Darum gehts
- Schweizer Gefängnisse überfüllt: Reform für Schwarzfahrer-Strafen diskutiert
- Kritik am System: Gefängnisstrafen für Schwarzfahrer als übertrieben angesehen
- Kosten pro Person und Tag im Gefängnis: Rund 200 Franken
Die Schweizer Gefängnisse platzen aus allen Nähten. Über die Hälfte der Gefängniseintritte resultiert daraus, dass Menschen ihre Bussen oder Strafen nicht begleichen konnten. Häufig sind es Fälle von Schwarzfahren, die zu einem Gefängnisaufenthalt führen. Dies verursacht vor allem Kosten: rund 200 Franken pro Person und Tag, um Menschen einzusperren, die meist ohnehin kein Geld haben.
«Ersatzfreiheitsstrafen treffen mehrheitlich Personen in prekären Verhältnissen, die nicht in der Lage sind zu zahlen, und nicht etwa widerspenstige Straftäter», so SP-Nationalrätin Jessica Jaccoud. Weil immer mehr Haftplätze fehlen, wird nun über eine Reform diskutiert. Jaccoud fordert, das Schwarzfahren zu entkriminalisieren. Schon wegen kleiner Beträge landen Menschen im Gefängnis – mit viel Aufwand, hohen Kosten und ohne spürbaren Nutzen für die öffentliche Sicherheit.
«Es fehlt an gesundem Menschenverstand»
Nicht nur in der Politik, sondern auch in der Bevölkerung sorgt das Thema für Diskussionen. Für Leser Marcel Meister ist klar: «Da fehlt es in der Schweiz an gesundem Menschenverstand. Ich bin mir sicher, dass die Gesamtkosten des Gefängnisaufenthalts die entgangenen Bussengelder übersteigen. Da würden gemeinschaftliche Arbeitseinsätze mehr bringen!» Eine Meinung, die viele teilen. «Schwarzfahrer gehören nicht ins Gefängnis», findet Manfred Dreier. «Sie betrogen gemeinnützige Infrastruktur, daher sollten sie ihre Schulden dort abarbeiten.»
Christine Käser übt ebenfalls scharfe Kritik am Schweizer System: «Eine Gefängnisstrafe soll einen Lerneffekt auslösen. Dieses Ziel wird aber bei Schwarzfahren nicht erreicht werden, weil die Leute aus purem Geldmangel schwarzfahren. Gefängnis dafür ist völlig übertrieben und verursacht unfassbar viele Kosten für den Steuerzahler.» Um Geringverdiener zu entlasten, schlägt sie eine günstige Monatskarte vor, die bundesweit gilt. «Das würde auch der Gesellschaft zugutekommen», doppelt sie nach.
Prävention oder mehr Gefängnisse?
Oski Dillinger verfolgt einen ganz anderen Ansatz und setzt darauf, Schwarzfahren von Anfang an zu verhindern. Er schlägt vor, den Zugang zu den Zügen nur mit einem gültigen Ticket zu ermöglichen: «Ich kenne Länder, da kann man nur mit einem gültigen Bahnbillett aufs Perron. So können Schwarzfahrer gar nicht erst in den Zug steigen.»
Max Schleiffer sieht den Lösungsansatz dagegen eher im Ausbau der Gefängniskapazitäten. «Die Lösung ist super einfach: Neue Gefängnisse bauen! Wegen der Masseneinwanderung braucht es nicht nur mehr Wohnungen, Strassen, Energie usw., sondern logischerweise auch mehr Gefängnisse», schreibt er.
Trotz verschiedener Lösungsvorschläge ist eines klar: Die meisten sind sich einig, dass Schwarzfahrer nicht hinter Gitter gehören. Statt teure Gefängnisaufenthalte braucht es Lösungen, die präventiv wirken, gerecht sind und die öffentlichen Mittel sinnvoll einsetzen. Das Parlament hat den entsprechenden Vorstoss noch nicht beraten, doch der Bundesrat zeigt sich offen – etwa für eine Entkriminalisierung des Schwarzfahrens.