Darum gehts
Knapp fünf Prozent der Kinder im obligatorischen Schulalter besuchen in der Schweiz eine Privatschule. Die Zahl ist über die letzten zehn Jahre konstant geblieben. Die grosse Mehrheit besucht also die Volksschule – doch wie eine Sotomo-Studie im Jahr 2023 zeigte, könnten sich 60 Prozent der Befragten vorstellen, ihr Kind an einer Privatschule anzumelden.
«Schulen in privater Trägerschaft haben den Vorteil, sehr schnell auf Veränderungen reagieren zu können, was in der Volksschule oftmals langsamer geschieht», sagt Jasmin Näpfli (42) von der Pädagogischen Hochschule der Nordwestschweiz (PH FHNW). Sie ist Leiterin einer noch unveröffentlichten Studie, die untersucht, warum Eltern ihr Kind aus der Volksschule nehmen und es in einer Privatschule platzieren.
Befragte Eltern sehen Entwicklungsmöglichkeiten für Volksschule
Kann die Volksschule von den Privaten lernen? Näpfli und ihr Team haben auf Basis der Elternbefragungen sogenannte Entwicklungsfelder für die Volksschule ausgearbeitet. Mit Verweis auf den hohen Anteil Eltern, die gegenüber einem Schulwechsel offen sind, sagt Näpfli: «Die aus unseren Daten abgeleiteten Entwicklungsfelder spiegeln Bedürfnisse und Erwartungen wider, die in der gesamten Elternschaft vorkommen können.»
- Flexiblere Lernformen: Diese tragen aus Sicht der befragten Eltern massgeblich zum schulischen Wohlbefinden bei. Sie ermöglichen interessengeleitetes Lernen, fördern individuelle Stärken und Engagement sowie wichtige Zukunftskompetenzen.
- Offenere Schulstruktur: Statt Unterricht im 45-Minuten-Takt lieber auf längere Lernzeiten, Projektwochen und klassenübergreifende Aktivitäten setzen.
- Qualitativ hochwertige Tagesstrukturen: Diese erleichtern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, und sie fördern das Wohlbefinden des Kindes. Ein solches Umfeld bietet erweiterte Beziehungsmöglichkeiten.
- Stabilität im Lehr- und Betreuungsteam: Für das Wohlbefinden der Kinder ist aus Sicht der Befragten ein kontinuierlicher Beziehungsaufbau zentral.
- Abschaffung von Hausaufgaben und traditioneller Benotung: Eine Abkehr von traditioneller Benotung erlaubt mehr individuelle Förderung; die Lehrperson agiert in der Rolle eines Coaches und fördert das Verständnis des Kindes für seine individuellen Fortschritte. Zudem entlastet es das ganze Familiensystem, wenn in der Schule nicht alles anhand von Leistung gemessen wird.
Mit ihren Vorschlägen rennen die Forscherinnen offene Türen ein: Diese Teilbereiche der Schule seien auch für die Volksschule wichtige Themen, sagt Dagmar Rösler (53), oberste Lehrerin der Schweiz. Ob das Stichwort individualisierter Unterricht, stabile Beziehungen, innovative Unterrichtsformen oder Ausbau von Tagesstrukturen lautet: «Der LCH und auch die Volksschulen setzen sich für all diese Aspekte ein», sagt die Präsidentin des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz und weist auf einen wichtigen Unterschied hin: «Im Gegensatz zu Privatschulen ist die Volksschule auf den politischen Willen angewiesen, damit beispielsweise Tagesstrukturen aufgebaut werden können.»
Politik bestimmt über Noten und Lektionendauer
Die Politik stellt auch die Weichen, wann und wie Noten gegeben werden. Neuere Beurteilungsformen sind politisch vielerorts umstritten. «Oft werden Schulen politisch wieder zurückgebunden, wenn sie innerhalb des bestehenden gesetzlichen Rahmens auf dem Weg sind, um gute Lösungen im Bereich der Beurteilung von Schülerinnen und Schülern zu finden», sagt Rösler.
Dies bedeute für die Schulen eine grosse Herausforderung, betont sie und wünscht sich: «Die Politik sollte die Volksschule mehr unterstützen und stärken, anstatt sie zum Spielball zu machen.»
Die kurze Lernzeit von 45 Minuten pro Lektion ist ebenfalls von der Politik vorgegeben. Heute ist dieser Takt zwar noch im Stundenplan verankert, doch laut Rösler gibt es immer mehr Ausnahmen in Kantonen und Schulen sowie laufende Reformen. Ein Beispiel: «Der Kanton Uri gibt ab 2026 den 45-Minuten-Takt nicht mehr zwingend vor.» Rösler weist darauf hin, dass mit zunehmendem Alter der Schülerinnen und Schüler mehr Fachlehrpersonen hinzukommen, die auf diese Einheiten angewiesen seien.
Grosse Klassen, die Heterogenität der Schülerschaft und der Personalmangel setzen der individuellen Förderung Grenzen, sagt die oberste Lehrerin: «Im Unterschied zu Privatschulen kann sich die Volksschule ihre Schüler- und Elternschaft nicht aussuchen. Die Volksschule muss Wege finden, mit der gegebenen Heterogenität umzugehen.» Dagmar Rösler schliesst: «Die Volksschule ist der Spiegel unserer Gesellschaft und befindet sich in einem fortwährenden Prozess der Weiterentwicklung.»
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