Tarifstufen wegen Netzüberlastung geplant
Laden Reiche ihr E-Auto bald schneller?

Ein Verein schlägt abgestufte Ladetarife vor, um das Stromnetz angesichts mehr Elektroautos vor dem Kollaps zu bewahren. Was steckt hinter diesem vermeintlichen Schnellladen für Reiche?
Publiziert: 12.03.2021 um 16:01 Uhr
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Aktualisiert: 08.04.2021 um 13:32 Uhr
Daniela Sauter, Leiterin E-Mobilität bei den EKZ, könnte sich ein prioritäres Ladesystem vorstellen, bei dem der Kunde zuerst und schneller laden kann, wenn er bereit ist, mehr für den Strom zu bezahlen.
Foto: zVg
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Andreas Engel

An der Sprit-Zapfsäule sind wir alle gleich. Ob Arbeiter oder Topmanagerin, ob jung oder alt, Ferrari oder Dacia: Der Tank ist gleich schnell voll. Bei Elektroautos könnte sich das bald ändern. Im Gespräch mit BLICK sagt uns Daniela Sauter, Leiterin E-Mobilität der Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ): «Wir können uns ein prioritäres Ladesystem vorstellen, bei dem der Kunde zuerst und schneller laden kann, wenn er bereit ist, mehr für den Strom zu bezahlen.»

Was sich nach einem System für Besserverdienende anhört, könnte künftig vor allem eine Netzüberlastung vermeiden. Denn umso mehr Käufer sich für ein E-Auto entscheiden – ein Trend, der weiter zunehmen dürfte –, desto öfter beziehen wir die Antriebsenergie für unser Auto ja direkt bei uns in der heimischen Garage.

Problem sind Leistungsspitzen

Was das für das Stromnetz bedeutet, erklärt Sauter an einem Rechenbeispiel: «Würden heute alle Fahrzeuge in unserem Versorgungsgebiet elektrisch fahren und exakt um 20 Uhr zu Beginn des Niedertarifs mit voller Leistung laden wollen, könnten wir momentan nicht genug Leistung zur Verfügung stellen.» Dies liege nicht an der Strommenge an sich, sondern an solchen kurzzeitigen Leistungsspitzen.

Sorgen bereitet das auch Andreas Beer, Geschäftsführer des Vereins Smart Grid, wie er gegenüber der »NZZ am Sonntag» erklärte: Am Abend sei das Stromnetz ohnehin stark belastet. «Photovoltaik speist dann auch keinen Strom mehr ein.» Auch wenn sich der Strombedarf mit steigender Anzahl E-Autos nur unwesentlich erhöhe, warnt Beer vor den gewaltigen Leistungsspitzen: Wenn ein E-Auto mit 22 kW zu Hause lade, benötige es schlagartig die Leistung von bis zu fünf Backöfen.

Strom bis zu viermal teurer

Damit das Stromnetz in Zukunft aber nicht kollabiert, schlägt Beers Verein als Gegenmassnahme nicht den Ausbau des selbigen vor, da es kaum finanzierbar wäre, sondern abgestufte Tarife, um die Ladeleistung zu staffeln. So solle dann der Grundtarif, bei dem der Strom gleich viel wie heute kostet, garantieren, dass das E-Auto bis am kommenden Morgen mindestens zu 80 Prozent aufgeladen ist.

Im Tarif «schnell» ist der Auto-Akku bereits nach einer Stunde zu 80 Prozent voll– dafür soll das in Beers Rechnung das Vierfache kosten. Hat der Kunde «langsam» gewählt, lädt das Auto nach Einstecken sofort. Aber mit kleiner, das Netz nicht belastender Leistung. Diese Variante soll «nur» das Doppelte kosten.

Im Schnitt 35 Kilometer

Wie wäre ein solches Tarifsystem umsetzbar? Zum einen sei laut Smart Grid ein intelligentes Lademanagement nötig, welches die Verteilung des Stroms zwischen den Autos steuere. Zum anderen natürlich die Akzeptanz und das Einverständnis der Elektrofahrenden. Das Tarifmodell sei ein erster Vorschlag. Nicht jeder Kunde werde das Bedürfnis haben, sein Auto jederzeit stets als Erster laden zu müssen.

Angst, das E-Auto nicht geladen zu bekommen, müssten sich die Autofahrer in der Regel ohnehin nicht machen, erklärt Daniela Sauter: «Die durchschnittliche Fahrleistung pro Tag in der Schweiz liegt bei 35 Kilometern. Das entspricht etwa acht Kilowattstunden, die in rund einer Stunde geladen werden können.» Wer also nicht jeden Tag hunderte Kilometer fährt und nicht stets mit fast leerem Akku daheim ankommt, könnte den Strombedarf gut im Grundtarif decken.

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