Fit oder fett: Ölziehen
Ein Löffelchen für die Gesundheit

Eine gesunde Verdauung fängt im Mund an. Ölziehen ist dabei eine wichtige Hilfe.
Publiziert: 06.06.2014 um 15:24 Uhr
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Aktualisiert: 08.09.2018 um 22:02 Uhr
Von Werner Vontobel

Nicht weniger als 709 Franken gab der Schweizer im Schnitt pro Monat für die Gesundheit aus. Dieses Jahr dürften es schon rund 750 Franken sein. Wenn Sie den Tipp auf dieser Seite befolgen, kommen pro Tag noch einmal etwa fünf Rappen dazu. So viel kosten nämlich die rund fünf Gramm Öl oder Kokosfett, die Sie jeden Morgen vor dem Frühstück für das Ölziehen brauchen. Die Gesundheitskosten werden dadurch aber vermutlich um etliche Franken sinken. Erstens, weil Ihre Mehrausgaben für Fett oder Öl von den Statistikern nicht unter Gesundheit verbucht werden und zweitens, weil der finanzielle Nutzen die Kosten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um ein Mehrfaches übertrifft.

Ölziehen soll Migräne und Diabetes helfen

Nach der ayurvedischen Medizin der Inder soll Ölziehen bei nicht weniger als 30 wichtigen Krankheitsbildern – von Kopfschmerzen und Mig­räne, Magengeschwüren, Nieren- und Leberbeschwerden bis hin zu Diabetes, Hormonstörungen und Asthma – Lin­derung oder gar Heilung bringen.

Die Theorie dahinter ist folgende: Mundschleimhäute und Zunge sind Ausscheidungsorgane, erkennbar an den Belägen, die sich dort bilden. Deshalb dürfen Kinder den Ärzten die Zunge rausstrecken. Indem man nun Öl rund 20 Minuten lang im Mund hin und her bewegt, bildet sich eine seifige Emulsion aus Wasser und Öl, die die Fähigkeit hat, Stoffe an sich zu binden.

Zudem werden durch die Kaubewegungen die Drüsen in der Mundschleimhaut besser durchblutet. Sie geben Schadstoffe ab, die sich in der Emulsion sammeln – und dann ausgespuckt und so aus dem Körper entfernt werden. Zuvor sollte man den Belag auf der Zunge mit einem ayurvedischen Zungenschaber oder mit einem Löffel wegkratzen. Dadurch und durch den Druck des Öls werden zudem die Reflexzonen auf der Zunge angeregt.

Belegt durch Anekdoten

Der Nutzen des Ölziehens ist weniger durch Studien als durch Anekdoten belegt. So will etwa der ukrainische Arzt Fodor Karach dank dem Ölziehen eine langjährige Blutkrankheit und seine Arthritis überwunden haben. Karach machte das Ölziehen in den Neunzigerjahren erst bei seinen sehr zufriedenen Patienten, und dann in ganz Russland populär, von wo es den Weg nach Europa fand.

Direkte wissenschaftliche Beweise – im Sinne von 20 Minuten täglich Ölziehen gleich X Prozent weniger Risiko an Y zu leiden – gibt es nicht. Aber es liegen indirekte Hinweise vor. So gibt es etwa Studien, die einen Zusammenhang zwischen Bakterien, die in der Zahnplaque vorkommen, und bestimmten Krebs­arten im Dickdarm, in der Gebärmutter usw. zeigen. Dafür gibt es auch theoretische Begründungen.

Weniger Bakterien im Mund

Andere Studien zeigen,  dass Ölziehen schon nach einer Woche die karies- und plaquebildenden Streptococcus-mutans-Bakterien um 10 bis 30 Prozent vermindert. In etwa dieselbe Wirkung kann man auch mit Chlorhexidin erreichen, riskiert aber bei längerer Anwendung, dass sich die Zähne bräunlich verfärben.

Eine Reduktion um 10 bis 30 Prozent scheint bescheiden, doch bei den Bakterien kommt es vor allem auf die richtige Mischung an, und es ist durchaus denkbar, dass sich gesündere Bakterienkulturen im Mund auch auf die Darmflora auswirken und sich so Verdauung und Gesundheit insgesamt verbessern.

Doch selbst wenn sich die Wirkung des Ölziehens auf Zähne, Zahnfleisch und Mundschleimhaut beschränken sollte, lohnen sich die 20 Schweigeminuten vor dem Frühstück allemal. Das gilt insbesondere, wenn man dafür Kokosfett verwendet. Das Athlone Institute of Technology in Irland hat das Öl von Kokosnüssen, Oliven und Sonnenblumenkernen mit den im Speichel vorkommenden Enzymen gemischt und gegen Kulturen von Streptokokken eingesetzt. Dabei zeigte sich, dass das Kokosfett, vermutlich wegen der darin enthaltenen Laurinsäure, deutlich am wirksamsten war. In Indien wird vor allem kaltgepresstes Sesamöl verwendet.

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