Exklusive Umfrage
Der Nahost-Krieg spaltet die Schweiz

Wie denkt die Schweizer Bevölkerung über den Terrorangriff der Hamas und die israelische Reaktion darauf? Die erste grosse Umfrage seit dem 7. Oktober gibt einen tiefen Einblick.
Publiziert: 17.11.2023 um 01:03 Uhr
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Aktualisiert: 17.11.2023 um 14:19 Uhr
Ein palästinensischer Junge trauert um einen Verwandten, der bei einem israelischen Luftschlag ums Leben kam.
Foto: Anadolu via Getty Images
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Benno Tuchschmid
Benno TuchschmidCo-Ressortleiter Gesellschaft

Am 7. Oktober Tag drangen Hamas-Terroristen aus dem Gazastreifen nach Israel ein, töteten über 1200 Menschen und entführten Hunderte. Die israelische Armee antwortete mit Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Die Zahl der Opfer steigt täglich und geht in die Tausenden.

20 Monate nach dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, tobt am Rande Europas ein weiterer blutiger Konflikt. Er könnte jederzeit noch mehr eskalieren.

Wie denkt die Schweizer Bevölkerung über den Krieg im Nahen Osten? Wer ist schuld? Und wie soll es weitergehen? Das Meinungsforschungsinstitut Sotomo hat im Auftrag von Blick dazu eine grosse, repräsentative Umfrage durchgeführt.

So kam die Umfrage zustande

Die Befragung «So denkt die Schweiz?» zum Thema «Die Schweiz und der Nahostkrieg» wurde von Sotomo im Auftrag von Blick durchgeführt. Die Umfrage wurde vom 10. bis 15. November 2023 auf Blick.ch erhoben. Die Antworten von 16’157 Stimmberechtigten aus der deutsch- und französischsprachigen Schweiz konnten für die Auswertung verwendet werden. Die Stichprobe wurde gemäss den relevanten demografischen und politischen Merkmalen statistisch gewichtet. Die Resultate der Befragung sind repräsentativ für die Stimmbevölkerung der deutsch- und französischsprachigen Schweiz. Die Fehlerspanne beträgt +/-2,6 Prozentpunkte.

Die Befragung «So denkt die Schweiz?» zum Thema «Die Schweiz und der Nahostkrieg» wurde von Sotomo im Auftrag von Blick durchgeführt. Die Umfrage wurde vom 10. bis 15. November 2023 auf Blick.ch erhoben. Die Antworten von 16’157 Stimmberechtigten aus der deutsch- und französischsprachigen Schweiz konnten für die Auswertung verwendet werden. Die Stichprobe wurde gemäss den relevanten demografischen und politischen Merkmalen statistisch gewichtet. Die Resultate der Befragung sind repräsentativ für die Stimmbevölkerung der deutsch- und französischsprachigen Schweiz. Die Fehlerspanne beträgt +/-2,6 Prozentpunkte.

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Die Resultate zeigen eine differenzierte Haltung der Schweizerinnen und Schweizer zum Konflikt. Sie legen aber auch tiefe Gräben offen, die sich durch das Land ziehen. Politikwissenschaftler Michael Hermann (52), der die Umfrage durchgeführt hat, sagt: «Die Schweiz ist in diesem Krieg uneins».

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40 Prozent machen die palästinensische Seite für den aktuellen Krieg verantwortlich, 27 Prozent beide Seiten, 33 Prozent Israel.

Damit unterscheidet sich der Nahostkrieg stark vom Ukraine-Krieg: Hier ist die Schweiz grösstenteils einig. Nur gerade 10 Prozent sehen die Ukraine als Auslöser des Kriegs.

Woher kommt das?

«Der Nahostkonflikt hat eine längere Geschichte und die meisten Bürger hatten dazu schon vor dem 7. Oktober eine Haltung», sagt Herrmann. In linken Kreisen gibt es seit den 60er-Jahren eine Solidarität mit den Palästinensern. In vielen bürgerlichen Kreisen gilt wiederum Israel als Bollwerk gegen den Islamismus.

Die aktuelle Umfrage bestätigt: Je stärker links die Befragten denken, desto eher machen sie Israel für den Konflikt verantwortlich. Je weiter rechts, desto eher sehen sie die Schuld bei den Palästinensern. Im Bezug auf Antisemitismus und Islamfeindlichkeit ergeben sich jedoch andere Muster (lies mehr dazu hier).

Es gibt nicht nur einen Links-Rechts-, sondern auch einen Rösti-Graben: Während in der Deutschschweiz 43 Prozent finden, die palästinensische Seite sei eher schuld am aktuellen Krieg, so sind es in der Romandie nur gerade 27 Prozent.

In der Frage, wer am Krieg die Schuld trägt, ist die Schweiz gespalten. In der Reaktion Israels auf die Attacke herrscht in der Schweiz grössere Einigkeit. Von links bis rechts gibt es eine Mehrheit, die Israels Recht auf Selbstverteidigung anerkennt.

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72 Prozent finden, Israel habe das Recht mit militärischen Mitteln gegen die Hamas vorzugehen. Signifikante Unterschiede gibt es hier bei den Geschlechtern. Während 78 Prozent der Männer finden, dass Israel das Recht habe, gegen Hamas Krieg zu führen, sind es bei den Frauen nur 65 Prozent.

Noch grösser sind die Unterschiede, wenn die Bevölkerung nach Parteipräferenz aufgeteilt wird: Am stärksten israelfreundlich sind Anhänger der Mitte (82 Prozent) und der FDP (83 Prozent). Bürger, die sich dem linken Parteienspektrum zuordnen, sehen das Recht auf Selbstverteidigung dagegen deutlich kritischer: Unter den Anhängern der Grünen finden 66 Prozent, Israel habe das Recht, die Hamas anzugreifen. Unter den SP-Anhängern sind es 63 Prozent der Bürgerinnen und Bürger. Unter SVP-nahen Befragten sind es 75 Prozent.

Rückenwind erhält Bundesrat Cassis für sein Unterfangen, die Hamas in der Schweiz zu verbieten: 80 Prozent der Befragten sind für ein Verbot.

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Aus Sicht der Befragten sollen auch Hilfsgelder für Palästina eingestellt werden, wenn nicht garantiert werden kann, dass damit keine Waffen gekauft werden.

Dem unterliegt eine tiefe Abneigung gegenüber der Hamas: 92 Prozent stehen ihr ablehnend gegenüber. Gleichzeitig gibt es viel Sympathie für die Bewohner des Gaza-Streifens.

Die Zustimmung der Schweiz für eine Uno-Resolution, die eine «humanitäre Waffenruhe» fordert, findet in der Bevölkerung eine knappe Mehrheit (58 Prozent). Klar scheint für die Schweizerinnen und Schweizer, dass die Palästinenser ein Recht auf einen eigenen Staat haben: 84 Prozent unterstützen eine Zweistaatenlösung. Diese scheint in der Realität weiter entfernt denn je.

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