Loris Kolb aus Böbikon AG ist happy. «Ich bekomme eine Spange», freut sich der Viertklässler und sitzt mit weit geöffnetem Mund auf dem Zahnarztstuhl. Er hört gespannt zu, was ihm Agnes Karadi erklärt. Sie ist Fachzahnärztin für Kieferorthopädie an der Klinik Zahnmedizin Zürich Nord. «Links ist die Verzahnung nicht perfekt. Die Zähne treffen nicht wie ein Reissverschluss aufeinander, es gibt eine Tendenz zur Unterkiefer-Rücklage.»
Dominik Ettlin vom Zentrum für Zahnheilkunde an der Universität Zürich sagt: «Zu Problemen in den Kiefergelenken, wie Zahnärzte bis vor kurzem vermuteten, führt das nicht.» Das heisst aber nicht, dass man es deswegen nicht korrigieren sollte. «Aber», so der Fachmann, «eine medizinisch begründete Spange und Zahnkorrektur ist eher die Ausnahme als die Regel. Oft dient sie vor allem der Ästhetik.»
Spangen sind medizinisch nicht immer unbedingt nötig
Laut Agnes Karadi sind bei 15 bis 20 Prozent aller Patienten die Korrekturen medizinisch notwendig. Bei diesen zahlt oft eine Versicherung wie die Krankenkasse oder sogar die IV. Dennoch tragen etwa 50 bis 70 Prozent aller Kinder heute irgendwann einmal eine Spange. Das zumindest schätzt Daniel Feldmann, Kieferorthopäde mit Praxis in Zug und Mitglied der Informationskommission der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft (SSO). Tendenz seit Jahren steigend.
Agnes Karadi inspiziert weiter die Zähne des neunjährigen Schülers Loris und fährt fort: «Es fehlt der Milch-Dreier, was dazu führte, dass sich die Zähne verschoben haben. Die Frontzähne sind nach links gewandert.» Konkret: Loris ist der Eckzahn des Milchgebisses ausgefallen – und es ist kein neuer Zahn nachgewachsen. Das klingt für Loris nach einer baldigen Spange. Er freut sich, obwohl er noch nicht genau weiss, was das für ihn bedeutet.
Weniger euphorisch nehmen seine Eltern diese Information auf. Denn Karadi prognostiziert Kosten in etwa der Grössenordnung eines Kleinwagens. «Zahnstellungskorrekturen schlagen im Raum Zürich je nach Komplexität mit etwa 8000 bis 15 000 Franken zu Buche. Der Beginn der Behandlung hängt davon ab, ob eine Kiefer- oder Zahnfehlstellung vorliegt. Kieferkorrekturen macht man im wechselnden Milchgebiss. Bei erwachsenen Patienten ist das oft nur noch operativ möglich», erklärt die Kieferorthopädin.
Kosmetische Korrekturen werden nicht bezahlt
Etwas teurer werde es, so Daniel Feldmann, wenn für eine Behandlung zusätzliche Apparaturen angewendet werden müssen, weil ein Kind nicht bereit ist, Hilfsmittel wie Headgear (ein Kiefergestell) oder Gummizüge zu tragen. «Wirklich teuer sind unsichtbare Behandlungen mit festsitzenden Apparaturen auf der Innenseite der Zahnreihen. Diese kommen vor allem bei Erwachsenen zur Anwendung.»
Mit einer Zahnzusatzversicherung bezahlen die Krankenkassen einen Teil der Behandlung. Angebote mit guter Leistung gibt es ab etwa sieben Franken monatlich. Wenn Eltern sich eine kostspielige Behandlung nicht leisten können, gibt es Zuschüsse im Rahmen der Schulzahnpflege, durch Sozialdienste von Gemeinden oder durch Ergänzungsleistungen (EL). Aber Achtung: Solche Zuschüsse gibt es nur für notwendige Korrekturen, nicht aber für rein kosmetische Eingriffe.
Nicht zu früh behandeln – und dann möglichst kurz
«Immerhin», beruhigt Agnes Karadi, «ist der Betrag einer solchen Korrektur nicht auf einmal fällig, da die Behandlung meist mehrere Jahre dauert.» Und noch ein Zückerli hält die Zürcher Kieferorthopädin in diesem Fall für die Eltern von Loris bereit: «Für die Behandlung ist es noch zu früh.» In ein bis zwei Jahren sei noch Zeit genug, um mit der Korrektur zu beginnen.
