Das Geheimnis der blauen Zonen
Warum leben an diesen fünf Orten der Welt am meisten 100-jährige?

Man nennt sie «Blue Zones», die fünf Bereiche der Erde, in denen die Lebenserwartung deutlich höher ist als an anderen Orten. Nun fragt sich die Wissenschaft: Was können wir von den Menschen in Nicoya, Ikaria, Loma Linda, Okinawa und Sardinien lernen?
Publiziert: 31.10.2025 um 16:30 Uhr
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Aktualisiert: 31.10.2025 um 16:36 Uhr
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In Okinawa, Japan, leben viele nach dem Ikigai, einem japanischen Konzept, das den Lebenssinn beschreibt
Foto: Pexels

Darum gehts

  • Blue Zones: Orte mit aussergewöhnlich hoher Lebenserwartung
  • Die Wissenschaft fragt: Was fördert ein langes, gesundes Leben?
  • Experten vermuten, dass Ernährung und Lebensstil eine entscheidende Rolle spielen

Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Thomas Rickenbach

Wer möchte nicht möglichst lange und vor allem auch gesund leben? Die Netflix-Serie «Wie wird man 100 Jahre alt - die Geheimnisse der blauen Zonen» gibt faszinierende Einblicke in Orte auf der Welt, an denen Menschen aussergewöhnlich alt werden – die sogenannten Blauen Zonen. In Nicoya (Costa Rica), Ikaria (Griechenland), Loma Linda (USA), Okinawa (Japan) und Sardinien (Italien) übersteigen viele Bewohner die 100-Jahre-Marke, oft bei erstaunlicher Vitalität. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen seit Jahren, welche Faktoren Ernährung, Lebensstil und Umwelt zu dieser bemerkenswerten Lebenserwartung beitragen – und was wir daraus für unser eigenes Leben lernen können.

1

Loma Linda,Kalifornien (USA)

Ein Drittel der Bewohner dieser 100 km von Los Angeles entfernten Stadt sind Siebenten-Tags-Adventisten. Dieser ­protestantischen Freikirche anzugehören, scheint ganz generell gesund zu sein. In Kalifornien werden die Adventisten im Schnitt vier bis zehn Jahre älter als die Durchschnitts-Bevölkerung. Die Bewohner leben hier ungewöhnlich lange und bis ins hohe Alter erstaunlich gesund, viele von ihnen werden über 100 Jahre alt. Der Grund ist nicht im engeren Sinne religiös: «Blue Zones»-Erforscher Dan Buettner (65), der auch auf Netflix zu sehen ist, sieht den Grund darin, dass diese Gläubigen besonders auf Ernährung und Gesundheit achten. Zigaretten und Alkohol sind für viele von ihnen tabu.

2

Nicoya, Costa Rica

«Die haben etwas im Wasser», sagte Forscher Dan Buettner über die Bewohner dieser grossen Halbinsel im Westen von Costa Rica. Anfang 2006 hat eine Gruppe von Forschern unter seiner Leitung, Nicoya zur Blue Zone erklärt. 

Das verstand er durchaus im Wortsinn. Das Wasser in der Region fliesst durch Kalkstein, ist reich an Kal­zium und Magnesium. Dies wiederum macht die Knochen stärker und wirkt sich auf die hohe Lebenserwartung auf Nicoya aus. Ein schwerer Sturz mit Knochenbruch kann das Leben eines älteren ­Menschen rasch beeinträchtigen. Nicht so auf Nicoya. Eine weitere Beobachtung vor Ort: Die lokale Bevölkerung ernährt sich grösstenteils auf pflanzlicher Basis. A

Experten vermuten, dass die statistisch deutlich höhere Lebenserwartung in Nicoya auf die Ernährung der Menschen zurückzuführen ist.
Foto: mauritius
3

Ogliastra, Sardinien (It)

