Schultern locker lassen, den rechten Fuss noch korrekt ausrichten, Blick geradeaus. Klick. Dann dasselbe noch einmal von der Seite. Klick. Als Nächstes massiert Roger Fröhli meine verspannte Schulter-, Rücken- und Beckenmuskulatur, im speziellen die tiefen Nackenmuskeln. Bei weicher, entspannter Tiefenmuskulatur lasse sich die Position des Atlas besser bestimmen und vor allem nachhaltig justieren.
Generell muss die Körpermuskulatur auf die bevorstehende Therapie vorbereitet werden. Der Körper will sich symmetrisch ausrichten und die richtige Statik erreichen.
Jetzt, da klar ist, in welche Richtung sich mein oberster Halswirbel bewegen muss, kommt das Finale. Während Fröhli sachte meinen Kopf anhebt, um die Halswirbel zu entlasten, setzt er ein speziell entwickeltes Vibrationsgerät an meinem ersten Halswirbel an und positioniert mit geübter Technik meinen Atlas.
Bei einigen soll das schmerzhaft sein, bei mir war es bloss leicht unangenehm. Dann geht es wieder vor die weisse Wandskala mit den senkrechten und waagrechten Markierungen auf Becken- und Schulterhöhe. Schultern locker, Blick gerade, Klick und nochmals Klick.
Fehlhaltung wird vom Körper adaptiert
Der Befund ist eindeutig: Vorher hingen Kopf und Schultern etwa drei Zentimeter nach links. Danach nur noch etwa einen halben. Durch die korrigierte Haltung bin ich etwa zwei Millimeter gewachsen. «Das kann gut und gerne bis zu einigen Zentimetern gehen», meint Fröhli. Bei der Nachkontrolle fünf Wochen später ist immer noch alles (fast) im Lot. Mir war meine Schieflage zuvor nicht bewusst. Fröhli ist nicht erstaunt: «Das merken die wenigsten Leute, da eine Fehlhaltung innert kürzester Zeit vom Körper als normale Grundhaltung adaptiert wird. Deshalb verspüren oftmals weder Körper noch Person eine Veranlassung, etwas an der Haltung zu ändern.»
Oft wird der Atlas schon durch die Geburt leicht verschoben. Später können Stürze oder Alltagsgewohnheiten der Grund für einen schief sitzenden Atlas und eine Fehlhaltung sein.
Welche Folgen das haben kann, merkt man oft erst nach der Korrektur. Die Liste der Beschwerden, gegen die eine Atlaskorrektur helfen kann, ist lang: Kopfschmerzen Migräne, Schwindel, Depressionen, Tinnitus und mehr.
Manchmal liegt aber die Ursache anderswo und es benötigt weitere Therapieansätze. Meine Schwindelanfälle etwa sind erst nach einer Neuraltherapie verschwunden. Doch eines kann ich bestätigen: Die Atlaskorrektur korrigiert Schieflagen nachhaltig.
Die Atlaskorrektur sei zwar ein wichtiger Schritt, um Körpersymmetrie und Körperstatik zu verbessern, meint Fröhli. Doch um eine «eingefahrene» Muskulatur wieder in die ursprüngliche Form und somit den Körper in die symmetrische Haltung zu bringen, brauche es etwas mehr.
Schlecht ausbalanciert
Ansätze dazu gibte viele: Rolfing, Craniosakral- und Myofazialtherapie und die neurostrukturelle Intergrationstechnik NST. Alle gehen sie davon aus, dass Kreuzbein, Wirbelsäule und Schädel schlecht ausbalanciert sind, was den Energiefluss hemme und viele Beschwerden auslösen oder verstärken könne. Die Kunst der Therapie besteht dann darin, genau die «Triggerpunkte» zu reizen, welche die Verspannungen auslösen und damit das Nervensystem neu zu programmieren, beziehungsweise ins ursprüngliche Gleichgewicht zurückfallen zu lassen.
NST soll laut Eigenwerbung bei 80 bis 85 Prozent der Patienten nach zwei bis drei halbstündigen Sitzungen eine deutliche Linderung bringen. Ein 67-jähriger Mann, der an Parkinson litt, soll nach fünf Sitzungen weitgehend beschwerdefrei gewesen sein und seine Medikamente abgesetzt haben.
Solche Zahlen und Berichte sind – wie immer – mit Vorsicht zu geniessen. Klimpern gehört zum Handwerk, und Garantien gibt es keine. Aber: Ob der Rücken gerade oder krumm ist, ob das Becken schief steht oder der Atlas verschoben ist, das kann man objektiv und für wenig Geld feststellen. Und dann kann es sich lohnen, rechtzeitig etwas dagegen zu tun.