Darum gehts
«Aska» ist ein Computerspiel – bei dem man unter anderem Wolfswelpen domestizieren kann. Diesen Traum erfüllen sich viele Menschen mit Wolfshunden, die sie nicht selten auf den Social Media zur Schau stellen. Das hat Folgen: Die Nachfrage ist riesig – nicht nur nach wolfsähnlichen Hunden, sondern auch nach tatsächlichen Kreuzungen, sogenannten Hybriden. Und wo eine Nachfrage, da ein Geschäft. Es brauche nicht einmal ein Darknet, um sich einen Wolfshybrid zu bestellen, sagt Wildbiologe Marc Zihlmann. Einige Mausklicks reichen. «Und mit welcher Wolfart gekreuzt wird, kannst du auch noch wählen.»
Besitzer kämpft um Rückgabe
Zihlmann ist Zooleiter des Tierrettungsparks Sikypark in Crémines BE. Hier finden Wildtiere in Not ein Zuhause – darunter zurzeit auch drei Wolfshybride. Eine davon ist die zweijährige Aska. Sie wurde ihrem Besitzer mittels Gerichtsentscheid weggenommen und im Sikypark untergebracht. Der Veterinärdienst fand die vermeintliche Hündin allein in einer Wohnung, mit einem Band um den Hals, das vibrierte, wenn sie heulte. Ein Test zeigte: Askas DNA besteht zu 44 Prozent aus Grauwolf. Ihr Besitzer kämpft derzeit per Petition um ihre Rückgabe. Seine Begründung: «Sie ist meine Familie.»
In der Schweiz darf ein Hund maximal 25 Prozent Wolfsgene haben, damit er als Hund gilt und als solcher gehalten werden darf. Die Haltung einer Wolf-Hund-Kreuzung ist illegal. Und doch leben Wolfshybride auch bei uns als Haustiere. Marc Zihlmann: «Diese Tiere sind auf dem Papier Hunde, kommen mit implantiertem Chip und gefälschten Zuchtpapieren zu ihren Besitzern. Und nicht nur aus dem Ausland. Mir sind auch Züchter in der Schweiz bekannt, die diesen Service anbieten.» Dies nachzuweisen, sei schwierig. Zuverlässige DNA-Tests sind in der Schweiz nicht standardmässig möglich. Und das Geschäft mit den Wolfshybriden floriert. Gemäss Zihlmann gibt es Züchter, die mit ihnen pro Jahr 150'000 Euro Umsatz machen: «So ein Hybridwelpe kostet zwischen 3000 und 5000 Euro. Einen Wolf kriegt man auch – für deutlich weniger.»
Die Hybridzucht ist eine Qualzucht. Die dem Tier zugefügten Deformationen seien bei den Wolfshybriden nicht körperlich erkennbar, sondern psychischer Natur: «Es sind Tiere mit einer Persönlichkeitsstörung. Sie haben die Bedürfnisse eines Wolfes und die Veranlagung eines Hundes», erklärt Zihlmann. Der Hybrid will ähnlich dem Hund gefallen, ist intelligent, lernt und hat keine Angst vor Menschen. Doch wie der Wolf ist er auch misstrauisch, will verteidigen, jagen und kennt keine Leinenführigkeit. Marc Zihlmann: «Eine Haltung dieser Tiere ist niemals tiergerecht und überfordert die Besitzer. Haut ein Wolfshybrid ab, kommt er so schnell nicht wieder. Eher macht er sich auf die Suche nach einem Rudel – und taucht dann plötzlich mitten in einem Dorf auf, weil er doch die Nähe des Menschen sucht.»
In der Schweiz sind gemäss Marc Zihlmann bereits 15 Prozent der Wolfspopulation Hybriden – teils entstanden durch Verpaarungen mit streunenden Hunden oder eben durch Wolfshybriden, die sich einem Rudel angeschlossen haben. Seine Sonderbarkeit macht den Wolf im Hundepelz unberechenbar, dem eigentlichen Wolf gar überlegen. Marc Zihlmann geht noch weiter: «Er ist gefährlicher als der Wolf. Wer den Wolf schützen will, muss den Hybrid ausmerzen. Denn er wird den Wolf überleben.»