Die mittlere Ostküste Sardiniens ist i­mmer noch recht schlecht erschlossen. Die grossen touristischen Zentren und die Städte liegen in anderen Gebieten der Insel. Aber um Ortschaften wie Tortolì, Lanusei, Baunei und Arbatax herumgeht das Leben noch einen ruhigen Gang. Die Einwohner marschieren grosse Distanzen, oft gibt es Fisch. Zwei Gründe für die auffällig hohe Lebenserwartung in der ­Region? Sowieso: Bei vier der fünf «Blue Zones» (Ausnahme ist Loma ­Linda) fällt auf, dass sie sich in eher abgelegenen Gebieten befinden. Nur Zufall?

Fisch und Bewegung lassen die Menschen in Ogliastra alt werden.
Foto: Getty Images
4

Ikaria, Griechenland

Vor einigen Jahren porträtierte die renommierte britische Zeitung «The Guardian» einen 100-Jährigen namens Gregoris Tsahas von der Insel Ikaria. Dieser rauche seit 70 Jahren ein Päckli Zigaretten pro Tag und sei dennoch alt geworden und rüstig geblieben. Sein Beispiel zeigt: Es ist schwierig zu generalisieren, was die «Blue Zones» so speziell macht. Auch Raucher werden 100-jährig, Ausnahmen bestätigen Regeln. Die Gründe, weshalb so viele Bewohner von Ikaria so alt werden, wurden von der Universität Athen untersucht. Befunde: Hier gibt es nur selten Fleisch oder Zucker. Dafür besonders oft Kartoffeln und Ziegenmilch.

Geringer Fleisch- und Zuckerkonsum könnten in Ikaria für die hohe Lebenserwartung verantwortlich sein.
Foto: mauritius
5

Okinawa, Japan

Eine Studie über die Bewohner dieser allersüdlichsten Insel Japans kam 2004 zum Schluss: Auf Okinawa leben 400 über 100-Jährige. Die «Okinawa Diet» – die Art, wie sich die Menschen dort ernähren – wurde daraufhin zigmal untersucht. Ein Unterschied zum Rest Japans: Auf Okinawa wird weniger Reis, dafür viel blaue Süsskartoffel gegessen. Der Zuckerkonsum ist 30 Prozent tiefer als im Rest des Landes. Auch essen, sitzen und schlafen die Menschen nach alter Tradition auf dem Boden, so müssen sie mehrmals täglich 'tief' aufstehen oder sich hinsetzen, was tägliche Bewegung bringt. Auch leben hier viele nach dem Ikigai, einem japanischen Konzept, das den Lebenssinn beschreibt – also das, wofür es sich zu leben lohnt – indem es deine Leidenschaften, Talente, Bedürfnisse der Welt und mögliche Einkommensquellen vereint. Für ältere Menschen kann Ikigai besonders kraftvoll sein, weil es Motivation, Struktur und soziale Verbundenheit im Alltag liefert, was geistige Aktivität, Bewegung und positive Routinen fördert und so körperlich und geistig fit hält.

Statistiken zeigen: In Japan haben Frauen im globalen Vergleich die längste Lebenserwartung.
Foto: Getty Images

Auch die soziale Nähe ist Geheimnis der Blue Zones

Doch nicht nur Ernährung und Bewegung machen die Blue Zones so besonders. In allen fünf Regionen spielt das soziale Leben eine zentrale Rolle: Ältere Menschen sind eng in die Gemeinschaft eingebunden, werden respektiert und bleiben aktiv. Sie haben oft eine tägliche Aufgabe – sei es im Garten, in der Familie oder in handwerklichen Tätigkeiten – und pflegen viele soziale Kontakte. Diese enge Verbindung zu Familie, Freunden und Nachbarn trägt entscheidend dazu bei, dass die Bewohner körperlich und geistig fit bleiben und sich auch im hohen Alter wertgeschätzt und gebraucht fühlen.

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