Darum gehts
- Nationalrat einigt sich auf Paket zur Reform der Witwen-, Kinder- und Ehepaarrenten
- Leser kritisieren Ungleichbehandlung von Alt- und Neurentnern bei Ehepaarrenten-Erhöhung
- Ehepaarrenten sollen für Neurentner von 150% auf 200% einer Einzelrente erhöht werden
Renten sind eine fragile Angelegenheit. Entsprechend hitzig war am Mittwoch im Nationalrat die Debatte über die Witwen-, Kinder- und Ehepaarrenten. Schliesslich einigte man sich – und schnürte ein Paket. Dieses soll als Nächstes an den Ständerat gereicht und in der Wintersession behandelt werden.
Das Paket – ein indirekter Gegenvorschlag zur Mitte-Initiative für höhere Ehepaarrenten – besteht aus vier Bausteinen. Im Wesentlichen sollen die lebenslangen Witwenrenten abgeschafft, der Verwitwetenzuschlag sowie die AHV-Kinderrenten gestrichen und die Ehepaarrenten erhöht werden.
Und was sagen die Leserinnen und Leser dazu? Wie im Parlament gab es auch in der Community zu den einzelnen Paketinhalten regen Redebedarf. Besonders zur Akte Ehepaarrenten haben viele eine klare Meinung. Darin will der Nationalrat die bisherige Praxis kippen, bei der Ehepaare zusammen maximal 150 Prozent einer Altersrente und höchstens 3780 Franken pro Monat erhalten. Konkubinatspaare bekommen volle Einzelrenten, in der Summe sind es maximal 5040 Franken monatlich. Dass das gegenüber Verheirateten ungerecht sei, wird schon lange kritisiert.
«Schämt Euch!»
Der Nationalrat ist dem Anliegen, dies zu ändern, am Mittwoch nun entgegengekommen: Für Neupensionäre soll es künftig höhere Renten geben, maximal 200 statt 150 Prozent. Das Nachsehen haben die bereits pensionierten Ehepaare. Sie sollen nicht von der Neuerung profitieren können. Die Begründung: Bisher hätten sie bereits von gewissen Ehepaar-Privilegien profitieren können.
«Schämt Euch!», empört sich der Leser Urs Stauffer. Er selbst sei Altrentner. Dass nur die Neurentner profitieren würden, sei «ein absoluter Affront». Den Entscheid sieht er als Diskriminierung von Altrentnerinnen und -rentnern, und fragt: «Was für Privilegien sollen die Altrentner gehabt haben? Die höheren, kaum verkraftbaren Krankenkassenprämien?» Diese Zweiteilung erachte er als «unannehmbare respektlose Provokation». Auch Andy Honegger findet den Entscheid «fragwürdig»: «Der Rentendeckel muss fallen, auch für die heutigen Rentner.» Und auch Ursula Studer schreibt: «Die Rentnerehepaare haben alle das gleiche Recht, nicht nur die Neurentner-Ehepaare!»
«200 Prozent gearbeitet – haben zwei Vollrenten verdient»
Der User Charlie Müller versteht das Problem der Altrentner hingegen nicht: «Die Alten haben vom Privileg der Heirat profitiert, da kann man jetzt im Alter nicht zwei volle Renten kassieren. Schon gar nicht, wenn die Frau den Haushalt machte und kein zweites Einkommen hatte.» Er macht ein Beispiel: «Das wäre ja so, wie wenn man eine Versicherung nicht abgeschlossen hätte, um Geld zu sparen und Jahre später einen Schaden hat, den die Versicherung ohne Deckung jetzt trotzdem bezahlt bekommt! Das kanns ja nicht sein!»
Was die Neurentner anbelangt, ist Müller mit dem Entscheid des Nationalrats einverstanden: «Meine Frau und ich haben schon 35 Jahre gearbeitet und in zehn Jahren unsere Pflicht getan. Dann haben wir zwei Vollrenten auch verdient, nicht nur 150 Prozent. Wir haben ja auch 200 Prozent gearbeitet!»
Dieselbe Logik vertritt Marcel Senn: «Warum sollen Ehefrauen, die nie oder nur so 20 Prozent gearbeitet haben, eine 100-Prozent-Rente erhalten?» Diese seien automatisch über das Einkommen des Mannes bei der AHV mitversichert, ohne je Beiträge bezahlt zu haben, so seine Meinung.
«Grundsätzlich ein guter Entscheid»
Heinz Boss findet die Erhöhung der Ehepaarrenten grundsätzlich einen guten Entscheid. Die Frage sei nur, wann dieser umgesetzt werde. «Zudem finde ich, dass man die aktiven Rentner auch profitieren lassen sollte. Vielleicht mit einer Plafonierung bei 175 Prozent. Das wären immerhin gut 600 Franken plus pro Monat bei einer Vollrente.»
Über die Umsetzung macht sich auch Silvia Kiener-Pfenninger Gedanken und stellt die AHV-Finanzierung generell infrage. «Also für die 13.-AHV-Rente hat man kein Geld, aber für die Erhöhung der Neu-Ehepaar-Rente, die diese ja auch 13-mal erhalten, schon. Das ist eine absolute Diskriminierung gegenüber allen Rentnern. Oder wird dann die Mehrwertsteuer wieder erhöht?»
Markus Gruber antwortet direkt auf ihren Kommentar: «He, Leute, wer sein Leben lang gearbeitet hat, der hat auch Anrecht auf seine jeweilige AHV-Rente. Also nicht jammern, sondern arbeiten gehen. Ob verheiratet oder nicht.»
Die Leserin Andrea Maul positioniert sich mit ihrer Meinung diplomatisch: Sie schlägt Individual-Renten für alle vor. «Das wäre fair», schreibt sie.