Im arkadischen Paradies
Das sind die Highlights der Peloponnes

Die Peloponnes liegen abseits der Touristenströme. Reiseredaktor Christian Bauer hat den Süden Griechenlands besucht und dort das Heulen von Schakalen gehört, herzliche Menschen getroffen, paradiesische Gegenden entdeckt und gefühlt 1000 griechische Salate gegessen.
Publiziert: 11:54 Uhr
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Typische Fischerdorf-Idylle auf der Peloponnes.
Foto: Christian Bauer

Darum gehts

  • Peloponnes: Griechisches Festland abseits der Touristenströme mit authentischem Flair
  • Antike Stätten wie Olympia und Mykene bieten faszinierende Einblicke
  • Über 2800 Jahre alte Epen inspirieren bis heute die Literatur
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Christian BauerReise-Journalist

Ein Flughafen verrät oft mehr über ein Reiseziel als jeder Werbeprospekt. In Kalamata, fast ganz im Süden des griechischen Festlands, trifft das voll und ganz zu. Der Airport wirkt wie ein Regionalbahnhof: Zum Terminal gehts zu Fuss übers Rollfeld, das Gepäckband ruckelt müde vor sich hin, ein Café sucht man vergeblich. Selbst die Grenzbeamten – bei gerade einmal fünf ankommenden Flügen pro Tag – plaudern entspannt im Schatten. Schon nach wenigen Minuten ist klar: Die Peloponnes liegen fern aller Touristenströme.

Peloponnes – Griechenland abseits der Massen

Wie jede verschlafene Provinz verspricht auch Peloponnes Ferien mit Tiefgang. Auf der «Hand» mit ihren vier fingerförmigen Halbinseln reihen sich kleine Boutiquestädtchen aneinander, eingebettet in mediterrane Natur (oh, wie herrlich duftet es hier!). In den Tavernen kochen Grossmütter bodenständige Hausmannskost, die Menschen empfangen einen mit echter Herzlichkeit und antike Stätten stehen so dicht beieinander, wie man es nur in Griechenland findet.

Kurzum: Die Peloponnes ist das ideale Pflaster für alle, die abseits der Massen kopfüber ins griechische Lebensgefühl eintauchen wollen. Drei Wochen bin ich über die Halbinsel getourt – und war schon seit der Landung auf diesem verstaubten Miniflughafen restlos begeistert.

Das sind meine Highlights: 

Koroni – wohltuend authentisch

Wann immer ich am Mittelmeer unterwegs bin, träume ich vom Auswandern – vielleicht sollte ich es wirklich einmal wagen. Entsprechend fallen mir Häuser auf, in denen ich mir ein Leben vorstellen könnte: ein Heim mit Seele, mit Patina, die Geschichten erzählt; ein Olivenbaum vor der Tür und ein Steintisch für lange Abende unter südlichem Himmel. Genau so ein Häuschen, mit Blick aufs Meer und eine geschützte Bucht, habe ich auf dem Festungshügel von Koroni entdeckt. Ich würde sofort einziehen, stünde es nicht mitten im weitläufigen Garten eines Nonnenklosters. Die Schwestern bewiesen Sinn für Schönheit, als sie in die ehemalige venezianische Burg einzogen. Von der Landzunge schweift der Blick weit übers Mittelmeer – genau deshalb errichteten die Venezianer hier einst eine Festung, um ihre Handelsrouten zu überwachen.

Neben dem Kloster verteilen sich ein paar Häuser und ein grosser Olivenhain über das Plateau – schon das allein lohnt den Abstecher. Unten am Fuss des Hügels schmiegt sich das kleine, moderne Dörfchen ans Wasser und zählt für mich zu den charmantesten Fischerorten der Peloponnes. Am Hafenkai reiht sich eine Handvoll Fischrestaurants aneinander; entlang der Hauptstrasse und rund um den Dorfplatz gibt es gerade drei geschmackvoll eingerichtete Souvenirläden – vom internationalen Tourismus keine Spur. Und genau das macht Koroni so wohltuend authentisch.

