Ihr Freund ist offenbar ein Narzisst. Entgegen der landläufigen Meinung bedeutet dies allerdings nicht, dass jemand sich selbst mehr liebt als alles andere, sondern vielmehr, dass er sich aufs Äusserste verachtet und nur Linderung erfahren kann, indem er andere so klein macht, wie er sich selbst fühlt. Nur dann kann er das fürchterliche Empfinden ertragen, das sein emotionales Dasein bestimmt: das Gefühl der Wertlosigkeit.
Ist schwierige Kindheit schuld daran?
Der Grund dafür ist, wie so oft, in der Kindheit zu finden. Erschreckend viele Menschen haben in ihren ersten Lebensjahren Vernachlässigung, Geringschätzung und Missbrauch aller Art erlebt, was ihren Selbstwert herabgesetzt oder gar vollkommen zerstört hat. Und weil die Kindheit ziemlich lange dauert, wird das, was man dort erlebt, auch ziemlich bald einmal normal. Ihr Partner kann so gesehen nichts dafür, dass er glaubt, der übliche Umgang zwischen Menschen bestehe darin, sich gegenseitig das Leben zur Hölle zu machen.
«Sie zahlen einen zu hohen Preis»
Eine schwierige Kindheit ist aber nur eine Erklärung und darf keine Entschuldigung sein. Weder für Ihren Freund, sich wie ein Tyrann aufzuführen, noch für Sie, sich das gefallen zu lassen. Auch wenn Sie Ihren Freund lieben und vielleicht sogar überzeugt sind, für ihn da sein zu müssen, zahlen Sie einen zu hohen Preis. Sie haben ihn bereits genannt: Sie vertrauen sich selbst nicht mehr.
Sie müssen diese Beziehung daher dringend beenden, auch wenn das wehtut, denn sie schadet Ihnen. Eine Beziehung darf das nicht. Sie darf einen herausfordern, sie darf einen konfrontieren, aber sie darf einen niemals kaputt machen. Der richtig anstrengende Teil kommt aber sowieso erst nach der Trennung: Dann geht es um die Frage, warum Sie sich in ein derart destruktives Verhältnis begeben haben. Da wird es dann um Ihre eigene Kindheit gehen.