Damit liegt sie voll auf der Linie der aktuellsten Forschung. Die zeigt, dass mit der Behandlung nicht zu früh begonnen werden sollte. «In der Mehrzahl der Fälle liegt der richtige Zeitpunkt für den Behandlungsstart kurz vor der Pubertät», erklärt die Forscherin, Professor Sabine Ruf. Sie ist Direktorin der Poliklinik für Kieferorthopädie an der Justus-Liebig-Universität in der deutschen Stadt Giessen.
«Eine Behandlung soll möglichst kurz und bündig sein. So kann man am besten die Nerven und den Geldbeutel der Patienten und ihrer Eltern schonen», betont auch Agnes Karadi. Wer mit neun bereits mit der Korrektur beginnt, trägt gut fünf Jahre eine Spange. Eine lange Zeit für einen jungen Menschen. «Das will ich, wenn möglich, meinen Patienten nicht zumuten», sagt Agnes Karadi. Schliesslich zeigen auch neuste Forschungen: Je kürzer die Behandlung dauert, desto besser arbeiten die Patienten mit.
Für den Viertklässler Loris ist die Enttäuschung gross: Er bekommt keine Spange, obwohl er so darauf gehofft hat. Stattdessen muss er zuerst in die Logopädie. Agnes Karadi diagnostizierte bei ihm ein falsches Schluckverhalten, etwas, das viele Kinder haben. Dabei stösst die Zunge bei jedem Schluckvorgang gegen die Zähne im Oberkiefer. «So arbeitet der starke Muskel der Zunge gegen die Spange», erklärt die Zahnärztin. «Und so dauert eine Behandlung länger.»
Buchtipp
«Gesunde und schöne Zähne»
Gesundheitstipp Ratgeber
Verlag Konsumenteninfo AG, 2011
ISBN: 978-3-907599-23-5
30 Franken
Nuggi und die Zahnstellung: Viele Kinder nuckeln für ihr Leben gern an einem Nuggi oder dem Daumen. Das beruhigt die Kleinen und freut so gesehen auch die Eltern. Weniger erfreulich sind die Nebenwirkungen von zu langem Nuckeln. Es hat einen Einfluss auf die Zahnstellung und die Kieferentwicklung. Das Wachstum des Kieferknochens und somit auch die Position der Zähne werden in eine falsche Richtung gelenkt.
Die häufigste Folge ist der offene Biss in der Front. Den gleichen Einfluss hat übrigens das Daumenlutschen. Deshalb ist es wichtig, das Daumenlutschen zu verhindern und den Nuggi bis zum Alter von etwa drei bis vier Jahren abzugewöhnen.
Die richtige Zahnpasta:
Fast jedes zweite Kind putzt sich laut einer aktuellen Umfrage die Zähne mit ungeeigneter Zahnpasta. 44 Prozent der Kinder zwischen drei und zwölf Jahren verwenden demnach normale Paste für Erwachsene statt spezieller Kinder-Zahnpasten. In normaler Zahnpasta ist der Fluoridgehalt viel zu hoch für Kinderzähne. Die Folge: Es können sich weisse oder braune Flecken auf dem Zahnschmelz bilden, die ein Leben lang sichtbar bleiben. Zusätzlich sind Erwachsenenpasten meist deutlich abrasiver als Kinderpasten. Sie scheuern also den Kinderzahnschmelz weg. Achten Siedarauf, eine dem Alter entsprechende Paste zu verwenden. Es gibt sowohl in der Altersklasse vom ersten Zahn bis sechs Jahre wie auch für die zweiten Zähne von sechs bis zwölf Jahren eine grosse Auswahl an passenden Produkten. Verwenden Sie auch regelmässig neue Zahnbürsten mit kleinem, dem Kindermund angepassten Kopf.
Nuggi und die Zahnstellung: Viele Kinder nuckeln für ihr Leben gern an einem Nuggi oder dem Daumen. Das beruhigt die Kleinen und freut so gesehen auch die Eltern. Weniger erfreulich sind die Nebenwirkungen von zu langem Nuckeln. Es hat einen Einfluss auf die Zahnstellung und die Kieferentwicklung. Das Wachstum des Kieferknochens und somit auch die Position der Zähne werden in eine falsche Richtung gelenkt.
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Die richtige Zahnpasta:
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