Editorial zur Europa-Initiative
Bitte mehr Aeschbachers, Russis und Meiers

Derzeit sorgen Stars für Häme, die sich mit ihrem Halbwissen an politischen Projekten beteiligen. Doch Leistungsträger und Prominente verdienen für ihr gesellschaftliches Engagement Respekt.
Publiziert: 06.10.2024 um 08:37 Uhr
Reza Rafi, Chefredaktor SonntagsBlick.
Foto: Philippe Rossier
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Reza RafiChefredaktor SonntagsBlick

Kennen Sie das Sabta-Prinzip? Die Abkürzung stammt aus Wirtschafts- und Militärkreisen und steht für «Sicheres Auftreten bei totaler Ahnungslosigkeit». Wer Sabta beherrscht, kann es in manchen Berufs- und Lebenswelten erstaunlich weit bringen.

Wir wollen hier niemandem etwas so Ungeheuerliches wie Ahnungslosigkeit vorwerfen, diese Woche jedoch erinnerte die aktuelle Berichterstattung an das Sabta-Phänomen. Nachdem die Gruppierung Kompass/Europa um Alfred Gantner, Urs Wietlisbach und Marcel Erni ihre Volksinitiative gegen eine «EU-Passivmitgliedschaft» präsentiert hatte, stellte der Blick den richtigen Leuten die richtige Frage: Weshalb, wollte der Reporter wissen, engagieren sich selbstbewusste Prominente wie TV-Talker Kurt Aeschbacher, Skilegende Bernhard Russi oder Yello-Musiker Dieter Meier für dieses Anliegen der Partners-Group-Gründer?

Als Antwort erhielten sie Bekenntnisse wie jenes von Dieter Meier: «Das ist nicht mein Metier, da habe ich zu wenig Ahnung.» Worauf Blick gnadenlos titelte: «Prominente kämpfen mit wenig Wissen für Kompass-Initiative.»

Die Gescholtenen dürften damit gerechnet haben, dass ihnen durch ihr Polit-Outing nicht nur Blumen zufliegen. Dabei hätten sie die Blumen durchaus verdient: Dass sich Menschen aus der Mitte der Gesellschaft politisch engagieren, ist höchst willkommen. Wollen wir denn nur noch arrivierte Leistungsträger im Land, die sich in ihr goldenes Refugium zurückziehen und das Mitgestalten unserer Gesellschaft Berufsaktivisten jedwelcher Couleur überlassen?

Ein Grossteil der Kulturschaffenden von heute hat die Einmischung in politische Fragen bereits aufgegeben. Parallel dazu erstarkt eine hoch internationalisierte A-Schweiz, für die gesetzgeberische Weichenstellungen in der Alpenrepublik zu Peanuts schrumpfen, die sie hinter den Spiegelfassaden von Singapur, Dubai oder Manhattan kaum noch wahrnehmen.

Es braucht darum nicht weniger Aeschbachers, Russis und Meiers auf den hiesigen Podien, sondern mehr. Im besten Fall natürlich mit sicherem Auftreten. Und wenigstens ein bisschen Ahnung.

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