Süsse Menschen- oder Tierbabys lösen bei vielen von uns den starken Drang aus, das kleine Lebewesen ganz fest zu drücken oder hineinzubeissen. Dieses widersprüchliche Gefühl namens Cute Aggression haben Neurologen aus den USA nun untersucht.
Dafür zeigten sie 54 Testpersonen vier Blöcke von Bildern: Tierbabys, Tiere im Erwachsenenalter sowie niedliche und weniger niedliche Baby-Fotos. Nach jedem Block mussten die Probanden einen Fragebogen darüber ausfüllen, wie sie sich fühlten. Der Versuch zeigte: Nach dem Anschauen der Bilder von Tier- und Menschenbabys fühlten sich die Testpersonen eher aggressiv und überwältigt, als nach dem Anschauen von Bildern mit ausgewachsenen Tieren.
Was beeinflusst diese Reaktion?
Dass eine starke Emotion eine gegenteilige Reaktion auslösen kann, ist keine Seltenheit. Vor Freude zu weinen ist eines der bekanntesten Beispiele für diese sogenannten dimorphen Emotionsausdrücke. Oder auch das Verlangen, beim Sex zuzubeissen. Aber was löst diese Gefühle aus? Laut Sascha Frühholz, Leiter der Arbeitsgruppe für kognitive und affektive Neurowissenschaften am Psychologischen Institut der Universität Zürich, handelt es sich dabei um einen Schutzmechanismus des Gehirns: «Manche überwältigende Emotionen bringen das Gehirn an eine Grenze, an der es nicht mehr zurechtkommt. Dass es mit einer gegenteiligen Reaktion auf diese Emotionen kontert, ist eine Strategie, mit der Überforderung umzugehen», erklärt der Hirnforscher.
Tatsächlich zeigte eine frühere Studie, dass jene Probanden, die sich beim Anblick von Babys aggressiv fühlten, auch schneller wieder zu einem neutralen Gemütszustand zurückkehrten. Die Forschenden vermuten, dass Cute Aggression eine durchaus wichtige Funktion hat. Denn wer wegen der Niedlichkeit des eigenen Kindes ständig ausflippt, kann sich auch nicht mehr genügend um seinen Sprössling kümmern.