Thomas Meyer rät
«Erwartungsdruck ist der grösste Feind der Lust»

«Meine Partnerin will viel mehr Sex als ich. Mittlerweile ist das Thema sehr streitbehaftet», schreibt unser Leser. Der Zürcher Schriftsteller Thomas Meyer nimmt Stellung zu dieser Lebensfrage.
Publiziert: 23.01.2019 um 09:39 Uhr
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«Sex findet nicht auf Geheiss hin statt, sondern infolge von Lust»

Ob zwei Menschen zusammenpassen, misst sich vor allem daran, ob sie sich in ihrem Wesen ähnlich sind – und ob sie in der Lage sind, über ihre Verschiedenheiten zu sprechen und Kompromisse auszuhandeln. Denn auch ähnliche Charaktere haben ihre Differenzen. Und Streit ist nichts anderes als der gescheiterte Versuch, diese zu überwinden.

Welche Rolle spielen sexuelle Bedürfnisse?

Was sexuelle Bedürfnisse anbelangt, werden diese interessanterweise meist nur anhand der Häufigkeit verhandelt. Dabei sagt diese nicht viel aus. Sicherlich gibt es eine Schwelle, unterhalb der man mit gutem Grund frustriert ist. Aber ist ein Sexleben wirklich ausgefüllt, bloss weil es mindestens alle drei Tage stattfindet? Wäre Ihre Partnerin tatsächlich glücklicher mit mehr Sex? Oder meint sie eventuell anderen Sex? Was ist es, das sie genau unzufrieden macht? Das sind eben die Dinge, über die man miteinander reden muss.

Miteinander zu reden

Apropos reden – hier geht es nicht zuletzt um konstruktive, erwachsene Kommunikation. Ihre Partnerin kann Ihnen durchaus mitteilen, dass sie gern häufiger Sex hätte, aber es ist ein Irrtum, wenn sie glaubt, dass dieser Hinweis Ihnen eine Erektion verschafft. Sex findet nicht auf Geheiss hin statt, sondern infolge von Lust. Und deren grösster Feind ist der Erwartungsdruck. Jetzt, wo Sie wissen, dass Sie sozusagen nicht genug leisten, werden Sie, wann immer sich Gelegenheit zu Sex bietet, sich verpflichtet fühlen, diesen auch zu haben. Wodurch Sie ihn garantiert nicht haben werden.

Miteinander zu reden, heisst nicht, seine Bedürfnisse zu deponieren, in der Erwartung, sie würden dadurch erfüllt. Das tun nur kleine Kinder. Miteinander reden heisst in Ihrem Fall, einander zu erzählen, was einem gefällt, und vor allem, den anderen zu fragen, was seine Wünsche sind. Das wird Sie beide mehr erregen als gegenseitige Vorwürfe. l

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