Darum gehts
- Stadler Rail: Vorzeigeunternehmen mit bröckelnder Fassade und unzuverlässiger Lieferung
- Unzufriedenheit bei Kunden und Lieferanten wegen Stadlers Marktdominanz
- SBB vergaben in den letzten 25 Jahren 72 % ihrer Bestellungen an Stadler
Seit die SBB einen Grossauftrag an die deutsche Siemens AG vergeben haben – und nicht an die Stadler Rail Group im thurgauischen Bussnang –, kocht die Schweizer Volksseele. Dabei vergessen viele, dass Stadler schon länger ein internationales Unternehmen ist. Der Konzern beschäftigt deutlich mehr Mitarbeitende im Ausland als hierzulande. Stadler Rail ist in Deutschland, Spanien und Portugal ebenso ein Player wie in Belarus, Kasachstan oder den USA. Das Weisse Haus erwähnt Stadler in einem Faktenblatt zum aktuellen Zolldeal sogar namentlich: «Unter der Führung von Präsident Trump wurden Investitionen in Milliardenhöhe von grossen Schweizer Unternehmen wie Roche, Novartis, ABB und Stadler angekündigt.»
Auch andere können Züge bauen
Wer mit der ganzen Welt geschäften möchte, darf nicht gleichzeitig auf Schweizer Protektionismus hoffen. Stadler Rail hat volle Auftragsbücher und zieht auch im Ausland einen Auftrag nach dem anderen an Land. Doch man kann nicht immer gewinnen – auch andere Nationen wissen, wie man Züge baut. Wer einmal in Japan war, wähnt sich auf Schweizer Gleisen eher in einem Entwicklungsland.
In den letzten 25 Jahren vergaben die SBB 72 Prozent ihres Bestellvolumens an Stadler, 21 Prozent an Bombardier/Alstom und 7 Prozent an Siemens. Wer den Markt dominiert, ist in Gefahr, bequem zu werden – und Kunden und Lieferanten aus den Augen zu verlieren. Die SBB sind schon länger mit dem heimischen Konzern unzufrieden. Die Schweizer Züge verlangen mehr Aufmerksamkeit für den Unterhalt, als der Hersteller zugibt.
Stadler ist ein Klumpenrisiko für die SBB. Es darf keine Co-Abhängigkeiten geben, Konkurrenz belebt das Geschäft. Der Zughersteller sollte die Niederlage sportlich nehmen, Demut üben und Kritik von Kunden und Lieferanten ernst nehmen. So wird das Produkt besser – und die Chancen bei der nächsten Ausschreibung steigen.