Darum gehts
- Fassadenbegrünung kühlt Gebäude und verbessert das Stadtklima
- Pflanzenarten wie Rosen, Geissblatt und Clematis eignen sich für Fassadenbegrünung
- Seit Januar 2024 unterstützt Zürich private Begrünungsprojekte finanziell
Grün wirkt beruhigend auf Menschen. Das wissen alle, die eine Aussicht auf einen Baum oder eine Wiese haben. Aber das ist nicht alles: Pflanzen haben auch eine kühlende Wirkung, verbessern das Stadtklima und binden Feinstaub. Wer in einem Haus mit Fassadenbegrünung lebt, profitiert von kühleren Temperaturen, unter anderem, weil die Fassade beschattet wird.
Kühlere Luft ist im Sommer vor allem in den Städten hochwillkommen. Denn wenn viele Flächen mit Asphalt und Beton versiegelt und die Grünflächen rar sind, kann die Luft nicht einmal in der Nacht richtig abkühlen. Die Folge: Es wird auf den Strassen und zwischen den Häusern mit wenig Grün dank steigender Temperaturen immer heisser.
Rosen, Geissblatt, Clematis
Um dem entgegenzuwirken, wurden in den vergangenen Jahren viele Flachdächer mit Anpflanzungen in Grünflächen umgewandelt. Das ist auch bei Fassaden möglich: Am einfachsten geht das mit Kletterpflanzen wie Rosen, Geissblatt oder Clematis.
«Zentral ist, dass die Arten optimal auf die örtlichen Klima- und Standortverhältnisse angepasst sind», sagt Michael Gerber von der Schweizerischen Fachvereinigung Gebäudebegrünung gegenüber Blick. Wenn sich private Hauseigentümer für eine Fassadenbegrünung entscheiden, sollten sie sich am besten an einen Architekten oder Gartenbauer als erste Anlaufstelle wenden, wie der Fachmann erklärt.
Besseres Raumklima
Michael Gerber kennt auch die Bedenken gegen Fassadenbegrünungen, etwa Vorbehalte wegen möglicher Schäden an der Fassade, einer Zunahme von Insekten oder hoher Erstellungs- und Unterhaltskosten. «Demgegenüber steht jedoch eine spürbare Verbesserung des Raumklimas sowie eine Erhöhung der Biodiversität und der Schaffung von neuen Lebensräumen», betont Michael Gerber.
Das Wichtigste sei jedoch, dass im Vorfeld einer beabsichtigten Begrünung mit Fachspezialisten wie Landschafts- und Hochbauarchitekten oder Gärtnern genau abgeklärt wird, was am entsprechenden Standort sinnvoll und kosteneffizient sei. So werden bereits im Vorfeld die Weichen richtig gestellt, und die Hauseigentümer wissen, worauf sie sich einlassen.
Eingebaute Bewässerungsanlage
Bei den Fassadenbegrünungen existieren unterschiedliche Modelle: Bei den sogenannten Green Walls wachsen die Pflanzen aus Gefässen oder Aufhängungen wie Vliestaschen oder Lamellen direkt an der Fassade. Diese Methode ist auf eine eingebaute Bewässerungsanlage angewiesen, um grün zu bleiben.
Zudem müssen diese Beispiele von Fachpersonen gut geplant und begleitet werden. Weniger Aufwand, Zeit und Geld kostet das sogenannte bodengebundene System: Dabei werden eine oder mehrere Kletterpflanzen vor einer Mauer in den Boden gesetzt, mit dem Ziel, sich an Fassaden mit Kletterhilfen hochzuranken.
Finanzielle Unterstützung
Seit ein paar Jahren sind immer mehr Städte europaweit sowie in der Schweiz daran, die natürliche Form der Hitzeminderung auszubauen. Zum Beispiel Aargau oder Basel, wo Anfang Juni der Weltkongress Dach- und Fassadenbegrünung stattfand. Seit Januar 2024 unterstützt die Stadt Zürich private Begrünungsprojekte mit dem Förderprogramm Stadtgrün mit Beratung und einem finanziellen Beitrag. Es soll privaten Hauseigentümern einen Anreiz geben, sich für eine Vertikalbegrünung zu entscheiden.
Derzeit ist das Projekt erst am Anlaufen. In Medienberichten ist von langen Bewilligungsverfahren oder von Beispielen mit nicht funktionierenden Bewässerungsanlagen die Rede. Doch dass die Pflanzen an den Fassaden im Innen- und Aussenraum kühlend wirken, ist unbestritten. Selbst Kritiker der staatlich geförderten Fassadenbegrünungen räumen ein, dass gemäss Studien bei begrünten Fassaden die Feinstaubbelastung sinkt, das lokale Klima abkühlt und sich der Verkehrslärm verringert.
Wilder Wein an Stahlseilen
Zu welchem Wachstum Kletterpflanzen fähig sind, zeigt das Beispiel des MFO-Parks in Zürich Oerlikon: Im Park auf dem Grundstück der ehemaligen Maschinenfabrik Oerlikon dürfen sich seit der Eröffnung des Parks 2002 zahlreiche Kletterpflanzen wie Clematis und wilder Wein an Rankhilfen aus Stahlseilen 17 Meter hochwinden. Das Stahlgerüst ist Teil eines öffentlichen Parks und nimmt die Dimension der ehemaligen Fabrik auf.
Doch die Menschen sind nicht erst in unserem Zeitalter auf die Idee gekommen, den Häusern oder anderen Gebäuden grüne Mäntelchen zu verpassen. Bereits in der Antike gefiel es den Bauherren, gezielt Dächer und Terrassen zu begrünen. Weil Weinreben an den warmen Hausmauern besser reiften, wurden in späteren Jahrhunderten in Klosteranlagen die Mauern genutzt, um Wein anzubauen. Zudem hatten Spalierobst, rankendes Efeu, Rosen und Weinreben auch eine sehr dekorative Wirkung. Ein Argument, das bis heute seine Gültigkeit hat.