Angler und Gartenbesitzer schwören auf sie – nun haben auch Krebsforscher ihre Liebe zum Regenwurm entdeckt. Genauer gesagt, für eine Flüssigkeit, die die Tiere in ihrer Leibeshöhle produzieren. An der Universität von Lublin untersuchen die Wissenschaftler, ob die Substanz im Kampf gegen Lungenkrebs hilft.
Wie können Regenwürmer im Kampf gegen Krebs helfen?
Regenwürmer fressen im Boden Pilze, Bakterien und verrottende Pflanzen – um in so einer keimbelasteten Umgebung überleben zu können, produzieren die Tiere in ihren Eingeweiden Stoffe, die hoch antibiotisch wirken. Das wollten sich die polnischen Forscher zunutze machen. In ersten Labortests zerstörte die Substanz allerdings sowohl Krebszellen als auch gesundes Gewebe. Das Forschungsteam veränderte daraufhin die Aufbereitung der Flüssigkeit.
Die entdeckte Substanz soll Krebszellen zerstören
«Die Ergebnisse sind sehr zufriedenstellend», sagt Professorin Jolanta Rzymowska von der Fakultät für Biologie und Genetik. «Bei der Zellkultur ausserhalb des Organismus wurden 80 Prozent der Krebszellen zerstört, das wollen wir nun weiter erforschen. Es ist ein Hoffnungsschimmer, der auf den Tierversuch übertragen werden muss.»
Die Flüssigkeit wird mit viereinhalb Volt Stromstössen aus den Regenwürmern gemolken. Der Extrakt wird dann von Mikroorganismen gereinigt, auf 70 Grad Celsius erhitzt, bevor es schliesslich tiefgekühlt wird.
«Die Ausgangsbedingungen sind entscheidend. Wenn man die richtige Temperatur auswählt, beeinflusst das die Glykoproteine auf ganz besondere Weise. So entsteht ein selektiv wirksames Präparat, das normale Zellen nicht angreift. Aber warum geschieht das? Es gibt einen spezifischen Wirkmechanismus bei den Rezeptoren, die auf den Zelloberflächen sitzen. Diese Proteine unterscheiden sich bei normalen Zellen und Krebszellen. Hier ist noch weitere, grundlegende Forschung gefragt.»
Für ihren Job im Labor bekommen die Regenwürmer übrigens keinen schnöden Kompost. Auf dem Speiseplan steht etwas reichhaltigere Kost aus gekochtem Gemüse und Blättern vom Grünen Tee.