Fit oder fett
Auf diese vier Medikamente sollten Sie verzichten

Geht man zum Arzt, wird gemessen und – wenn man von der Norm abweicht - verschrieben. Doch oft ist ein Hausmittel langfristig billiger und gesünder.
Publiziert: 10.02.2017 um 12:07 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 01:16 Uhr
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Sodbrennen, Arteriosklerose, Blutdruck: Im Zweifelsfall Hände weg von Medikamenten.
Foto: Thinkstock
Werner Vontobel

Die Ärzte haben es auch nicht leicht. Sie müssen sich zwar nicht zwingend an die Empfehlungen ihrer Fachorgane halten, aber wenn etwas schief läuft, ist man damit auf der sicheren Seite. Zudem wollen die Patienten ihre Symptome subito loswerden. Also werden im Zweifelsfall Pillen verschrieben. Kein Wunder nehmen inzwischen vier Fünftel aller über 58-Jährigen täglich vier oder mehr Wirkstoffe zu sich. Zu Risiken und Wechselwirkungen fragen Sie ihren Arzt oder Apotheker. Sie dürfen aber keine klare Antwort erhalten. Die Sache ist zu komplex.

Nach einem Jahr Dauerpatient

Der deutsche Allgemeinpraktiker Gunter Frank schildert wie es in einem typischen Fall läuft: 55-jähriger Mann, 1.80 Meter gross, 90 Kilo schwer, saures Aufstossen, Rückenschmerzen, möchte auch wieder mal die Blutwerte messen lassen. Gegen das Sodbrennen verschreibt er schon mal einen Protonenpumpenhemmer. Die Blutwerte sind nicht dramatisch aber doch so, dass man den Patienten zum Herzspezialisten schicken sollte. Der verschreibt dann Statine gegen das Cholesterin und einen ACE–Hemmer gegen den Blutdruck. Nach ein paar Wochen stellen sich Reizhusten und Muskelschmerzen ein. Das könnten Nebenwirkungen der beiden Medikamente sein, müssen aber nicht, und er will ja dem Kollegen nicht dreinreden.

Also verschreibt er erst einmal Voltaren-Salbe und Magnesium-Tabletten. Da auch der Langzeitzucker hartnäckig leicht über dem Grenzwert von 5.8 liegt und Diabetes droht, kommt ein Glukosidasehemmer dazu. Nach einem Jahr ist der nun 56-jährige Mann Dauerpatient und wird halbjährlich zu Kontrolle bestellt. Fazit: «Mit meiner Behandlung stehe ich im Einklang mit der medizinischen Lehrmeinung, obwohl ich diesem Mann nur Schaden zufüge. Ich mache mich sogar rechtlich angreifbar, wenn ich ihn anders und damit besser behandle.»

Zu oft und ohne Not verschrieben

John van Limburg Stirum, Leiter der Seegartenklinik in Kilchberg, kann das nur bestätigen: «Auch in der Schweiz werden insbesondere Säureblocker, Statine, Blutdrucksenker und Antidiabetika viel zu oft und ohne Not verschrieben. Da sie beträchtliche Neben- und Wechselwirkungen haben, lohnt es sich, erst einmal nach den Ursachen zu forschen und bewährten Hausmittel einzusetzen. Sie wirken zwar meist langsamer, sind dafür aber nachhaltiger und erst noch billiger.»

Fangen wir beim Sodbrennen an. Dabei steigt Magensäure in die Speiseröhre. Die Protonenpumpenhemmer – auch Säureblocker genannt – hemmen die Zellen, die in der Magenschleimhaut die Magensäure produzieren. Dadurch sinkt der Säurewert (pH-Wert) der Magensäure und das saure Aufstossen verschwindet. Damit wird zwar gegen oben die Speiserröhre entlastet, doch das geht voll auf Kosten des Dünndarm. Der Magen braucht nämlich die Säure um insbesondere die Eiweisse aufspalten zu können. Gelangen diese unverdaut in den Darm, verändern Darmflora, reizen sie die Darmschleimhäute, machen die Darmwände durchlässig, wodurch einerseits Giftstoffe ins Blut gelangen können, andererseits aber die Aufnahem von Eisen, Magnesium, Calciuum und Vitamin B12 behindert werden kann. Daher die Magnesium-Tabletten im obigen Beispiel) Auch die Leber kann geschädigt werden.

Zum Essen nichts trinken

Was also soll man tun: Zunächst sollte man die Ernährung überprüfen. Gut kauen entlastet schon mal den Magen. Zu viel saure Lebensmittel wie Zucker, Teigwaren, Fleisch etc. hingegen belasten ihn, weil er auch für Entsäuerung zuständig ist. Zu diesem Zweck produziert er Natriumhydrogencarbonat. Ferner sollte man zum Essen nichts trinken, auch nicht Wasser, denn das erhöht den pH-Wert des Magens. Darüber hinaus gibt es viele Hausmittel, wie etwa ein Glas warmes Wasser mit ein wenig Apfelessig nach dem Essen. Nicht jedes Mittel hilft jedem. Ausprobieren. Wer schon Säureblocker nimmt, darf diese nur langsam absetzen. (Mehr praktische Tipps hier und hier)

Mangel macht cholerisch oder depressiv

Nun zu den Cholesterin-Senkern. Statine wirken, indem sie in der Leber das Enzym stilllegen, das unter anderem Cholesterin aber etwa auch das Enzym Q10 herstellt. Beide Stoffe werden aber dringend gebraucht. Cholesterin etwa für die Herstellung aller Sexualhormone und von Vitamin D, Q 10 ist unter anderem für die Muskeln wichtig. Der Vorteil der Statine liegt darin, dass sie wie ein starker Entzündungshemmer wirken, was in akuten Fällen sinnvoll sein kann.

