Schritt für Schritt zum richtigen ETF
Auf welchen «Heuhaufen» soll man setzen?

Günstig anlegen in Zeiten volatiler Märkte? Die Antwort heisst Exchange Trades Funds, kurz ETF. Aber die Auswahl will gut überlegt sein. Expertin Annette Matzke und Finanzprofessor Florian Weigert geben Einblicke in die Vor- und Nachteile, vom Index bis zur Besteuerung.
Publiziert: 11:45 Uhr
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Aktualisiert: 11:46 Uhr
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An der Börse gibt es einige Tipps und Tricks.
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Darum gehts

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Olivia RuffinerRedaktorin

In Zeiten volatiler Märkte sind Begriffe wie «stabile Dividendenentwicklung» und «solide Rentabilität» für Anlegerinnen und Anleger besonders attraktiv. Solche Versprechen werden schnell mit Exchange Traded Funds (ETFs) in Verbindung gebracht. 

Ein ETF ist ein börsengehandelter Fonds. Das Anlageprodukt bildet einen Index, beispielsweise den S&P 500 ab. Dieser listet die 500 grössten US-Firmen. Steigt der S&P 500, nimmt auch der Wert des ETFs zu. Fällt der Wert, büsst auch der ETF ein. ETF-Erfinder John Bogle fasst die Strategie einfach zusammen: «Suche nicht nach der Nadel im Heuhaufen. Kaufe einfach den Heuhaufen.»

Doch auf welchen Heuhaufen solltest du setzen? ETF-Expertin Annette Matzke und Finanzprofessor Florian Weigert erklären, was bei der Auswahl wirklich zählt. Es zeigt sich: Theorie und Praxis sind sich in vielen Punkten einig, aber nicht überall.

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Index und Streuung

«Die vermeintliche Sicherheit eines ETFs beruht auf der Diversifikation, also der Verteilung auf viele Einzeltitel», sagt Matzke. Doch wie breit die Streuung ausfällt, hängt vom gewählten Index ab. Ein ETF auf den MSCI World etwa enthält zwar über 1400 Unternehmen, allerdings stammen über 65 Prozent aus den USA. Noch breiter aufgestellt ist der FTSE All World, der fast 2500 Unternehmen aus Industrie- und Schwellenländern abdeckt.

Weigert warnt allerdings vor der Illusion totaler Streuung: «Einige Indizes sind stark von bestimmten Branchen oder Ländern geprägt, etwa der S&P 500, der aktuell techlastig ist. Das birgt ein Konzentrationsrisiko, selbst in einem scheinbar breiten Index.»

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Kosten

ETFs sind günstig, aber vergleichen lohnt sich. «Schon 0,1 Prozent Unterschied bei der jährlichen Total Expense Ratio (TER) machen auf 20 Jahre eine spürbare Differenz aus», so Matzke. Breite Welt-ETFs gibt es bereits ab 0,15 TER während thematische oder aktive ETFs oft deutlich mehr kosten. Weigerts Devise: «Je günstiger, desto besser.»

Bei Themen-ETF gehen die Meinungen auseinander

Thematisch spezifische ETF richten sich nach bestimmten Klassifizierungen. Sie können Aktien und Anlagen enthalten, die mit künstlicher Intelligenz, Nachhaltigkeit oder anderen Bereichen verbunden sind.

Annette Matzke findet thematische ETF eine gute Beimischung zu einem ausgewogenen Portfolio. «Themen-ETFs setzen auf Zukunftstrends, bin ich überzeugt, dass Menschen immer länger leben, investiere ich gezielt in ETF aus dem Bereich Health und Pharma.» Jedoch sollte der Portfolio-Anteil von thematischen ETF nie höher als 5 und 15 Prozent liegen. «Oftmals kommen solche ETF erst auf den Markt, wenn der Hype im Gange ist», sagt sie. Daher lohne sich ein Blick in die USA, dort deuten sich spannende Themen meist früher als in Europa an.

«Diese Fonds performen im Durchschnitt schwach», sagt Florian Weigert. Denn der Hype sei in den meisten Fällen bereits vorbei: «Man läuft dem Trend hinterher.» Bei Nachhaltigkeitsprodukten ist er ebenfalls zurückhaltend. Solche Fonds seien in seinen Augen eher eine Möglichkeit für Fondsgesellschaften Profit zu machen. «Wenn ich mit meinem Geld etwas Gutes tun möchte, dann würde ich in Impact-Investing-Projekte spenden.»

Thematisch spezifische ETF richten sich nach bestimmten Klassifizierungen. Sie können Aktien und Anlagen enthalten, die mit künstlicher Intelligenz, Nachhaltigkeit oder anderen Bereichen verbunden sind.

Annette Matzke findet thematische ETF eine gute Beimischung zu einem ausgewogenen Portfolio. «Themen-ETFs setzen auf Zukunftstrends, bin ich überzeugt, dass Menschen immer länger leben, investiere ich gezielt in ETF aus dem Bereich Health und Pharma.» Jedoch sollte der Portfolio-Anteil von thematischen ETF nie höher als 5 und 15 Prozent liegen. «Oftmals kommen solche ETF erst auf den Markt, wenn der Hype im Gange ist», sagt sie. Daher lohne sich ein Blick in die USA, dort deuten sich spannende Themen meist früher als in Europa an.