Übernachtungstipp: Als Basis zur Erkundung der Messina-Halbinsel bietet sich das Camvillia-Resort im Ort Vounaria an. Auf einem Hang gelegen, bereitet sich ein schöner Blick über die Bucht von Koroni bis hinüber zur Mani-Halbinsel aus. 

Der Palast des Nestor und das mystische Mykene

Schon die alten Griechen wussten, wie man eine gute Geschichte erzählt: Man nehme Helena, die schönste Frau der Welt, einen jungen Liebhaber, Eifersucht, Rache und verletzte Ehre, würze das Ganze mit den Launen unberechenbarer Götter sowie den grössten Helden der griechischen Welt, die ausziehen, um die untreue Gattin zurückzuholen – fertig ist eine der bedeutendsten Erzählungen der europäischen Geistesgeschichte. Seit rund 2800 Jahren inspirieren Homers Epen «Ilias» und «Odyssee» die Literatur. Darin tummeln sich archetypische Figuren wie der listenreiche Odysseus, der Heerführer Agamemnon, die Seherin Kassandra, der eitle Achill und der weise Nestor.

Natürlich verbannt die Wissenschaft diese Gestalten ins Reich der Mythen. Doch eine Rundreise über die Peloponnes wird umso mystischer, wenn man sich vorstellt, dass die Helden von einst tatsächlich gelebt haben. Noch heute, fast 3000 Jahre nachdem die Ereignisse der «Ilias» und «Odyssee» spielen, lässt sich ihre Geschichte sprichwörtlich mit Händen greifen.

Nahe der Stadt Pylos im Südwesten der Peloponnes erhebt sich der Palast des Nestor, eine Festungsanlage aus dem 14. Jahrhundert v. Chr. Erstaunlich viele Details sind erhalten geblieben: die Feuerstelle im Thronsaal, Amphoren für Wein und Öl, sogar die bemalte Badewanne der Königin. Weiter östlich liegt die berühmte Ausgrabungsstätte Mykene mit ihren wuchtigen, laut Mythos von Zyklopen errichteten Mauern, in denen einst der Heerführer Agamemnon gelebt haben soll. Beide Orte sind Garant für Glücksgefühle bei Geschichts- und Kulturbegeisterten. Vielleicht ist auf dem Pflaster unter dem Löwentor in Mykene wirklich einst Agamemnon geschritten – macht das nicht ein bisschen Gänsehaut?

Olympia – das Original

Wer hats erfunden? Natürlich die alten Griechen. Was entstand nicht alles im schönen Hellas: Philosophie, Astrologie, Geometrie, Medizin – und die Demokratie. Doch neben dem Denken und Politisieren begeisterten sich die Hellenen auch für die Ästhetik des menschlichen Körpers. Vielleicht riefen sie deshalb im Jahr 776 v. Chr. die Olympischen Spiele ins Leben, um ihren höchsten Gott Zeus zu ehren. Die Spiele der Antike (die moderne Variante entstand erst im 19. Jahrhundert) fanden alle vier Jahre im Heiligtum von Olympia statt, wo einst eines der sieben Weltwunder stand: eine kolossale Zeus-Statue aus Elfenbein und Gold.

Kleines Reise-ABC

Hinkommen: Edelweiss Air fliegt von Zürich direkt nach Kalamata (ausser Dezember und Januar).

Buchen: Der Schweizer Reiseveranstalter Travelhouse bietet individuell arrangierte Aufenthalte und Rundreisen durch die Region an.

Rumkommen: Es ist möglich, den Peloponnes mit dem ÖV zu bereisen, flexibler und einfacher geht es mit einem Mietwagen. Am Flughafen von Kalamata sind mehrere Vermieter ansässig.

Ein Wort zum Autofahren: Beim Autofahren erlebt man in Griechenland ein Gefühl grosser Freiheit: Verkehrsschilder dienen hauptsächlich der Dekoration und sagen nichts aus über das Verhalten im Strassenverkehr. Das bedeutet: Auch wenn es auf vielen Strecken wenig Verkehr gibt, sollte man auf unerwartete Manöver vorbereitet sein und eher defensiv unterwegs sein.

