Zigarre auf Rädern: Caterham 485CSR
Formel Fahrspass

Wer Altes nicht mag, mit Fahrspass nichts am Hut hat und kaum Geld für ein Spielzeug übrig hat, kann mit dem neuen Caterham 485CSR nichts anfangen. Allen anderen sei die anachronistische Zigarre auf Rädern aber wärmstens ans Herz gelegt.
Publiziert: 04.08.2019 um 05:31 Uhr
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Aktualisiert: 14.07.2023 um 11:49 Uhr
Wer Altes nicht mag und mit Fahrspass nichts am Hut hat, kann mit dem neuen Caterham 485CSR nichts anfangen. Alle anderen werden begeistert sein.
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Roland Löwisch (Text), Andrew Ferraro (Fotos)

Graham MacDonald hat eine übersichtliche Anzahl Freunde. Jedenfalls für den CEO eines Autoherstellers. «Am Rennwochenende sind meine Kunden meine Freunde,» sagt der Schotte während einer Pause zum Marken-Race-Day auf der englischen Rennstrecke in Snetterton, «am Montag sind sie dann wieder meine Kunden.» So einfach kann Business sein.

Jedenfalls beim Kleinserienhersteller Caterham. Der baut – wohl als einziger Autohersteller neben der ebenfalls recht schrulligen Morgan Motor Company – ein Modell, dessen Grundkonstruktion im Jahr 1957 entstand. Damals, so wird kolportiert, erfand Lotus-Chef Colin Chapman den superleichten Strassenrenner mit freistehenden Rädern. Es war seine siebte Modellkonstruktion, so wurde der Lotus 7 daraus.

1973 brauchte er seine Produktionsanlagen in Hethel GB für neue Modelle – er wollte den Seven eingehen lassen. Sein Londoner Händler Graham Nearn aus dem Londoner Vorort Caterham aber nicht, deshalb übernahm er Lizenz und Werkzeuge. Seitdem wird der Caterham 7 in diversen Grössen und mit Fremdmotoren (meist Cosworth und Ford) gebaut. Bis heute. Von 135 Angestellten, die zwischen 500 und 550 Stück pro Jahr fabrizieren.

Stolzer Preis

Die Vorzüge eines Caterham liegen eindeutig beim Fahrspass. Das gilt erst recht für den neuen 485CSR, der auch für alle Märkte ausserhalb Grossbritanniens entwickelt wurde. Zulassungstechnisch heisst das: Dank geschaffter WLTP-Homologation und «European Small Series Specification» kann das Auto überall zugelassen werden. «Es ist sogar egal, wie der Brexit ausgeht,» sagt MacDonald, «wir können das Auto überall in Europa verkaufen.» Allerdings muss es auch jemand haben wollen. Denn es ist mit rund 90 000 Franken ausgesprochen teuer für das, was es alles nicht hat. Zum Beispiel ABS, ESP, ASR, Assistenten, Servohilfen, Platz, Luxus, Überholprestige, Renommee, den Segen der Ehefrau.

Formel-1-Technik

Allerdings erkauft man sich garantiert schräge Blicke, den baldigen Ruf eines automobilen Sonderlings und druckempfindliche Körperstellen – aber vor allem unglaublichen Fahrspass, wie ihn kein anderes legales Auto vermitteln kann. Und das liegt vor allem an 238 PS aus einem hochdrehenden Vierzylinder-Saugermotor, dessen Block von Ford kommt, dessen Innereien aber von Caterhams ehemaliger Formel-1-Abteilung zusammengerührt wurde. Denn Besitzer der Firma ist unter anderen der Malaysier Tony Fernandez, dem auch die weltgrösste Billig-Airline Asia Air gehört und der vor gar nicht langer Zeit kurz mit Lotus und Caterham in der F1 mitmischte.