«Diese Fonds performen im Durchschnitt schwach», sagt Florian Weigert. Denn der Hype sei in den meisten Fällen bereits vorbei: «Man läuft dem Trend hinterher.» Bei Nachhaltigkeitsprodukten ist er ebenfalls zurückhaltend. Solche Fonds seien in seinen Augen eher eine Möglichkeit für Fondsgesellschaften Profit zu machen. «Wenn ich mit meinem Geld etwas Gutes tun möchte, dann würde ich in Impact-Investing-Projekte spenden.»

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Replikationsart

Ein ETF kann seinen Index physisch nachbilden (durch echten Aktienkauf) oder synthetisch (über Tauschgeschäfte, sogenannte Swaps). «Beide Arten sind insolvenzgeschützt», betont Matzke. Weigert sagt: «Physisch ist für viele Anleger transparenter, man sieht, was drin ist. Synthetische ETFs können günstiger sein, deren Konstruktion ist allerdings für viele Anleger schwierig zu verstehen.»

Das Replikationsrisiko beschreibt die Zwickmühle, dass kein Index zu 100 Prozent nachgebildet werden kann. Das bedeutet, dass der ETF selten den exakt gleichen Stand, wie der Index hat, den er nachbildet. «Ich würde im Zweifelsfall zu einer physischen Replikation tendieren, da dieser Ansatz grundsätzlich durchschaubarer ist», sagt Weigert.

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Grösse

«Als gross gelten ETFs mit einem Volumen ab 100 Millionen Franken. Doch die Grösse eines ETFs ist nicht so wichtig, wie viele denken», sagt Matzke. Wichtiger sei der Zugang zum zugrundeliegenden Markt.

Weigert fügt hinzu, dass ein kleiner ETF auf den S&P 500 oft liquider ist als ein grosser Nischenfonds auf beispielsweise argentinische Finanztitel. 

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Emittent

«Schau, von wem der ETF stammt», rät Weigert. Grosse Anbieter wie iShares (BlackRock), Vanguard oder UBS stehen für transparente Produkte und gute Handelbarkeit. Exoten können günstiger sein, aber bergen teils operative Risiken.

Bei diesen Verkaufsargumenten solltest du hellhörig werden
  • «Sichere Gewinne in Zukunft»: Niemand kann Börsenentwicklungen wirklich vorhersagen.
  • «Garantierte Renditen»: Vergangene Renditen können keine Prognose für künftige Renditen sein.
  • «Schlägt den Markt jedes Jahr»: Kein ETF kann konstant besser als sein Index abschneiden.
  • «Null-Gebühren-ETFs»: Es fallen zwar beispielsweise keine Depot- oder Währungswechsel-, Kauf- und Verkaufskosten an, aber dennoch zahlt man in der Regel die Produktkosten.
  • «Perfekte Absicherung gegen Markteinbrüche»: Selbst defensive ETFs verlieren bei Crashs an Wert.
  • «Jetzt sofort kaufen, bevor die Chance vorbei ist»: Zeitdruck ist ein klassischer Verkaufstrick.
  • «Sichere Gewinne in Zukunft»: Niemand kann Börsenentwicklungen wirklich vorhersagen.
  • «Garantierte Renditen»: Vergangene Renditen können keine Prognose für künftige Renditen sein.
  • «Schlägt den Markt jedes Jahr»: Kein ETF kann konstant besser als sein Index abschneiden.
  • «Null-Gebühren-ETFs»: Es fallen zwar beispielsweise keine Depot- oder Währungswechsel-, Kauf- und Verkaufskosten an, aber dennoch zahlt man in der Regel die Produktkosten.
  • «Perfekte Absicherung gegen Markteinbrüche»: Selbst defensive ETFs verlieren bei Crashs an Wert.
  • «Jetzt sofort kaufen, bevor die Chance vorbei ist»: Zeitdruck ist ein klassischer Verkaufstrick.
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Domizil & Steuern

«Die Besteuerung von Kapitalgewinnen unterscheidet von Land zu Land», sagt Florian Weigert. Das Domizil hat Einfluss auf die Quellensteuer auf Dividenden und somit auf die Netto-Rendite. Die Praktikerin Annette Matzke spricht aus Erfahrung: «Für Schweizer Anleger sind ETFs mit Domizil in Irland oder Luxemburg meist günstiger.» Für manche ETFs mit US-Aktien gebe es zudem bis zu 30 Prozent weniger Steuern auf Dividenden. Der Domizilcode ist im ETF-Kürzel zu finden: «IE» steht für Irland, «LU» für Luxemburg und «CH» für die Schweiz.

Es ist also nicht so einfach, sich ein passives Einkommen zu generieren. Der Kauf eines ETFs und der Aufbau eines Anlageportfolios müssen gut überlegt sein. Florian Weigert sagt: «Wer passiv investieren will, muss sich aktiv mit seiner Anlagestrategie befassen.»

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