Darum kommen Teenager nicht aus dem Bett
Die Jungen können nichts dafür

Teenager kommen morgens nicht aus dem Bett, weil sie abends erst spät schlafen. Was Eltern wissen müssen.
Publiziert: 25.07.2018 um 00:07 Uhr
|
Aktualisiert: 14.09.2018 um 17:56 Uhr
1/8
Mufflig am Frühstückstisch – das ist typisch für Teenager.
Foto: plainpicture
Christiane Binder und Larissa Jurczek

Mit 12, 13 Jahren fängt es an. Der junge Mensch, der als Kind seine Eltern sonntags in den Wahnsinn trieb, weil er schon in aller Herrgottsfrühe herumturnte, den kriegt man jetzt kaum noch aus dem Bett. Selbst bei einem späten Brunch lümmelt er missmutig und maulfaul am Tisch. 

Dabei kann er nichts dafür. Es ist die Biologie. Im Jugendalter verschiebt sich das Schlaf- und Aktivitätsmuster. «Das hängt mit der Hirnentwicklung zusammen», erklärt Deborah Fischer (27), Psychologin an der Klinik für Schlafmedizin (KSM) in Bad Zurzach AG.

Dazu kommen alterstypische «psychologische und soziale Ursachen», erklärt Serge Brand (56), Forschungspsychologe an der Uni Basel. Ein wichtiger Grund, dass Jugendliche morgens immer müde sind: Der moderne Jugendliche hat Abendtermine wie ein Erwachsener. Drei Mal in der Woche ist Sporttraining, andere sind von Musikunterricht, Teamarbeiten oder Theaterveranstaltungen gefordert. «Da kommen die jungen Leute oft erst um 22 Uhr abends nach Hause», sagt Brand.

Foto: BLICK Grafik

Soziale Medien rauben den Schlaf

Dazu kommt das im Adoleszenten erwachende Bedürfnis, «sich mit Gleichaltrigen auszutauschen», wie Brand sagt. Teenager treffen sich an speziellen Orten, heutzutage natürlich auch via Facebook, Instagram oder Whatsapp – und weil der Tag mit Schule und anderen Pflichten zugedröhnt ist, kontaktet er bis spät in die Nacht. Der Schlaf kann warten.

Eltern schlagen die Hände überm Kopf zusammen. Wann muss ich meinen 15-Jährigen ins Bett prügeln? Morgens um acht muss er doch fit im Unterricht sitzen! Experten gehen davon aus, «dass eine 15-jährige Person rund neun Stunden pro Nacht schlafen sollte», erklärt Brand. So wäre dann für 15-Jährige spätestens zwischen 22 und 22.30 Uhr Zapfenstreich. Schulbeginn idealerweise zwischen 8 und 8.30 Uhr findet Brand aufgrund von Studien völlig in Ordnung: «Das zeigen Studien, und zwar unabhängig von Alter und Schulstufe.»

Ganz wichtig vor der Schule sei das gemeinsame Frühstück, betont Brand. «Das ist heute die einzige gemeinsame Mahlzeit, wo sich die Familie als Gemeinschaft trifft.» 

Sind die Teenies älter, stürzen sie sich am Wochenende ins Partyleben. Nicht um 20 Uhr, wie ihre Eltern, als sie jung waren. Heute füllen sich die  Clubs erst gegen 23 Uhr, gefeiert wird bis in die Puppen. Das muss kein Drama sein, «wichtig ist aber, dass zwischen einem solchen Partymuster genügend Schlaf- und Erholungszeit besteht, um am Montagmorgen ausgeruht, aktiv und motiviert die neue Arbeits- und Schulwoche zu beginnen», betont Brand.

Coole Tipps für heisse Nächte

Wir freuen uns über das schöne Wetter und die heissen Tage, die wir in unseren Breitengraden haben. Was Sie tun können, damit Sie nachts trotz der hohen Temperaturen zu ruhig schlafen können, lesen Sie hier.