Hinkommen: Edelweiss Air fliegt von Zürich direkt nach Kalamata (ausser Dezember und Januar).

Buchen: Der Schweizer Reiseveranstalter Travelhouse bietet individuell arrangierte Aufenthalte und Rundreisen durch die Region an.

Rumkommen: Es ist möglich, den Peloponnes mit dem ÖV zu bereisen, flexibler und einfacher geht es mit einem Mietwagen. Am Flughafen von Kalamata sind mehrere Vermieter ansässig.

Ein Wort zum Autofahren: Beim Autofahren erlebt man in Griechenland ein Gefühl grosser Freiheit: Verkehrsschilder dienen hauptsächlich der Dekoration und sagen nichts aus über das Verhalten im Strassenverkehr. Das bedeutet: Auch wenn es auf vielen Strecken wenig Verkehr gibt, sollte man auf unerwartete Manöver vorbereitet sein und eher defensiv unterwegs sein.

Aus der gesamten griechischen Welt, die in ihrer grössten Ausdehnung fast das ganze Mittelmeer umfasste, reisten die stärksten, schnellsten und geschicktesten Jünglinge an, um sich im Rennen, Diskuswerfen oder Ringen zu messen. Dem Sieger winkten ein Lorbeerkranz und ewiger Ruhm – die Namen vieler Gewinner sind bis heute überliefert. Bis zu hunderttausend Besucher sollen den Wettkämpfen beigewohnt haben.

Olympia zählt dank der modernen Spiele zu den berühmtesten Orten Griechenlands. Zu sehen sind die Fundamente und teils aufgerichtete Säulen- und Arkadenreste des Zeus-Tempels, dazu Unterkünfte, Wirtschaftsgebäude und Trainingsstätten. Obwohl Erdbeben viele Bauwerke zu Fall brachten, lässt sich die Spannung vergangener Wettkampftage noch immer erahnen. Höhepunkt ist das Stadion der Laufwettbewerbe, in dem sich die originale Start- und Ziellinie aus Marmor erhalten hat. Genau hier fanden einst – wie heute – Jubel, Tränen und unendlicher Applaus ihren Höhepunkt.

Ebenso eindrücklich ist das archäologische Museum von Olympia, das zahlreiche Votivgaben zeigt, welche Gläubige vor über 2000 Jahren Zeus darbrachten. Ein Besuch – unbedingt!

Übernachtungstipp: Das Hotel Europa oberhalb des Dorfs Olympia bietet geschmackvoll eingerichtete Zimmer, eine stimmungsvolle Taverne unter Olivenbäumen und ein reichhaltiges Frühstück. Von hier erreicht man die Ausgrabungsstätte in etwa zehn Minuten zu Fuss – ideal, um schon früh am Morgen durch das antike Heiligtum zu streifen.

Mani – Griechenlands rauer Mittelfinger

Wenn über der Mani-Halbinsel die Nacht herabsinkt, hallt das vielstimmige Heulen der Goldschakale von den Berghängen – ein Schauer läuft den Rücken hinunter. Das Gejaule ist faszinierend und unheimlich zugleich. Überhaupt umweht die Mani, den mittleren der drei fingerförmigen Ausläufer des Peloponnes, eine geheimnisvolle Aura. Im Norden noch grün, verwandelt sich die Landschaft Richtung Süden in eine Halbwüste aus kargem Kalkstein, in der zähes Buschwerk ums Überleben ringt – kein Wunder, dass die alten Griechen glaubten, am Kap Tainaron befinde sich das Tor zur Unterwelt. Noch heute steht dort ein kleiner Poseidontempel, der an diesen Mythos erinnert.

Die Strassen, schmal wie ein Trottoir und serpentinenreich, schrecken viele Besucher ab; oft hat man den südlichsten Zipfel des griechischen Festlands ganz für sich allein. Am Kap Tainaron liegt auch mein liebster Badeplatz: eine winzige Bucht mit einem einzigen Schattenbaum – perfekt für endlose Stunden, untermalt vom Zirpen der Zikaden.

