Winter-Modetrend 2025 polarisiert
Macht Fake Fur den echten Pelz wieder salonfähig?

Pelz erlebt ein Comeback in der Modewelt – als Fake Fur. Ein zwiespältiger Trend. Zwar macht Kunstpelz echten Pelz überflüssig. Aber das synthetische Material ist nicht nachhaltig, und der Look macht echtes Fell wieder tragbar.
Publiziert: 14:52 Uhr
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Fashion Week in London im September 2025: H&M zeigt die Models im falschen Pelz-Look der 1980er-Jahre.
Foto: Getty Images

Darum gehts

  • Pelz-Trend kehrt zurück, sowohl in High als auch in Fast Fashion
  • Fake Fur wird beliebter, aber könnte echtes Pelztragen wieder salonfähig machen
  • Pelzgeschäft schrumpfte in den letzten zehn Jahren um 85 Prozent
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Katja RichardRedaktorin Gesellschaft

Die Models tragen nichts ausser feiner Spitzenlingerie, darüber ein dicker Pelz: Die aktuellen Bilder der Fashion Week in London von H&M erinnern an den Look der 1980er-Jahre. Damals waren Pelze noch Statussymbol und Luxus pur – das, was die Schönen und Reichen in St. Moritz vorführten. So weich und warm, dass man darunter nichts tragen musste. Was lange verpönt war, ist jetzt wieder hip – bloss trägt man inzwischen lieber einen falschen Fuchs.

Fake-Fur-Mode kommt aktuell daher wie zu Zeiten, als Pelz noch echt war: H&M bei der Fashion Week in London.
Foto: Getty Images

Egal ob High oder Fast Fashion auf dem Laufsteg, überall sieht man Mäntel und Accessoires aus Pelz-Imitat, das aussieht wie echt. Das gleiche Bild bietet sich beim Klick auf Zara, Mango oder Zalando: Überall ist das kuschlige Material zurück. Diesen Winter tragen alle Pelz.

Für den Fashion-Experten Jeroen van Roojien (54) ein zwiespältiger Trend: «Zum einen machen die neuen, sehr raffinierten Kunstpelze den echten Pelz unnötig. Andererseits werden dadurch junge Menschen wieder an das Thema herangeführt, das Tierleid wird bagatellisiert.» Womöglich treffe beides zu. Den Hype führt er auf den Gangster-Gattinnen-Look zurück: «Junge Frauen wollen glamouröse Pelze tragen, aber sie dürfen nichts kosten – darum der Plastikpelz in der Fast Fashion.» 

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Lange Zeit war Pelz nahezu vollständig aus dem modischen Strassenbild verschwunden – egal ob fake, echt oder vintage. Pelztragen wurde zur ultimativen Gewissensfrage. Im Vegi-Restaurant Hiltl wurde vor zehn Jahren Gästen mit Echtpelz gar der Einlass verwehrt. In einem Zürcher Brockenhaus lagen alte Pelzmäntel auf einem Haufen, mit der Frage: Was tun damit? Auch wer «nur» einen Bommel an der Mütze oder einen sogenannten Deppenkragen an der Parka trug, riskierte böse Blicke oder Kommentare.

Kampf gegen Qualpelz

Zu Recht – oft stammen solche Pelze aus China oder anderen Teilen Asiens, wo Nerze, Füchse oder Marderhunde in engen Drahtkäfigen gehalten und brutal getötet werden. Der Kampf gegen Qualpelz dauerte Jahrzehnte. Zu den Pionierinnen gehört Brigitte Bardot (91): Die Filmikone posierte 1977 in Neufundland mit Robbenbabys, um gegen das jährliche Massaker für Pelze zu protestieren. Hinter der medienwirksamen Kampagne stand der Schweizer Tierschützer Franz Weber (1927–2019). Bilder von den grausamen Bedingungen auf Pelzfarmen – dokumentiert von Organisationen wie Vier Pfoten – machten Pelz zunehmend unattraktiv. Unvergessen bleibt die Kampagne «Lieber nackt als im Pelz», die Peta 1991 lancierte. Supermodels wie Christy Turlington (56) oder «Baywatch»-Star Pamela Anderson (58) posierten dafür – 2020 wurde die Aktion eingestellt, der Kampf war gewonnen.

