Darum gehts
- Neue Aufklärungsbücher klären Kinder offen über Geschlechtsorgane auf
- Aktuelle Bücher betonen Vielfalt, Selbstbestimmung und ganzheitlichen Zugang
- Klitoris wurde früher falsch dargestellt, ist tatsächlich 9–12 cm gross
Geschlechtsteile in allen möglichen Formen, Grössen, Schattierungen und mit allerlei lustigen Frisuren bevölkern die Seiten der gerade erschienenen Aufklärungsbücher «Vulva!» und «Penis!». Dass das Genital – insbesondere das weibliche – ohne Tabus vorgestellt wird, ist auch im Jahr 2025 regelrecht revolutionär. «Vulva!»-Co-Autorin Nadine Beck (48) sagt: «Die Vulva und besonders die Klitoris waren jahrhundertelang ein medizinisch, kulturell und pädagogisch vernachlässigtes Thema. Mythen, Scham und Tabus wirken bis heute tief in die Gesellschaft hinein.»
Dem setzen die Autorinnen ein «radikales Gegenstatement»: «Indem wir der Vulva und ihren Mit-Organen ein eigenes Buch widmen, holen wir sie raus aus der Unsichtbarkeit und geben ihr den Platz, den sie verdient – kindgerecht, humorvoll und zugleich anatomisch korrekt.»
Die Klitoris ist nicht nur ein Knubbel
Scham und Unsichtbarkeit führen zu lückenhaftem Wissen. 2022 sorgte eine junge Lehrerin aus Deutschland für Schlagzeilen, die entdeckt hatte, dass die Klitoris in Schulbüchern falsch dargestellt ist. Nämlich klein und knubbelartig statt als grösseres, neun bis zwölf Zentimeter grosses Gebilde.
Aus dem 17. Jahrhundert sind anatomisch korrekte Darstellungen der Klitoris bekannt – doch über die Jahrhunderte wurde diese in Lehrbüchern immer kleiner gezeichnet; Daniel Haag-Wackernagel, emeritierter Professor für Biomedizin an der Universität Basel, führte dies gegenüber SRF einmal auf den aufkommenden Puritanismus und das wachsende Patriarchat zurück.
Aufklärungsbücher haben sich verändert
Diese Zeiten sind nun – zumindest im Kinderbuchmarkt – vorbei. Unter dem Motto «Besser früh als nie» klären neue Aufklärungsbücher wie «Penis!» und «Vulva!» Kinder und Jugendliche über deren Genitalien auf. Neben Anatomischem kommen auch Themen wie Pubertät, Sexualität und Körperpflege zur Sprache.
Auffällig ist: Aktuelle Aufklärungsbücher stellen Vielfalt und Selbstbestimmung in den Vordergrund. «Wir wollen mit diesen Büchern das Selbstbewusstsein stärken und die Selbstakzeptanz fördern», sagt Sexualpädagogin und Autorin Nadine Beck, die an beiden Titeln mitgearbeitet hat.
Schon mal den Begriff Vulvina gehört? Diesen verwendete Therapeutin Souzan AlSabah erstmals 2011. Er bezeichnet die aussen liegenden Genitalien (Vulva), wie auch die innenliegenden Geschlechtsteile (Vagina, Scheide). Auch die Autorinnen von «Vulva!» verwenden ihn.
Mit dem Wort Scheide tun sie sich schwer. Nadine Beck und Rosa Schilling schreiben im Buch: «Viele Leute benutzen das Wort ‹Scheide›, das ist ein altmodisches Wort für die Hülle aus Leder, in der ein Schwert aufbewahrt wurde. Das hört sich so an, als wäre die Scheide nur dafür da, dass ein Penis reingesteckt wird … Sich den Penis als Waffe vorzustellen und die Scheide eben nur als Hülle dafür, was ist denn das für eine Idee?»
Den Autorinnen ist es wichtig, dass man das korrekte Wort kennt für das eigene Genital. Je nach Situation passe dann entweder ein schöner Spitzname oder der Fachbegriff besser, damit man darüber sprechen kann.
Für die Aufklärungsbücher haben sie ein paar der gebräuchlichsten Namen für Vulva und Penis zusammengetragen.
Spitznamen für die Vulva
Die Autorinnen haben 16 Spitznamen notiert: Muschi, Pussy, Mumu, Brötchen, Blümchen, Pflaume, Kätzchen, Honigtöpfchen, Schmuckkästchen, Schnecke, Yoni, Ritze, Muschel, Untenrum, Perle, senkrechtes Lächeln.
