Darum gehts
- Claudio Del Principe schaut auf sein kulinarisches 2025 zurück
- Unter anderem hat er die Welt der Wildkräuter für sich entdeckt
- Ausserdem hat er mehrere Kochbuch-Preise gewonnen
Mein kulinarischer Jahresrückblick ist gleichzeitig ein verheissungsvoller Ausblick auf 2026. Diesen Frühling entdeckte ich die kleine grosse Welt der Wildpflanzen vor meiner Haustür. Überall blühen jede Menge Pflanzen wie etwa Wiesenschaum-Kraut, Günsel oder Rosmarin. Es gibt Vogelmiere, Brennnesseln und Löwenzahn. Den ging ich schon als Kind mit meinem Papa pflücken, fiel mir wieder ein. Alles vom Löwenzahn ist essbar: Blüte, Blätter, Stiel und sogar die Wurzeln. Separat, oder das ganze Pflänzchen, gedämpft in Olivenöl mit Knoblauch und Peperoncino – unglaublich gut.
Und es hat massenhaft Giersch! Mein bis anhin meistgehasstes Unkraut entpuppte sich als delikate, essbare Pflanze. Die Blätter schmecken roh nach Rüebli, gedämpft wie Spinat. Die Blüten aber sind noch besser, wunderschön und aromatisch. Jedes Gericht, das man damit garniert, sieht aus wie von einer Zauberfee zubereitet.
Den violetten Günsel, der leicht bitter wie Chicorée schmeckt, habe ich für einen Orangensalat verwendet. Mein Tipp: Jetzt schon diesen Salat zubereiten. Mit Blond- oder Blutorangen. Dazu Spalten von roten Zwiebeln, am besten die süsslichen Tropeazwiebeln, Olivenöl, Condimento bianco, Salz und Pfeffer. Und weil es jetzt keinen Günsel gibt, schwarze Oliven dazugeben. Ab März dann die Oliven mit den hübschen Günsel-Blüten ersetzen. Ich freu mich jetzt schon auf den Frühling! Das Glück – man muss es nur pflücken.
Apropos Glück, dieses ist meinem aktuellen Kochbuch «alla buona – zeitgemässe Esskultur» 2025 gleich dreifach widerfahren: Goldmedaille beim Swiss Gourmet Book Award, Silbermedaille von der Gastronomischen Akademie Deutschlands und Platz 3 unter den besten italienischen Kochbüchern der Welt beim World Gourmand Book Award. Das ist überwältigend und ich bin deshalb so dankbar, weil dieses Buch einfache Arme-Leute-Küche als zeitgemässe Esskultur feiert. Ganz im Sinne meiner Botschaft: Lasst uns wieder wie unsere Grossmütter kochen, dann machen wir in Zukunft alles richtig.
Dies ist bereits meine 14. Goldmedaille als Kochbuchautor. Im Alltag haben sie leider wenig Bedeutung. Wäre ich Musiker, Sportler oder Schauspieler, wären Glanz und Gloria um ein Vielfaches grösser – und ich vermutlich Besitzer einer Luxusvilla – haha!
Aber im Ernst, viele Kulturbereiche werden gefördert, gesponsert und staatlich finanziert. Ich wünsche der Kochbuch-Branche in Zukunft die Unterstützung und Anerkennung, die ihr gerecht wird. Denn wie ich im Umschlag von «alla buona» geschrieben habe: «Essen ist mehr als Nahrung. Es ist der Spiegel unserer Welt.»
In diesem Sinne allen mehr Genuss und alles Glück im nächsten Jahr!