Dem Polizei-Berater Patrick Jane («The Mentalist») genügt ein Blick, um Täter und Opfer zu durchschauen. Die Realität ist bekanntlich komplizierter. Das Sicherheitspersonal an Flughäfen greift darum auf spezialisierte Verfahren zurück, um möglichst vielen Kriminellen auf die Schliche zu kommen. Weit verbreitet ist die Methode, auf verdächtige Anzeichen wie Nervosität oder mangelnden Augenkontakt zu achten.
«Falsches Gefühl der Sicherheit»
Diese Methode werde auf Flughäfen in den USA, Grossbritannien und vielen anderen Ländern angewandt, sagt Thomas Ormerod, Leiter der School of Psychology an der University of Sussex in England. Und das, obwohl sich die Methode weder im Labor noch im Alltag als erfolgreich erwiesen habe: «Die Erfolgsquote liegt bei gerademal 0 bis 3 Prozent. Darüber hinaus kostet das Verfahren viel Geld, braucht Zeit und gibt den Menschen ein falsches Gefühl der Sicherheit.»
Zusammen mit Coral Dando von der University of Wolverhampton hat Ormerod nun eine neue Befragungstechnik entwickelt, die in einem Grosstest erstaunlich gut abschnitt. Wie die Forscher im «Journal of Experimental Psychology» berichten, enttarnten die Interviewer mit der neuen Technik 66 Prozent der zum Lügen instruierten Testpersonen – und das, obwohl diese nur einen Bruchteil der überprüften Passagiere ausmachten. Der Grosstest wurde während acht Monaten an acht internationalen Flughäfen in Europa durchgeführt – unter anderem in Zürich.
66 Prozent der Lügner wurden im Test enttarnt
Die geprüfte neue Befragungstechnik «Controlled Cognitive Engagement» (CCE) basiert auf verschiedenen Laborversuchen. Dabei werden die Befragten in einem kontrollierten Interview unter kognitive Belastung gesetzt. Ein solches Gespräch wirkt für den Passagier nicht wie ein Verhör, sondern eher wie eine zwanglose Plauderei, bei der der Sicherheitsbeamte jedoch immer wieder unvorhersehbare Fragen zu Bereichen einflicht, auf die ein ehrlicher Fluggast eine Antwort wissen müsste (wie hiess der Rektor Ihrer Schule? Wie lange dauert Ihr Flug?).
Entscheidend sei dann aber nicht die richtige Antwort, sondern verbale Signale wie etwa kürzere und ausweichende Antworten auf einfache Fragen. Lügner verraten sich zum einen durch widersprüchliche Angaben, aber vielmehr noch durch ihre wachsende Angst vor weiteren Fragen beziehungsweise weiteren Antworten. Die Folge sei ein spezielles Sprachverhalten, das der Interviewer zu erkennen einübt. Zum Beispiel neigen Menschen beim Erzählen einer Lügengeschichte dazu, zunächst übermässig viele Details zu erwähnen. Werden die Fragen jedoch komplizierter werden die Antworten knapper, und Lügner versuchen, das Gespräch in vertraute Gebiete zurückzulenken.
Satte Belohnung
Trotz einer Belohnung von 60 britischen Pfund für jeden erfolgreicher Lügner scheiterten die Probanden (darunter Schauspieler und verdeckte Ermittler) reihenweise und teilweise sogar mehrfach. Ein Teil der Untersuchungen wurde auch mit «echten» Passagieren durchgeführt.
Die Forscher sind über die Ergebnisse erfreut. Die Erkenntnisse könnten erheblich dazu beitragen, Terroranschläge zu vereiteln und andere Kriminelle zu überführen. Nebst dem geprüften Einsatz am Flughafen könnte die CCE-Methode von Polizeibeamten oder vor Gericht verwendet werden.