«Lieber nackt als im Pelz»: Supermodel Christy Turlington für die Peta-Kampagne in den 1990er-Jahren.
Foto: Peta

In den letzten zehn Jahren schrumpfte das Pelzgeschäft laut der Fur Free Alliance um 85 Prozent. 2014 wurden rund 140 Millionen Füchse, Nerze und Waschbärhunde für Pelz gezüchtet oder getötet; 2023 waren es noch etwa 20 Millionen. Gleichzeitig haben 1600 Modeunternehmen die Fur Free Alliance unterzeichnet und verzichten auf Echtpelz – darunter fast alle grossen Namen von Gucci bis Chanel. In der Schweiz haben Kaufhäuser wie Manor und PKZ Echtpelz aus ihren Sortimenten gestrichen, bei Globus verzichtet man auf Produkte aus Käfighaltung.

Fake Fur oder echtes Fell?

Stattdessen wärmte man sich in leichten Daunenmänteln. Wenn Pelz, dann Fake Fur – aber so, dass er auch als solcher erkennbar war. Besonders beliebt waren in den letzten Jahren die kuscheligen Teddy-Mäntel. Manche bestehen aus Kunstfasern, andere aus Wolle oder Shearling, dem politisch korrekten Lammfell. Kurz: Der Pelz schien ein für alle Mal aus der Modewelt verschwunden.

Doch spätestens seit den Fashion Weeks 2025 ist klar: Fake Fur ist ein Trend, der bleibt. Aber wer kann noch zwischen dem falschen Fuchs und echtem Fell unterscheiden? In Tierschutzkreisen befürchtet man, dass dies die Hintertür für echtes Pelztragen öffnet, vor allem bei der jungen Generation, die den Kampf für eine pelzfreie Gesellschaft nicht mehr erlebt hat.

Tatsächlich sind es junge Frauen, die heute auf Flohmärkten alte Pelzmäntel kaufen. Ihre Vorbilder sind Supermodels wie Kylie Jenner (27) oder Hailey Bieber (28). Mal sieht man sie bei Mode-Shootings in Fake Fur, mal in «Real Fur»: Letzten Winter wurden sie im noblen US-Skisportort Aspen in echten Pelzen gesichtet. Vintage natürlich. Was jahrelang verpönt war, wird wieder salonfähig. 

Schweiz verbietet tierquälerische Pelze

Jährlich gelangen schätzungsweise 350 Tonnen Pelze von etwa 1,5 Millionen Tieren in die Schweiz, vor allem aus Zuchtfarmen in China. Im Mai 2025 beschloss der Bundesrat als Gegenvorschlag zur Pelz-Initiative ein Import- und Handelsverbot für Pelze aus tierquälerischer Produktion – dazu zählen Käfighaltung, Fallenfang oder Lebendhäutung. Ausnahmen gelten nur für kontrollierte Zucht oder Jagd nach Schweizer Tierschutzstandards sowie für Eigengebrauch. Händler müssen den Nachweis erbringen, dass die Tiere artgerecht gehalten wurden. Der Bundesrat will zudem den Inlandshandel verbieten und ist damit strenger als die Pelz-Initiative. Wird der Vorschlag im Parlament angenommen, hat das Initiativkomitee der Pelz-Initiative in Aussicht gestellt, sein Volksbegehren zurückzuziehen.

