtung, Dreharbeiten», warnt ein Faltsignal.
Hier entsteht Weltkino, noch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die zweifache Oscar-nominierte Australierin Judy Davis (70) steht am Geländer und vor ihr im Wasser strampelt die Britin Florence Hunt (18), bekannt aus der TV-Hitserie «Bridgerton».
Sarkasmus und britisch-dunkler Humor
So heiter die Szenerie, so ernsthaft das Thema: «Butterfly Stroke» des Schweizer Regisseurs Denis Rabaglia (59, «Marcello, Marcello») erzählt die Geschichte von Ruth (Davis), die zum Sterben in die Schweiz reist, und ihrer Lieblingsenkelin Lori (Hunt), die sie daran hindern will.
Vor knapp zehn Jahren kam Produzent Michael Steiger (60) von Turnus Film an der Berlinale über einen britischen Promoter erstmals mit dem Stoff in Kontakt – mit der Schweiz als zentralem Schauplatz der Handlung wegen der hier legalen Sterbehilfe.
Nach einer längeren Entwicklungs- und Finanzierungsphase beträgt das Budget für die britisch-schweizerische Produktion nun knapp vier Millionen Franken. Steiger rühmt den Sarkasmus und den britisch-dunklen Humor in den Dialogen. Judy Davis und Florence Hunt machen den Film international attraktiv und vermarktbar.
Florence Hunt ist grosser Zürich-Fan
Hunt hat das Wasser mittlerweile verlassen und ist nach einem kurzen Garderobenbesuch bereit für die Fragen von Blick: «Erstmals mit der Geschichte in Kontakt kam ich, als mir meine Agentin von einem wundervollen Drehbuch vorschwärmte. Schon nach den ersten Seiten war ich begeistert. Und auch meine Eltern und meine Freunde bestärkten mich in der Absicht, die Rolle anzunehmen», erzählt Hunt.
«Lori ist eine Frau, die spricht, bevor sie denkt. Es gibt im Film sehr viele lustige Momente, trotz des ernsten Themas. Ich liebe solche ‹Dark Comedys›.» Mit zunehmender Drehzeit registriert Hunt, dass die persönliche Distanz zu ihrem Filmcharakter kleiner wird – ähnlich wie die Distanz zwischen Lori und ihrer Grossmutter. «Zuerst scheint sie Ruth sehr fremd zu sein. Doch mit der Zeit entsteht eine tiefe Vertrautheit. Ich habe eine ähnliche Beziehung zu meiner Grossmutter, die zum Glück noch lebt. Und wenn ich nur halb so stark wäre wie Lori, fände ich dies schon toll.»
Mit einem Star wie Judy Davis arbeiten zu können, ist für Hunt «ein grosses Glück». «Sie ist ein echtes Ereignis und kann unglaublich komisch sein, auch abseits der Kamera. Dank ihrer Ausstrahlung wird mein Job massiv einfacher.»
Ins Schwärmen gerät Hunt auch über Zürich, den «schönsten Ort, an dem ich je gewesen bin». Bisher kannte sie in der Schweiz nur Verbier VS vom Skifahren. «Im Vergleich zu Manchester, wo wir vorher gedreht haben, sind die Tage hier ein positiver Kulturschock.»
Keine Klischee-Schweiz
Davis gibt die Komplimente von Hunt bezüglich der Zusammenarbeit gerne zurück. Und auch sie schätzt die Drehtage in Zürich und die temporäre Luftveränderung – begleitet von ihrem Ehemann – sehr.
Die auf dem Steg gedrehte Szene ist in der Filmmitte platziert. Es handelt sich um die erste wirkliche Annäherung zwischen Ruth und Lori. Weil ihre Grossmutter eine begabte Schwimmerin war, will ihr die Enkelin mit einem Sprung ins Wasser zeigen, dass auch sie nicht untalentiert ist.
«Das ist schon eine andere Liga, als ich es sonst gewohnt bin», sagt der in Martigny VS aufgewachsene Regisseur Denis Rabaglia in Anbetracht der bekannten Schauspielerinnen. «Was mich an diesem Comedy-Drama vor allem anzog, war, dass die Schweiz hier nicht wie sonst meistens in internationalen Filmen vorkommt. Die Banken und das Gold sind weit weg. Und viele Leute haben auch ganz falsche Vorstellungen von Sterbehilfe. Sie glauben, man könne einfach dafür bezahlen und damit sei es getan. Die Schweiz ist für den Film eminent wichtig und dient nicht nur als profane Kulisse.»
Die letzten zwei Wochen vor den Seeszenen wurde in Zürich-West im «25hours»-Hotel gedreht. Dort stand auch der Schweizer Samuel Streiff (50) vor der Kamera, den das Schweizer TV-Publikum aus «Der Bestatter» kennt. Er spielt den Vertreter der Sterbehilfe-Organisation und bereitete sich auf seine Rolle durch Gespräche mit einer echten Sterbehelferin vor. «Für das Drehbuch wurde sehr gut recherchiert», kann Streiff bestätigen.
Kinostart im Herbst 2026
Sein Engagement in «Butterfly Stroke» stand schon länger fest. «Doch als ich diesen Frühling erfuhr, dass Judy und Florence dabei sind, wurde ich richtig nervös. Judy Davis bewundere ich schon lange. Es klingt vielleicht etwas abgelutscht, aber es ist wie in einem Traum. Sie ist ein echter Profi und ein Naturwunder. Sie ist nicht mehr die Jüngste, es ist warm und die Drehtage sind extrem lang. Aber du kannst jeden Take von ihr verwenden. Bei mir braucht es immer mindestens sieben, acht Anläufe», gibt er zu. «Faszinierend, wie sie ihre Kunst beherrscht. Und gleichzeitig ist sie sehr unkompliziert und angenehm.»
Die letzte Klappe zu «Butterfly Stroke» fällt im September. Der Schweizer Kinostart ist für Herbst 2026 geplant.