Darum gehts
Rund 6000 Frauen und 50 Männer erkranken in der Schweiz jährlich an Brustkrebs. Prävention wird zwar grossgeschrieben – gerade im internationalen Brustkrebsmonat Oktober –, aber noch immer gibt es zahlreiche Irrtümer rund um das sensible Thema. Eine Expertin und ein Experte klären auf. Und liefern Facts, die Leben retten können!
Ein Knoten in der Brust ist nicht das einzige Symptom
Der erschreckende Knoten in der Brust, der zufällig beim Duschen entdeckt wird, ist zwar das bekannteste Warnzeichen. Aber keineswegs das einzige. Anita Wolfer, Leiterin des Brustzentrums der Onkologieabteilung des Universitätsspitals Genf (HUG), weist darauf hin, dass Rötungen, die Verformung der Brust, Orangenhaut, Ausfluss oder plötzlich einfallende Brustwarzen einen Arztbesuch erfordern. «Generell gilt: Sobald man etwas Neues feststellt, sollte man unbedingt seinen Arzt anrufen», betont sie. Das gilt auch dann, wenn in der Brust kein Knoten zu sehen ist.
Eine weitere weitverbreitete Meinung ist, dass ein Tumor per se schmerzlos sei. Auch hier ist die Sache komplizierter. «Wir haben immer wieder Patientinnen, bei denen Brustkrebs entdeckt wurde, weil sie ungewöhnliche Schmerzen hatten», sagt die Expertin.
Ein Knoten kann auch ausserhalb der Brust auftreten
Der Knoten in Verbindung mit Brustkrebs befindet sich nicht immer in der Brust. Khalil Zaman, stellvertretender Leiter der Spezialsprechstunde für Senologie des Universitätsspitals Lausanne, sagt, Brustdrüsen in den Achselhöhlen seien zwar eher selten. Trotzdem könne es vorkommen, dass Lymphknoten in der Achselhöhle oder am Hals oberhalb des Schlüsselbeins anschwellen – ohne dass die Patientin eine Schwellung in der Brust bemerke.
Vorsorgeuntersuchungen sind auch ohne Symptome notwendig
Frauen ab 50 Jahren sollten mindestens alle zwei Jahre eine Mammografie nach den Anweisungen Ihres Arztes durchführen lassen. Die Vorsorge ermöglicht eine frühere Diagnose, was die Behandlung vereinfacht. Denn: Das regelmässige Abtasten der Brüste genüge nicht zur Prävention, sagt Anita Wolfer. Unnötig sei es aber nicht: «Es ist wichtig, dass Frauen ihren Körper gut kennen, damit sie Veränderungen feststellen können. Bemerkt man eine solche, sollte man beim Arzt auf eine Untersuchung bestehen.»
Stillen schützt ein bisschen, hormonelle Verhütung erhöht das Risiko
Entgegen mancher Behauptung bietet Stillen leider keinen kompletten Schutz vor Brustkrebs. «Es senkt das Risiko ein wenig, genauso wie die Einnahme der Antibabypille das Risiko ein wenig erhöht», sagt Wolfer. Eine britische Studie aus dem Jahr 2022 besagt, dass das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, mit jedem Jahr Stillen um gut 4,3 Prozent sinken kann. «Am Ende läuft alles aufs Östrogen hinaus», so die Expertin. Während der Schwangerschaft und beim Stillen ist die Östrogenprägung niedriger. Dies ist jedoch nur ein Faktor unter vielen, der eine Rolle spielt, aber Brustkrebs weder verursacht noch verhindert.
Die Einnahme von hormonellen Verhütungsmitteln kann die Wahrscheinlichkeit, an Brustkrebs zu erkranken, jedoch leicht erhöhen. «Es wurde nachgewiesen, dass die Pille, die aus einer Mischung aus Östrogen und Progesteron besteht, das Risiko um 10 bis 20 Prozent erhöhen kann», sagt Khalil Zaman. Aber da das Brustkrebs-Risiko bei jungen Menschen gering sei, bleibe auch die Erhöhung des absoluten Risikos gering. Ein leicht erhöhtes Risiko gilt auch für Hormonsubstitution nach der Menopause.
Ein Screening vor dem 50. Lebensjahr wird manchmal empfohlen
Während die kantonalen Programme eine Mammografie ab 50 Jahren empfehlen, können bestimmte Fälle eine frühere Untersuchung rechtfertigen. «Wenn eine Patientin eine familiäre oder persönliche Geschichte hat, die auf ein höheres Risiko hindeutet, kann man ein Mammografie-Screening bereits vorher vorschlagen», sagt Zaman. Liege eine genetische Prädisposition vor, sollte das radiologische Screening sogar schon im Alter von 25 oder 30 Jahren begonnen werden, mit einer intensiveren Überwachung im weiteren Verlauf.
Auch wenn niemand in der Familie betroffen war, besteht ein Risiko. Und auch Männer vererben das Brustkrebs-Risiko
Ohne familiäre Vorgeschichte ist das Risiko zwar geringer, aber keineswegs bei null. Anita Wolfer weist darauf hin, dass eine Veranlagung leicht übersehen werde, wenn es nur wenige Frauen im Stammbaum gebe: «Wenn die Mutter nur mit Brüdern aufgewachsen ist und die Grossmutter ein Einzelkind war, kann man leicht getäuscht werden.»
Khalil Zaman fügt hinzu: «Alle Verwandten ersten oder zweiten Grades der Trägerin können betroffen sein. Auch Männer, da dieses Chromosom sowohl vom Vater als auch von der Mutter geerbt werden kann und sowohl an Männer als auch an Frauen weitergegeben wird. Bei Männern ist das gleiche Gen übrigens in der Lage, das Auftreten von Prostata-, Bauchspeicheldrüsen- oder Brustkrebs zu fördern, je nachdem, welche Mutation betroffen ist.»
Auf bestimmte Risikofaktoren kann man Einfluss nehmen
Klar, die Familiengeschichte oder das Alter kann man nicht beeinflussen. Risikofaktoren wie Übergewicht oder den übermässigen Konsum von Fleisch, Tabak oder Alkohol hingegen schon. Anita Wolfer rät zu regelmässiger körperlicher Bewegung, einer ausgewogenen Ernährung und möglichst nicht stark verarbeiteten Produkten. «Der Lebensstil kann eine Rolle spielen, aber man sollte den Frauen nicht zu viel Schuldgefühle einreden», sagt sie. Zumal der grösste Risikofaktor die einfache Tatsache sei, dass man eine Frau ist.
Vorsicht vor aluminiumhaltigen Deodorants
Im Jahr 2021 zeigte eine Studie einen beunruhigenden Zusammenhang zwischen dem Aluminium in bestimmten Kosmetika (einschliesslich Deodorants) und der Entwicklung von Brustkrebs. Khalil Zaman sagt dazu: «Es gibt keine Gewissheit über die Rolle von Aluminium bei der Entstehung von Krebs. Ich würde trotzdem empfehlen, Deodorants nicht auf beschädigte oder geschwächte Haut aufzutragen. Wenn man sich beispielsweise die Achseln rasiert, kann es ratsam sein, sechs Stunden zu warten, bevor man ein aluminiumhaltiges Produkt verwendet.»