Tote Nerze in einer Farm in Dänemark im Jahr 2020.
Lea Ernst

Jährlich gelangen schätzungsweise 350 Tonnen Pelze von etwa 1,5 Millionen Tieren in die Schweiz, vor allem aus Zuchtfarmen in China. Im Mai 2025 beschloss der Bundesrat als Gegenvorschlag zur Pelz-Initiative ein Import- und Handelsverbot für Pelze aus tierquälerischer Produktion – dazu zählen Käfighaltung, Fallenfang oder Lebendhäutung. Ausnahmen gelten nur für kontrollierte Zucht oder Jagd nach Schweizer Tierschutzstandards sowie für Eigengebrauch. Händler müssen den Nachweis erbringen, dass die Tiere artgerecht gehalten wurden. Der Bundesrat will zudem den Inlandshandel verbieten und ist damit strenger als die Pelz-Initiative. Wird der Vorschlag im Parlament angenommen, hat das Initiativkomitee der Pelz-Initiative in Aussicht gestellt, sein Volksbegehren zurückzuziehen.

Der Pelz kam mit dem Sündenfall

Eine Frau, die damit keine Berührungsängste hat, ist Kürschnermeisterin Anja Marquardt (49). Sie hört oft: «Darf ich mal anfassen?» Die Haptik, dieses kuschelig Warme: «Das weckt Sehnsucht», sagt sie. Schliesslich seien Felle die ältesten Kleidungsstücke der Menschheit. Schon in der Bibel bekommen Adam und Eva von Gott ein Fell, als sie aus dem Paradies vertrieben werden – es ist unsere erste Bekleidung. «Und das älteste Handwerk», sagt Marquardt. Als sie 1991 in Bayern ihre Ausbildung zur Kürschnerin machte, war der Beruf schon fast ausgestorben – ihr Jahrgang bestand aus nur drei Lernenden. Heute betreibt sie in Meggen LU ihr eigenes Pelzatelier, als einzige Frau in diesem Metier im Land.

Sie arbeitet mit gebrauchtem Pelz: Kürschnermeisterin Anja Marquardt.
Foto: Zvg

Meist bringen ihre Kundinnen Erbstücke von Müttern oder Grossmüttern. «Wenn man einen Pelz gut lagert, hält er bis zu 50 Jahre. Das ist nachhaltiger als ein synthetischer Kunstpelz, den man nach ein oder zwei Saisons entsorgt.» Oft stecken Erinnerungen und Emotionen darin. «Fast jeder Pelz hat eine Geschichte. Manche lassen sich aus einem alten Nerz einfach eine Decke nähen für die Terrasse.» Das Schöne an Pelz sei, dass es ein natürliches Material ist – man kann ihn färben, scheren und immer wieder neu verwenden. Viele Kundinnen wünschen sich Pelz als Innenfutter. «Man möchte ihn tragen können – aber nicht mehr wie einst als Prestigeobjekt.»

Nachhaltiger Pelz aus Pflanzen

Felle aus quälerischer Zucht dürfen künftig nicht mehr in die Schweiz importiert werden: Nerzfarm in Dänemark.
Foto: Lea Ernst

Neue Pelze verarbeitet sie selten. Felle aus Asien waren für sie wegen problematischer Haltung und mangelnder Nachverfolgbarkeit immer tabu. «Man sieht einem Fell an, wie es einem Tier ergangen ist», sagt sie. Bisher bezog sie bei Bedarf Nerz, Marderhund oder Fuchs aus Finnland oder Kaninchen aus Zucht in Spanien – etwa um Ärmel zu verlängern. «Das geht künftig nicht mehr.» Käfighaltung fällt unter das neue Importverbot wegen tierquälerischer Zucht (siehe Box). Weiterhin erlaubt sind Felle von Nutztieren, also Lamm. Oder Schweizer Rotfuchs: Jährlich werden 22'000 geschossen, aber nur 5000 Felle genutzt. «Früher bekamen Jäger für ein Fell 100 Franken, heute 5 bis 10», sagt sie. Das sei eine Verschwendung für ein so langlebiges Material. In Zeiten von Fast Fashion ein Argument.

Die nachhaltige Alternative, für die bestimmt nie ein Tier gelitten hat oder leiden wird, sind die Fake-Fur-Mäntel von Stella McCartney (52). Die Designerin kreiert seit 20 Jahren vegane Fashion – nicht aus Plastik, sondern aus pflanzenbasiertem Bio-Fluff – also abbaubar.

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