Darum gehts
Eine Trennung ist ein heftiger Einschnitt ins Leben. Manche fühlen sich danach befreit, andere – in der Regel die Verlassenen – hingegen leer, zurückgewiesen, einsam. Nun müssen Strategien her, um über das Liebes-Aus hinwegzukommen und Schmerz und Trauer zu verarbeiten.
Nicht wenige Menschen setzen dann auf sogenannten Rebound Sex. Das heisst, sie steigen nach einer Trennung so bald wie möglich mit einer neuen Person ins Bett. Doch was sind die genauen Absichten dahinter?
Sex als Ego-Pusher und Schmerzmittel
Der Psycho- und Sexualtherapeut Ben Kneubühler nennt verschiedene Gründe und Bedürfnisse, die für Rebound Sex sprechen. Da sei zum Beispiel die Suche nach Nähe und Geborgenheit: «Nach einer Trennung sind wir auf emotionalem Entzug.» Auch die Bestätigung, dass man noch begehrt wird, könne ein Motiv sein. Einige frisch Getrennte suchen wiederum hauptsächlich nach Ablenkung vom Kummer. «Wenn der Körper beschäftigt ist, ist das Herz kurz still», erklärt Kneubühler. Aber auch das Bedürfnis, wieder Kontrolle zu haben, nachdem man gerade Ohnmacht erlebt hat, spiele häufig eine Rolle.
Kurzfristig könne Rebound Sex auch tatsächlich helfen, über eine Trennung hinwegzukommen. «Er kann das Gefühl geben, nicht völlig allein zu sein und den Körper wieder ‹lebendig› machen», sagt der Therapeut. Zudem wirke er wie eine Art Schmerzmittel: «Er betäubt den Kummer für den Moment.» Aber genau wie bei Schmerzmittel gelte auch bei Rebound Sex: Als Dauermittel funktioniert er nicht. Setze man zu lange darauf, verpasse man die eigentliche Heilung.
Auf lange Frist nicht sättigend
Ben Kneubühler sagt: «Rebound Sex ist wie Fast Food für die Seele – schnell verfügbar, macht kurz satt, ist aber selten nachhaltig nährend.» Manche würden nach dem Rebound Sex sogar einen regelrechten «emotionalen Kater» erleben. «Der Kontakt gibt nämlich oft nicht das, was wir wirklich brauchen: eine sichere, tiefe Bindung», sagt Kneubühler. Das könne die Einsamkeit unter Umständen verstärken. Und wer Trauer und Schmerz immer wieder aufs Neue überdeckt, schiebe die eigentliche Verarbeitung auf.
Besser wäre es laut Kneubühler, den Kummer zuzulassen. Er findet: «Gefühle sind nicht unsere Feinde, sie zeigen uns den Weg.» Er rät, mit Freunden und Familie über die Trennung und die negativen Gefühle zu sprechen, um sie besser verarbeiten zu können. Zudem sollte man nach einer Trennung besonders gut auf sich achten. Der Experte empfiehlt viel Bewegung, ausreichend Schlaf und kleine Routinen, die Sicherheit geben. Zudem sollte der Humor nicht unterschätzt werden: «Manchmal hilft es, die Absurdität einer Trennung zu sehen – das bringt Leichtigkeit zurück.» Wenn nötig, sollte man sich aber nicht scheuen, nach einem Beziehungsende professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.