Avocado enthält zwar viele Fette, diese sind aber gesund.
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Für ein langes Leben
Das müssen Sie über Cholesterin wissen

Cholesterinwerte überwachen? Nein, das muss man nicht. Und vor allem sollte man nichts tun, um sie mutwillig zu senken.
Publiziert: 02.01.2020 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 08.01.2020 um 16:20 Uhr
DL-Cholesterin sollte vor Arteriosklerose und einem Herzinfarkt schützen - doch sehr hohe Werte wirken sich eher negativ aus.
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1984 hat die American Hart Association (AHA) das Cholesterin offiziell zum Hauptschuldigen der damals grassierenden Epidemie der Herz-Kreislauferkrankungen erklärt. Als man 15 Jahre danach einen deutlichen Rückgang der Herzinfarkte feststellte, ging es erst recht los: Jedermann «wusste» nun, dass tierische, gesättigte Fette das Herz schwächen. Heute messen rund 70 Prozent der Amerikaner regelmässig ihren Cholesterinspiegel und fast die ­Hälfte schluckt cholesterinsenkende Statine.

Was ist Cholesterin?

Cholesterin ist ein Fett, das unser Körper zu 80 Prozent selbst produziert und dringend braucht. Etwa 130 Gramm davon wird als Baumaterial für die Zellen und – in den Hautzellen – für die Synthese von Vitamin D eingesetzt. Knapp zehn Gramm zirkulieren – an ein Eiweiss gebunden – im Blut.  Von diesen Lipoproteinen gibt es zwei Sorten: Das HDL ist unterwegs in die Zellen, das LDL geht zurück in die Leber, wo es für die Produktion von Hormonen verwendet wird.

Und ach ja. Cholesterin findet man unter anderem auch in den Ablagerungen an den Wänden der Aorta und anderen Herzkranz­gefässen. Diese Plaque kann in der Tat zu Bluthochdruck und Herzinfarkten führen. Genau das war letztlich der Ausgangspunkt für die Cholesterin-Hysterie und für ein globales Ernährungsexperiment. Auch heute noch empfiehlt die AHA nicht nur, den Fettkonsum auf 30 Prozent aller Kalorien zu beschränken und tierisches Fett möglichst mit pflanzlichem zu ersetzen. Darüber hinaus gibt die AHA den Ärzten detaillierte Empfehlungen, wann sie ihren Patienten Statine verschreiben müssen – bei älteren Patienten fast immer.

Welche Fette sind schlecht?

Es gibt keinen Zusammenhang, weder zwischen Blutfetten und Ablagerungen noch zwischen dem Verzehr von cholesterinhaltigen Lebensmitteln bzw. gesättigten Fetten und dem Cholesterinspiegel. Und es konnte bisher nicht nachgewiesen werden, dass das Risiko, am Herz zu erkranken, mit dem Cholesterinspiegel steigt. Der Zusammenhang ist vielmehr U-förmig: Sehr tiefe und sehr hohe Cholesterinwerte sind ein Risiko.

Die Cholesterin-Empfehlungen stützen sich ent­weder auf manipulierte Statistiken oder auf Untersuchungen, wonach (cholesterinsenkende) Statine das Risiko von Herzin­farkten tatsächlich ver­mindern.

Statine wirken wie Entzündungshemmer

Auch dabei gibt es allerdings ein paar Probleme: Statine wirken, indem sie in der Leber das Enzym still­legen, das unter anderem für die Herstellung von Cholesterin, aber auch von ein paar anderen wichtigen Metaboliten wie etwa dem Enzym Q10 zuständig ist. Insgesamt wirken Statine wie ein starker Entzündungshemmer, was sich zumindest mittelfristig günstig auf Herzerkrankungen auswirkt.

Aber: Erstens sind Entzündungen das Mittel, womit sich der Körper gegen Infektionen schützt und Verletzungen heilt. Zweitens brauchen vor allem die Hirn- und Nervenzellen dringend Cholesterin. Ein Mangel macht beispielsweise cholerisch oder depressiv. Wer Statine schluckt stirbt zwar seltener an Herzversagen, dafür öfter an Selbstmord, Un­fällen oder Krebs. Auch Muskelschwäche, chronische Müdigkeit oder Gedächtnisstörungen werden immer öfter mit Statinen in Verbindung gebracht.

Warum muss man Cholesterin überwachen?

Die AGLA, Arbeitsgruppe Lipide und Atherosklerose der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie hat folgende Richtigstellung:

  • «Der Zusammenhang zwischen erhöhten Cholesterinwerten im Blut und Herz-Kreislauferkrankungen ist unbestritten. Ein Zusammenhang mit Krebserkrankungen wurde nur bei stark untergewichtigen Personen gefunden. Dabei ist der tiefe Cholesterinwert die Folge und nicht die Ursache einer schweren Krankheit.
  • Es ist gesichert, dass Statine bei Patienten, die bereits an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung leiden, in vielen Fällen das Leben der Patienten verlängern.
  • Es ist gesichert, dass Statine bei Patienten mit erhöhten Cholesterinwerten und zusätzlichen Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes usw. Herzinfarkte vermeiden können.
  • Es fanden sich keine Hinweise auf ein erhöhtes Krebserkrankungsrisiko unter Statintherapie.
  • Die AGLA rät allen Patienten mit erhöhten Cholesterinwerten, diese zu senken – zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beziehungsweise zur Erhöhung der Lebenserwartung.»

Ihre Thesen belegt die AGLA mit vier Meta-Analysen, in welchen die Originaldaten von mehreren Dutzend Studien bei mehreren 100 000 Menschen analysiert wurden. Zudem schickte sie uns die Diätempfehlungen der American Heart Association. Diese empfiehlt unter anderem, den Konsum gesättigter Fette auf fünf bis sechs Prozent zu beschränken und Statine zu schlucken, sobald das LDL-Cholesterin im Blut über 190 (Schnitt 166) steigt. Keine der Studien befasst sich mit der Frage, ob der Konsum gesättigter Fette mit einer Zunahme von Herzkrankheiten verbunden ist.

Besser sieht es bei den Statinen aus. Die vorgelegten Studien belegen, dass Statine den LDL-Spiegel nachhaltig senken, und dass mit sinkendem LDL nicht nur die Gefahr von Herzerkrankungen, sondern auch die allgemeine Sterblichkeit sinkt. Eine Studie schliesst ein zusätzliches Krebsrisiko aus.

Vorsicht ist geboten

Alle von der AGLA vorgelegten Studien wurden von Herstellern von Statinen finanziert – genau wie die AGLA selbst. Das widerlegt den Inhalt der Studien zwar nicht, rät aber zur Vorsicht. So kann man in der Zeitschrift «Nutrition» nachlesen, wie mit Studien zu Fett, Statinen und Herzkrankheiten getrickst wird: Unpassende Studien werden ausgelassen, Ergebnisse falsch dargestellt, störende Fakten wegdiskutiert. Im British Medical Journal wird die von der AGLA ins Feld geführte CTT-Studie förmlich verrissen. 

Unter dem Strich bleibt Vorsicht am Platz: Statine unterdrücken die Synthese von Cholesterin – das von den Gehirn- und Nervenzellen dringend gebraucht wird. Statine senken schon nach 90 Tagen den Blutspiegel von Coenzym um 22 und den Vitamin-E-Spiegel um 16 Prozent. Das schwächt die Muskeln und kann zu Nierenversagen führen. Das Statin Baycol musste deshalb 2001 zurückgezogen werden.Dabei hatten sich in der Einführungsphase (noch) keine ernsthaften Nebenwirkungen gezeigt.

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