Was man auf der Mani nicht verpassen sollte 

Vathia – Dorf der Himmelstürme

Die Manioten galten als streitlustig und stolz. Ausdruck dieser Mentalität sind die wehrhaften Wohntürme, die weniger Verteidigung als Prestige dienten: Je höher der Turm, desto grösser das Ego. Besonders in Süd-Mani wirken ganze Dörfer wie Trutzburgen – das spektakulärste ist Vathia, ein Hügelort, dessen steinerne Türme aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammen.

Areopoli – Stadt des Kriegsgottes

Areopoli, nach dem Kriegsgott Ares benannt, war der Funke des griechischen Freiheitskampfs: Am 17. März 1821 erhoben sich hier die Manioten gegen die Osmanen. Heute präsentiert sich die «Stadt des Kriegsgottes» als malerisches Schmuckstück mit Kopfsteingassen, gemütlichen Cafés und Tavernen – vom einstigen Aufstandsgeist zeugt nur noch das bronzene Standbild von Petros Mavromichalis auf dem Hauptplatz.

Kardamyli – auf den Spuren Patrick Leigh Fermors

Für Reiseschreiber ist Kardamyli fast eine Pilgerstätte: In einem Olivenhain am Ortsrand steht das Haus des britischen Autors Patrick Leigh Fermor, dessen Bücher die Mani weltberühmt machten. Das Anwesen kann an ausgewählten Tagen besichtigt werden. Anschliessend lohnt eine Rundwanderung über alte Eselspfade ins hügelige Hinterland.

Arkadien – Sehnsuchtslandschaft im Herzen der Peloponnes

Keine Region hat je so starke Sehnsüchte geweckt wie Arkadien. Besonders in Klassik und Romantik träumten Dichter, Intellektuelle und Weltenbummler von diesem legendären Landstrich, in dem Bauern und Hirten im Einklang mit Natur und Kosmos leben sollten. Viele verorteten Arkadien irrtümlich im süditalienischen Kampanien – ein Blick auf die Landkarte zeigt jedoch, dass das echte Arkadien mitten in der Peloponnes liegt. Schon die alten Griechen dichteten ihm eine besondere Aura zu: Hier soll der Ziegengott Pan flötespielend durch dichte Wälder und über karge Bergrücken gestreift sein.

Pan habe ich zwar nicht getroffen, dafür aber Hirten mit Schafs- und Ziegenherden, deren schwungvolle Hörner Dutzende Zentimeter lang sein können. Würden die Männer nicht am Handy telefonieren oder auf knatternden Motorrädern über die Hochebene rattern, man wähnte sich leicht in längst vergangener Zeit.

Als Basislager bietet sich das Bergdörfchen Dimitsána (rund 950 m ü. M.) an, wo es selbst im Hochsommer angenehm kühl bleibt. Von hier startet eine der schönsten Wanderungen Arkadiens: die gut zwölf Kilometer lange Route nach Stemnitsa. Sie führt durch die eindrucksvolle Lousios-Schlucht, in deren Tiefen der gleichnamige Fluss über Felsblöcke gurgelt. Unterwegs passiert man mehrere Klöster, die wie Vogelnester an steilen Felswänden kleben – allen voran das spektakulär gelegene Kloster Prodromou und das geheimnisvolle Philosophou-Kloster. Steht das Tor offen, freuen sich die Mönche über Besuch und laden bei einem Schwatz zu Kaffee und Guetsli (manchmal auch zu Loukoumi) ein.

Der permanente Soundtrack ist das Summen der Zikaden, das so herrlich nach vergnügten Sommertagen klingt, und es duftet nach Thymian und Salbei: Spätestens dann versteht man, weshalb Arkadien über Jahrtausende zur Projektionsfläche für die Suche nach einem irdischen Paradies wurde.

Dieser Text entstand (teilweise) im Rahmen einer Pressereise. 


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