Spitznamen für den Penis
Die Liste der Spitznamen für das männliche Genital ist viel länger und umfasst im Buch «Penis!» 84 Begriffe. Hier eine Auswahl: Aal, Apparat, Champion, Diller, Dong, Hosenschlange, Joystick, Lümmel, Lutscher, Pillermann, Rohr, Rüssel, Schniedel, Teil, Willi, Zipfel.
Schon mal den Begriff Vulvina gehört? Diesen verwendete Therapeutin Souzan AlSabah erstmals 2011. Er bezeichnet die aussen liegenden Genitalien (Vulva), wie auch die innenliegenden Geschlechtsteile (Vagina, Scheide). Auch die Autorinnen von «Vulva!» verwenden ihn.
Mit dem Wort Scheide tun sie sich schwer. Nadine Beck und Rosa Schilling schreiben im Buch: «Viele Leute benutzen das Wort ‹Scheide›, das ist ein altmodisches Wort für die Hülle aus Leder, in der ein Schwert aufbewahrt wurde. Das hört sich so an, als wäre die Scheide nur dafür da, dass ein Penis reingesteckt wird … Sich den Penis als Waffe vorzustellen und die Scheide eben nur als Hülle dafür, was ist denn das für eine Idee?»
Den Autorinnen ist es wichtig, dass man das korrekte Wort kennt für das eigene Genital. Je nach Situation passe dann entweder ein schöner Spitzname oder der Fachbegriff besser, damit man darüber sprechen kann.
Für die Aufklärungsbücher haben sie ein paar der gebräuchlichsten Namen für Vulva und Penis zusammengetragen.
Spitznamen für die Vulva
Die Autorinnen haben 16 Spitznamen notiert: Muschi, Pussy, Mumu, Brötchen, Blümchen, Pflaume, Kätzchen, Honigtöpfchen, Schmuckkästchen, Schnecke, Yoni, Ritze, Muschel, Untenrum, Perle, senkrechtes Lächeln.
Spitznamen für den Penis
Die Liste der Spitznamen für das männliche Genital ist viel länger und umfasst im Buch «Penis!» 84 Begriffe. Hier eine Auswahl: Aal, Apparat, Champion, Diller, Dong, Hosenschlange, Joystick, Lümmel, Lutscher, Pillermann, Rohr, Rüssel, Schniedel, Teil, Willi, Zipfel.
Blickt man ein paar Jahrzehnte zurück, zeigt sich: Das war nicht immer der Anspruch. Der Aufklärungsklassiker «Peter, Ida und Minimum» aus den 1970er-Jahren zum Beispiel zeigt eine Familie mit schwangerer Mama, Papa und zwei Kindern. Möglichkeiten für andere Familienkonstellationen bleiben unerwähnt, wie zum Beispiel auch nicht thematisiert wird, dass sich manche Menschen zum selben Geschlecht hingezogen fühlen. Das Buch vermittelt sachlich Fakten zu Biologie und Reproduktion.
Bis in die 2000er-Jahre wurde die Sprache weniger trocken und offener. In den 2010er-Jahren rückte dann die Kinderrealität mit Titeln wie «Klär mich auf. 101 echte Kinderfragen rund um ein aufregendes Thema» ins Zentrum. Zudem wurde es spätestens jetzt wichtig, Körper und Familie divers und inklusiv zu vermitteln. Ein Beispiel ist «Wie entsteht ein Baby?» des Kanadiers Cory Silverberg: Das Buch für Kinder im Vorschulalter informiert über Empfängnis, Schwangerschaft und Geburt so, dass sich auch queere Elternpaare, Adoptivfamilien und mit künstlicher Befruchtung gezeugte Kinder darin wiederfinden.
Wer heute Kinder grosszieht, hatte selbst nicht Zugang zu solchen Informationen. Für viele war die Zeitschrift «Bravo» in der Jugend die Hauptinformationsquelle. «Wir alle wachsen mit unsichtbaren Tabus und falschen Bildern auf. Kinder sollen heute eine bessere Chance haben, als wir sie damals hatten», sagt Beck. Vielen Eltern fehlten häufig Worte, Bilder, Fakten und Erfahrungen, um locker über die Vulva zu reden und den Kindern einen guten Zugang dazu zu bieten.
Für manche Erwachsene dürfte die Lektüre aktueller Aufklärungsbücher den einen oder anderen Aha-Moment bieten. Beck sagt: «Wenn Eltern merken, dass auch sie selbst noch etwas lernen dürfen, entsteht oft eine entspannte Haltung, die sich auf die Kinder überträgt.»