Hier weiterlesen

Zwei Katzen die süss schlafen
Schlafmangel lässt sich später ausgleichen.
Getty Images

Wir freuen uns über das schöne Wetter und die heissen Tage, die wir in unseren Breitengraden haben. Was Sie tun können, damit Sie nachts trotz der hohen Temperaturen zu ruhig schlafen können, lesen Sie hier.

Hier weiterlesen

Zu wenig Schlaf ist auch für Erwachsene schlecht

Denn zu wenig Schlaf hat schwerwiegende Folgen, die Menge an Studienergebnissen auf diesem Gebiet sei erdrückend, sagt Brand. Wer über längere Zeit schlecht und zu wenig schläft, mache mehr Fehler und werde langsam – im Denken, Fühlen, Handeln und im Sozialverhalten.

Während müde Jugendliche «nur» schlechte Schulnoten kassieren, werden unausgeschlafene Erwachsene zum Sicherheitsrisiko. Sie treffen falsche Entscheidungen, ihre  Aufmerksamkeit ist verringert und verzögert, sie werden empfindlicher gegenüber Kritik und geraten dann in Konflikte mit der sozialen Umwelt.

Schlafmangel wirkt sich bei allen Menschen gleich aus, unabhängig von Alter und Geschlecht, betont Brand. Doch auf Jugendliche bezogen, sollten Eltern hellhörig werden, wenn Tochter oder Sohn dünnhäutiger, aggressiver und launischer werden. Wenn sie beim geringsten Anlass aus der Haut fahren und sich Sporttrainer, Lehrer und Berufsbildner beschweren, weil auf die Kids kein Verlass mehr sei.

Alles Anzeichen, dass das Kind zu wenig schläft. Schütten Jugendliche auch noch literweise Energydrinks oder Kaffee in sich hinein und fangen womöglich an, körperlich zu verschlampen, dann ist es für die Eltern höchste Zeit, ein Machtwort zu sprechen: Marsch ins Bett! 

Schnarcher, Penner und Kurzschläfer

Woran merke ich, dass ich zu wenig schlafe?

«Die meisten Menschen schlafen unter der Woche zu wenig, kompensieren am Wochenende und schlafen dann lange aus», sagt Deborah Fischer (27), Psychologin an der Klinik für Schlafmedizin (KSM) in Bad Zurzach AG. «Wenn Sie am Wochenende um die gleiche Zeit aufwachen wie unter der Woche und sich fit fühlen, dann bekommen Sie genug Schlaf.» 

Wird im Alter das Schnarchen schlimmer?

«Schnarchen können auch Kinder. Doch mit dem Alter erschlafft das Gewebe, gleichzeitig legen viele Menschen an Gewicht zu. Beides begünstigt das Schnarchen», sagt Schlafpsychologin Fischer.

Warum geben Führungskräfte damit an, dass sie so wenig schlafen?

«Fälschlicherweise wird langes Schlafen mit Faulheit und einem Mangel an Motivation, Energie, Tatkraft und Initiative assoziiert», sagt Schlafforscher Serge Brand (56) von der Uni Basel. «Wer wenig schläft –  so der Irrglaube –, ist toll, produktiv und leistungsfähig. Solche Verhaltensmuster sind in einer von sehr hohem Leistungsstreben gekennzeichneten Gesellschaft verbreitet, die versteckten Kosten eines solchen Lebensstils werden allerdings selten berücksichtigt.» 

Leistungsträger behaupten, sie würden kaum schlafen. Kann das stimmen?

«Zum Beispiel bei Spitzenpolitikern wird beobachtet, dass sie zwar nachts weniger schlafen und mehr arbeiten, bei jeder Gelegenheit – im Flugzeug, Taxi, Auto, Zug, an Besprechungen, Konzerten oder in der Kirche – aber rasch einnicken und den verpassten Schlaf stückchenweise wieder wettmachen», sagt Brand. «Und letztlich wissen wir nie ganz genau, ob solche Personen ihre Schlaf- und Aktivitätsmuster nicht auch noch medikamentös ‹nachbessern›.»

Kann es sein, dass Napoleon nur drei Stunden pro Nacht geschlafen hat? 