Auf Dauer ist es jedoch schädlich, denn erstens sind Entzündungen das Mittel, womit sich der Körper gegen Infektionen schützt und Verletzungen heilt. Zweitens brauchen vor allem die Hirn- und Nervenzellen dringend Cholesterin. Ein Mangel macht beispielsweise cholerisch oder depressiv. Wer Statine schluckt stirbt zwar seltener an Herzversagen, dafür öfter an Selbstmord, Unfällen oder Krebs. Auch Muskelschwäche, Nieren- und Leberschäden chronische Müdigkeit oder Gedächtnisstörungen werden immer öfter mit Statinen in Verbindung gebracht.

Das Medicaforum in der Schweiz empfiehlt Statine schon dann einzunehmen, wenn der LDL-Wert 160 oder in als riskant eingestuften Fällen 100 Milligramm pro Deziliter unterschreitet. Die ersten Cholesterin-Richtlinien in den 50er-Jahren setzen die Grenze noch bei 250 an. Seither hat jede Herabsetzung der Grenzwerte den Verkauf von Statinen kräftig angekurbelt.

Die Faktenlage ist so, dass Statine nur bei Patienten nützen, die bereits einen Herzinfarkt erlitten haben oder akut unter Angina pectoris leiden. Allerdings scheint es auch der tiefere Cholesterin-Wert weniger wichtig zu sein, als die entzündungshemmmede Wirkung der Statine. Das bestätigt neue Forschungsergebnisse, wonach Arteriosklerose nicht nur Cholesterin, sondern durch chronische Entzündungen verursacht wird. Daraus kann man den Schluss ziehen, dass sich nicht akut gefährdete «Patienten» nicht um die Cholesterin- sondern um die Entzündungswerte kümmern sollten. Die werden bei Blutuntersuchungen routinemässig mit dem CRP-Wert gemessen.

Basische Diät und Verzicht auf Zucker

Gut gegen chronische Entzündungen sind insbesondere der Ersatz von Omega-6-Ölen (aus Soja, Sonnenblumen etc.) durch Omega-3-Fettsäuren (Fischöl, Butter u. ä.) Auch eine basische Diät (siehe oben) und ein Verzicht auf Zucker und inbesondere Fruktose hilft. In einer Studie wurden Statine (plus fettarme Diät) mit einer Diät mit viel Gemüse, Ballaststoffen und Mandeln verglichen. Ergebnis: Die Gemüsediät senkt die Entzündung nach einem Monat gleich stark wie die Statine.

Blutdrucksenker sollte man nur als Notnagel einsetzen, denn auch sie sind mit Nebenwirkungen wie Schwindel, Benommenheit, Allergien und Magen-Darm-Beschwerden verbunden. Was genau man zu gewärtigen hat, hängt von der Medikamentenklasse ab. verbunden. , und stattdessen den Blutdruck auf natürliche Weise senken. Betablocker etwa dämpfen das Stresshormon Adrenalin und den Neurotransmitter (Übertragung von Nervensignalen) Noradrenalin. Das kann unter anderem zu Müdigkeit, depressiven Verstimmungen und Erektionsstörungen führen. Das mag immer noch besser sein, als ein durch Bluthochdruck ausgelöster Herzinfarkt. Aber es gibt bessere Alternativen. So senkt etwa eine Diät mit viel Obst und Gemüse die oberen Blutdruck um rund 7 Punkte. In Finnland wurde Kochsalz durch Pan-Salz (30% Kalium und 12% Magnesium statt Natrium), was eine Reduktion um zehn Punkte bewirkte. Auch Knoblauch, Omega-3-Fettsäuren, Sport, Gewichtabnahme, der Verzicht auf Alkohl etc. bringen den Blutdruck merklich runter. (Siehe auch hier)

Eine Zeit lang auf Kohlenhydrate verzichten

Wer sein Sodbrennen, die Arteriosklerose und den Bluthochdruck mit natürlichen Mitteln in den Griff gekriegt hat, leidet mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht (mehr) unter Diabetes. Es sei denn, man habe zu spät mir dem gesunden Leben angefangen. Dann muss man wohl oder übel zum Holzhammer greifen und ein paar Wochen lang weitestgehend auf Kohlenhydrate verzichten, was kaum ohne fachmännische Begleitung geht, aber guten Erfolg verspricht.

Die übliche Diabetes-Behandlung ist keine Alternative. Dabei isst der Patient weiterhin Kohlenhydrate, doch der Blutzucker wird medikamentös reguliert. Die Medikamente nehmen der Bauchspeicheldrüse und der Leber die Arbeit ab. Da sie aber bei weitem nicht so fein funktionieren wie die Natur, driften die Blutzuckerwerte immer wieder in ungesunde Gefilde ab. Damit wird zwar der Krankheitsverlauf verzögert, aber nicht mehr. Am Schluss hilft dann meist nur noch eine Insulinpumpe.

Ein Geheimtipp ist übrigens - einmal mehr – der Apfelessig. Kurz vor, nach oder während dem Essen eingenommen dämpft er den Anstieg des Blutzucker- und Insulinspiegels um etwa 20 bis 30 Prozent. Das entspricht in etwa der Wirkung des führenden Medikaments Metformin.

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