Einsteigen als Turnübung

Der Mann muss ein Faible für zigarrenförmige Autos haben, in die normale Menschen kaum passen. Das gilt insbesondere für die Formel 1, in gewisser Weise aber auch für die Caterham-Modelle. Obwohl die CSR-Varianten bereits die «breite» Karosserie besitzen, ist das Erklimmen der Sitzschalen für alle, die nicht jünger als 30 und nicht mindestens Hobby-Turner sind, problematisch – selbst wenn man dazu das optionale Momo-Lenkrad abnimmt.

Am besten erst das Dach abmontieren – es ist sowieso nur ein besserer Regenschirm, der mit Druckknöpfen befestigt wurde. Dann die Türen abziehen – sie wiegen so gut wie nichts und hängen nur an zwei nageldünnen Bolzen. Blöd nur, dass man sich dann gleichzeitig auch zwei Drittel aller Rückspiegel beraubt. Die montierten Vierpunktgurte schränken die Alltagstauglichkeit des Autos nochmals ein, denn es ist doch ein heftiges Gefummel, bis sie richtig sitzen.

238 PS für nur 580 Kilo

Aber dann beginnt der Spass. Der joystickartige Gangwahlhebel will nachdrücklich in einen der fünf möglichen Gänge gedrückt werden, dabei sind die Schaltwege herrlich klein. Das gilt auch fürs Momo-Lenkrad, das völlig ohne Knöpfe auskommt. Die sind – 13 an der Zahl – übers Armaturenbrett verstreut und stammen so was aus dem analogen Zeitalter, dass man sich über fehlende Elektronik nicht mehr wundert.

Wenn man dann noch das viel Widerstand bietende Kupplungspedal domestiziert, fliegt der nur ein paar Zentimeter über dem Asphalt platzierte Hintern durch die Gegend, dass es eine Freude ist. Leicht schnarrend amüsiert sich der Motor königlich über lächerliche 580 Kilo, was einer Kraft von 409 PS pro Tonne Autogewicht entspricht.

In 3,9 s auf Tempo 100

Das aufwendige Fahrwerk mit Push-Rod-Aufhängung vorne und doppelten Dreieckslenkern hinten ist fast so straff abgestimmt wie der Rest des Autos. Es lässt den Wagen stets mit allen vier Rädern Strassenkontakt haben, filtert aber böse Stösse nicht wirklich. Etwas schärfer wird die Fuhre, wenn man den «Sport-Button» drückt: Dann dreht der Motor bis 8500 Touren und gibt noch mal 15 Extra-PS frei. Driften – gewollt und ungewollt – ist leichter, als über die Briten den Kopf zu schütteln. Wenn die Geradeausfahrt gelingt, ist man in windigen 3,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h.


Etwa 20 bis 40 Stück des 485CSR will Caterham-Boss MacDonald pro Jahr verkaufen: «Das ist nicht viel, aber gut.» Kann man nachvollziehen, denn gute Freunde sind ja auch viel wichtiger als viele …

STECKBRIEF Caterham 485CSR

Antrieb: 2.0-l-R4-Turbobenziner, 237 PS bei 8500/min, 206 Nm bei 6300/min, manuelles 5-Gang-Getriebe, Hinterrad

Fahrleistungen: 0–100 km/h in 3,9 s, Spitze 225 km/h

Masse: Länge/Breite/Höhe: 3,36/1,70/1,12 m, Gewicht 580 kg

Gewicht: 580 Kilo

Listenpreis: umgerechnet ab ca. 90'000 Franken (inkl. MwSt)

Antrieb: 2.0-l-R4-Turbobenziner, 237 PS bei 8500/min, 206 Nm bei 6300/min, manuelles 5-Gang-Getriebe, Hinterrad

Fahrleistungen: 0–100 km/h in 3,9 s, Spitze 225 km/h

Masse: Länge/Breite/Höhe: 3,36/1,70/1,12 m, Gewicht 580 kg

Gewicht: 580 Kilo

Listenpreis: umgerechnet ab ca. 90'000 Franken (inkl. MwSt)

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