«Vier Stunden schlafen Männer, fünf Stunden schlafen Frauen, und sechs Stunden schlafen Idioten!», so die Meinung von Napoleon. Psychologe Brand relativiert: «Napoleon war kein Schlafforscher, und Hunderttausende junge Männer in den Tod zu treiben halte ich weder als Erfolgsausweis noch als erstrebenswert. Unabhängig davon gibt es tatsächlich  (Ultra-)Kurzschläfer, die trotz kurzer Schlafdauer leistungsfähig, aktiv, gutgestimmt, freundlich und durch und durch angenehme Mitmenschen sind. Sie sind aber eindeutig in der Minderheit und sollten nicht als Vorbilder gelten. Persönlichkeiten wie Goethe oder Mario Botta waren und sind ausgeprägte Langschläfer, die bis zu elfeinhalb Stunden pro Nacht schlafen, und trotzdem wird niemand an ihrer Leistungsfähigkeit, Schöpferkraft und Genialität zweifeln.»

Woran merke ich, dass ich zu wenig schlafe?

«Die meisten Menschen schlafen unter der Woche zu wenig, kompensieren am Wochenende und schlafen dann lange aus», sagt Deborah Fischer (27), Psychologin an der Klinik für Schlafmedizin (KSM) in Bad Zurzach AG. «Wenn Sie am Wochenende um die gleiche Zeit aufwachen wie unter der Woche und sich fit fühlen, dann bekommen Sie genug Schlaf.» 

Wird im Alter das Schnarchen schlimmer?

«Schnarchen können auch Kinder. Doch mit dem Alter erschlafft das Gewebe, gleichzeitig legen viele Menschen an Gewicht zu. Beides begünstigt das Schnarchen», sagt Schlafpsychologin Fischer.

Warum geben Führungskräfte damit an, dass sie so wenig schlafen?

«Fälschlicherweise wird langes Schlafen mit Faulheit und einem Mangel an Motivation, Energie, Tatkraft und Initiative assoziiert», sagt Schlafforscher Serge Brand (56) von der Uni Basel. «Wer wenig schläft –  so der Irrglaube –, ist toll, produktiv und leistungsfähig. Solche Verhaltensmuster sind in einer von sehr hohem Leistungsstreben gekennzeichneten Gesellschaft verbreitet, die versteckten Kosten eines solchen Lebensstils werden allerdings selten berücksichtigt.» 

Leistungsträger behaupten, sie würden kaum schlafen. Kann das stimmen?

«Zum Beispiel bei Spitzenpolitikern wird beobachtet, dass sie zwar nachts weniger schlafen und mehr arbeiten, bei jeder Gelegenheit – im Flugzeug, Taxi, Auto, Zug, an Besprechungen, Konzerten oder in der Kirche – aber rasch einnicken und den verpassten Schlaf stückchenweise wieder wettmachen», sagt Brand. «Und letztlich wissen wir nie ganz genau, ob solche Personen ihre Schlaf- und Aktivitätsmuster nicht auch noch medikamentös ‹nachbessern›.»

Kann es sein, dass Napoleon nur drei Stunden pro Nacht geschlafen hat? 

«Vier Stunden schlafen Männer, fünf Stunden schlafen Frauen, und sechs Stunden schlafen Idioten!», so die Meinung von Napoleon. Psychologe Brand relativiert: «Napoleon war kein Schlafforscher, und Hunderttausende junge Männer in den Tod zu treiben halte ich weder als Erfolgsausweis noch als erstrebenswert. Unabhängig davon gibt es tatsächlich  (Ultra-)Kurzschläfer, die trotz kurzer Schlafdauer leistungsfähig, aktiv, gutgestimmt, freundlich und durch und durch angenehme Mitmenschen sind. Sie sind aber eindeutig in der Minderheit und sollten nicht als Vorbilder gelten. Persönlichkeiten wie Goethe oder Mario Botta waren und sind ausgeprägte Langschläfer, die bis zu elfeinhalb Stunden pro Nacht schlafen, und trotzdem wird niemand an ihrer Leistungsfähigkeit, Schöpferkraft und Genialität zweifeln.»

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?