Als Teenager schon Mutter
«Eine Abtreibung kam für mich nie in Frage»

Schwanger mit 16: Für Marina ein Schock. Als Teenager entschied sie sich, das Baby zu behalten. Sie hat es nie bereut. Fast zwei Jahrzehnte später blickt sie zurück und erzählt, was für sie die grösste Herausforderung war.
Publiziert: 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 11:16 Uhr
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Marina wurde als Teenager schwanger, heute blickt sie zurück.
Foto: Felix Bucher

Darum gehts

  • Teenie-Mutter Marina blickt auf ihre Erfahrungen zurück
  • Trotz Vorurteilen und Schwierigkeiten entschied sie sich für ihr Kind
  • Mit 16 schwanger, heute ist ihre Tochter 18 Jahre alt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Sie war selber noch fast ein Kind, als sie ein Baby zur Welt brachte: Marina wurde als Teenager ungewollt schwanger. Eine Abtreibung kam für sie nie in Frage. Heute, fast zwanzig Jahre später, blickt sie zurück und erzählt, was für sie die grössten Herausforderungen als Mutter war.

«Es passierte gleich beim ersten Mal. Als ich herausgefunden habe, dass ich schwanger bin, brach ich in Tränen aus, ich hatte Panik. Abtreiben wollte ich nicht – diese Frage habe ich mir nie gestellt. Tief in mir drin wusste ich, dass ich das Baby behalten wollte. Meine Eltern hatten viel Verständnis für mich und haben mich sehr unterstützt. Das hat wohl auch damit zu tun, dass meine Mutter selber schon mit 17 ihr erstes Baby bekommen hat. Genau wie meine Grossmutter – beide waren Teenie-Mütter. Ob Zufall oder Schicksal, das kann ich nicht beantworten. Natürlich haben wir darüber gesprochen. Aber es war nie der Plan, dass ich das so quasi wiederhole.»

«Mein Freund damals war zwei Jahre älter als ich, mit 18 also auch noch sehr jung. Während der Schwangerschaft lebten wir zusammen, er unterstützte mich. In einer Kleinstadt im Wallis war das ein Skandal, getratscht wurde vor allem über mich. Ich war die Schlampe, die es schon mit 16 getan hat – das war mit meinem Babybauch ja offensichtlich. Darunter habe ich sehr gelitten, auch in meiner Ausbildung. Ich war in einer Lehre als Verkäuferin, die ich trotzdem fertig machen konnte – das verdanke ich der Hilfe meiner Eltern.»

Marina ist jung Mutter geworden.
Foto: zvg

Milch abpumpen in der Schule

«Das Schwierigste war für mich das Getuschel, diese vielsagenden Blicke – ich habe gespürt, wie ich verurteilt wurde, am Arbeitsplatz, in der Schule. Oft schämte ich mich. Besonders als das Baby da war und ich in der Schule die Milch abpumpen musste – in der Toilette, wo es alle mitbekommen haben. Die Geburt verlief gut, ich wurde liebevoll betreut und ich spürte, dass ich respektiert und ernst genommen werde. Schlimm war es danach, zusammen mit den anderen Müttern im Zimmer. Da waren wieder diese Blicke. Es war so klar, dass sie über mich getratscht haben, echt gemein. Wer sagt, dass man mit 17 keine gute Mutter sein kann? Ich habe dort 30-Jährige gesehen, die keine Ahnung hatten, wie sie ihr Baby halten sollen. Jede Mutter ist eine Anfängerin und muss lernen, wie man mit einem Baby umgeht – egal wie alt sie ist.»

«Als Lydia da war, wurde es schwierig mit dem Kindsvater. Sie war vier Monate alt, als ich mit ihm Schluss machte. Er wurde immer aggressiver und auch gewalttätig – immerhin nur mir gegenüber. Ich wollte nie wieder etwas mit ihm zu tun haben. Auch Lydia hat keinen Kontakt zu ihm, auf ihren eigenen Wunsch. Sie hat oft nach ihrem Papa gefragt, eine Rolle, die ein Stück weit mein Vater eingenommen hat. Mir war wichtig, dass sie einen männlichen Bezug hat.»

Viele Freundinnen verloren

«Während meine Freundinnen mit 17 die Welt bereisten, in den Ausgang gingen und sich verliebten, war ich daheim mit meinem Baby. Schlimm fand ich das nicht, ich hatte mich dafür entschieden, Mutter zu sein. Und ich war es gern. Allerdings habe ich damals viele Kontakte verloren, ich führte ein komplett anderes Leben als meine gleichaltrigen Freundinnen. Das habe ich nachgeholt, als Lydia etwas älter war – da bin ich auch ab und zu in die Disco. Eine neue Beziehung bin ich bewusst nicht eingegangen. Meine erste Erfahrung mit einem Mann war sehr schwierig, das wollte ich nicht wiederholen. Ich wollte ganz für Lydia da sein und sie auch davor schützen.»

«Mit Vorurteilen hatte ich lange zu kämpfen, auch als Lydia schon älter war. Ihre Lehrer haben mich oft nicht ernst genommen. Es hiess: ‹Ah ja, Sie haben sie so früh bekommen› oder: ‹Sie hat ja keinen Vater.› Jedes Mal, wenn etwas nicht rundläuft, kommt das Thema gleich auf meine junge Mutterschaft. Dieses Stigma ist wirklich das Schwierigste. Aber es ist es wert. Lydia ist heute 18 Jahre alt und ich bin unheimlich stolz auf sie. Sie ist ein tolles Mädchen und ich wünsche ihr, dass sie ihren eigenen Weg gehen kann – so, wie sie es sich erträumt.»

Marina wurde für das Fotoprojekt «Girl Interrupted» von Felix Bucher für das NGO On Board Together porträtiert. 

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