Frauenhass in der Innerschweiz
«Bei meinem Mann hätte man sich nicht getraut»

Die Schwyzer Anwältin Isabelle Schwander engagiert sich im Heimatschutz, vertritt unbequeme Klienten – und wird heftig angefeindet: «auch, weil ich eine Frau bin».
Publiziert: 22.06.2019 um 23:34 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2024 um 00:04 Uhr
Schwander vor ihrem Haus bei Brunnen SZ: «Angriffe gibts regelmässig.»
Foto: Thomas Lüthi
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Cyrill Pinto

Unerschrocken verteidigt die Anwältin Isabelle Schwander (50) ihre Klienten im Kampf gegen Behörden. Als Präsidentin des Schwyzer Heimatschutzes ist es ihre Aufgabe, immer dort Einsprache einzulegen, wo historische Bauten einem Neubau weichen sollen. Damit macht sie sich nicht nur Freunde. Sie wird immer wieder aufs Übelste angefeindet. Mal erfolgen die Angriffe subtil, mal sind sie mehr als offensichtlich. Und manchmal bedrohen sie ihre Existenz.

Sogar ein Verfahren vor der Anwaltskammer wurde einmal gegen sie eingeleitet, an dessen Ende der Entzug des Rechtsanwaltspatents hätte stehen können. «Um meine Rechte im Verfahren wahrnehmen zu können, musste ich gar um Akteneinsicht prozessieren», berichtet Schwander. Das Verfahren wurde schliesslich eingestellt. Die Vorwürfe waren – gelinde gesagt – haltlos.

Dass sie unabhängig und kritisch ist, stösst im konservativen Kanton Schwyz auf Ablehnung. Schwander zeigt SonntagsBlick einen anonymen Brief, den sie kürzlich erhalten hat. Darin heisst es: «Was ist Ihr Problem? Wurden Sie in Ihrer Kindheit gehänselt, geschlagen, missbraucht?» Schlussfolgerung: «Die meisten Leute in der Gegend wären froh, würden Sie den Kanton Schwyz verlassen.»

Schikaniert vom Kanton

Isabelle Schwander ist überzeugt, dass viele Angreifer sich nur aus einem Grund vorwagen – weil sie eine Frau ist.

Schikaniert sieht sie sich auch vom Kanton. Der möchte in ihrem Garten am Wolfssprung einen sogenannten Installationsplatz zur Sanierung der Axenstrasse einrichten.

Gleich neben ihrem Haus sollen über Jahre hinweg Bagger und Baucontainer stehen. Dabei gäbe es gleich nebenan genügend Raum. «So einen Antrag zu stellen, hätte man sich nie getraut, wäre mein Mann noch am Leben», sagt Schwander. 2013 starb Kantonsgerichtspräsident Vital Schwander an einem Herzinfarkt. Mit ihm hat sie zwei Söhne, um die sie sich alleine kümmert.

Die FDP mobbt sie aus der Partei

Was Schwander besonders trifft: Selbst aus dem Freisinn habe man sie hinausgemobbt. Über 20 Jahre engagierte sie sich für die FDP, war sogar in der Geschäftsleitung der Kantonalpartei tätig. Weil sie sich aber als Anwältin für einen ihrer Klienten starkmachte und dabei öffentlich einen FDP-Regierungsrat kritisierte, wurde sie parteiintern zur unerwünschten Person erklärt und nicht zur Wiederwahl nominiert.

Eine Abstimmung über ihren Wiedereinzug in die Geschäftsleitung endete in einem Patt, sie erklärte entnervt ihren Rücktritt. Irgendwann erhielt Schwander von ihrer FDP-Ortspartei nicht einmal mehr die Einladung zur GV oder einen Einzahlungsschein für den Mitgliederbeitrag. Frustriert erklärte sie vor kurzem ihren Austritt. «Wie sich die FDP Schwyz in meinem Fall verhielt, ist undemokratisch und illiberal.»

Die Parteileitung will sich dazu nicht äussern. Auch Petra Gössi (43), die damals mit ihr in der Geschäftsleitung sass und heute die FDP Schweiz präsidiert, schweigt.

Die jahrelangen Auseinandersetzungen und Kämpfe liessen Schwander zur Überzeugung gelangen, dass der Kanton Schwyz nicht nur konservativ, sondern auch frauenfeindlich ist. «Eine starke unabhängige Frau macht den Männern Angst.»

Schwander will trotz allem nicht aufgeben und weiter in Schwyz leben. «Ich bleibe weiter unabhängig und kritisch.»

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