Darum gehts
- Amanda Knox: Umstrittener Mordfall und Mediensturm in Perugia, Italien
- Psychologischer Thriller vermischt Fakten und Fiktion zur Wahrheitsfindung
- Knox wurde 2009 zu 26 Jahren verurteilt, 2015 endgültig freigesprochen
November 2007 in Perugia, einem idyllischen Städtchen mitten in Italien: Die britische Studentin Meredith Kercher wird erstochen in der Wohnung aufgefunden, die sie sich mit der 20-jährigen US-Amerikanerin Amanda Knox teilt. Sie und ihr Freund Raffaele Sollecito geraten unter dubiosen Umständen rasch ins Visier der Polizei. Anhand widersprüchlicher Aussagen, fragwürdiger Indizien und eines unter Druck erzwungenen Geständnisses wird das Paar verhaftet. 2009 folgt die Verurteilung – Knox kassiert 26 Jahre, ihr Freund 25. Danach folgt ein juristisches Pingpong: Freispruch nach Berufung 2011, erneute Verurteilung 2014, endgültiger Freispruch 2015. Aufgrund von DNA-Spuren wird später ein anderer Mann überführt und zu 16 Jahren Gefängnis verurteilt.
Aufgrund der Grausamkeit der Tat, der umstrittenen Ermittlungen und kultureller Vorurteile gegenüber Knox verbreitet sich der Fall rund um den Globus. Schon wenige Tage nach dem Mord entlädt sich ein gigantischer Mediensturm. Die britischen und italienischen Boulevardzeitungen stilisieren Knox zum «Engel mit den Eisaugen». Sie wird sexualisiert, dämonisiert oder zur Ikone gemacht, je nach Perspektive.
Fakten und Fiktion vermischen sich
Die Miniserie «The Twisted Tale of Amanda Knox» ist ein psychologisches Kaleidoskop, das Fakten und Fiktion zu einem düsteren Psychothriller verwoben. Aus der Perspektive von Amanda (Grace Van Patten) und ihren Nächsten folgen wir der jungen Frau von der Verhaftung bis hin zum spektakulären Freispruch. Man sollte sich nicht vom Auftakt irritieren lassen: Zu Beginn der ersten Folge wird Amandas Leben – von ihrer Zeugung bis zur Ankunft als Studentin in Perugia – im Schnelldurchlauf und im Bewusstsein der tragischen Thematik verstörend humorvoll geschildert.
Der Achtteiler fragt danach weniger, was genau passiert ist, sondern vielmehr, wer hier wie seine eigene Wahrheit konstruiert: Polizei, Justiz, Medien, ja sogar der schmierige Gefängnisleiter, der sich Knox wiederholt anzüglich nähert. Manche Szenen gehen besonders unter die Haut: so wird Amanda, des Italienischen kaum mächtig, von mehreren brüllenden Beamten bedrängt und verstrickt sich so ungerechtfertigt in widersprüchliche Aussagen, was wohl massgeblich zu ihrer Verurteilung führt. Ihre Verzweiflung, nicht mal ihrer Mutter telefonisch Bescheid geben zu können, ist ungefiltert spürbar.
Die heute 38-jährige Amanda Knox gehört zu den ausführenden Produzenten der Serie und will sich dadurch mit Merediths Familie versöhnen. Diese empfindet das Werk allerdings als respektlos.