Grün für England und Rot für Italien
Warum gibts Autofarben?

Autos sind ein Ausdruck des Zeitgeistes – das trifft vor allem auf ihre Farbe zu. Waren sie in den 1970er-Jahren kunterbunt, sind sie in der heutigen Zeit eher farblos und dröge. Wieso können wir aber überhaupt verschiedene Farben wählen?
Publiziert: 19.10.2022 um 08:10 Uhr
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Aktualisiert: 19.10.2022 um 11:41 Uhr
Die heutige Autowelt ist etwas farblos. Grau und Silber sind aktuell die beliebtesten Autofarben.
Foto: Timothy Pfannkuchen
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Wolfgang Gomoll

Dienstwagen sind meist silbern oder weiss, Sportwagen nicht nur bei der Marke aus Italien oft rot und Luxuslimousinen schwarz: Die Farbe sagt viel übers Auto und seinen Besitzer aus und ist entsprechend ein gewichtiger Kaufentscheid.

Dabei war die Farbe bei den ersten Automobilen uninteressant. Die waren im Grunde Pferdekutschen mit Motor. Und noch heute sind fast alle Kutschen nicht lackiert und dementsprechend schlicht holzfarben.

Jedem Land seine Farbe

Die Idee zu verschiedenen Autolacken kam erst mit den ersten Autorennen auf. Der polnisch-amerikanische Graf Eliot Morris Zborowski hatte die Idee, die Autos nach einem Farbcode zu lackieren, der dem Herkunftsland des Piloten zugeteilt ist. So sollten die Zuschauer leichter unterscheiden können, wer wo platziert ist.

Erster Einsatz war der Gordon Bennett Cup im Jahre 1900 auf der Strecke von Paris nach Lyon (F). Dabei stand Blau für Frankreich, Weiss für Deutschland, Gelb für Belgien und Rot ging – an die USA. Aber Rot ist doch Italien? Das entwickelte sich erst später, die Einteilung war nicht in Stein gemeisselt. Ein gutes Beispiel dafür sind die Autos von britischen Piloten. Erst im Laufe der Jahre wurde aus einem hellen Grün das dunklere «British Racing Green».

Lambo bringt Farbe ins Leben

Doch bei Serienautos blieb es vorerst unbunt. So gab es das Ford Model T nur in Schwarz, den Opel P4 nur in Grün – darum «Laubfrosch» gerufen. Richtig bunt wurde es erst nach dem Zweiten Weltkrieg. In den 1960er-Jahren galt es, den Muff der Nachkriegszeit abzulegen – auch optisch. Und Ferruccio Lamborghini erkannte das und öffnete alle Farbdosen. Als die Lamborghini-GT-Reihe auf den Markt kommt, sind noch zartere Farben en Vogue. Die Lacke hiessen Azzurro (Hellblau), Blu Notte (Nachtblau), Verde Scuro (Dunkelgrün), Argento (Silber) und Biancospino (Weissdorn). Das höchste der Gefühle waren spezielle Farben wie etwa Grigio Argento Metallizzato (Silbergrau-Metallic).

Noch offensiver wurde die Farbwahl 1966 mit dem neuen Miura! Stars und Milliardäre rissen sich um den schnittigen Sportwagen und liessen sich vom liberalen Zeitgeist aus Woodstock, Flowerpower und «Macht Liebe, nicht Krieg!» prägen. Die Produktions-Datenblätter der 763 produzierten Miuras spiegeln den Regenbogen wider: Insgesamt 86 verschiedene Farbtöne wurden verwendet. Darunter Gelbgrün mit roten Streifen, Mexiko-Blau oder für einen persischen Schah ein Rot, das mehr ein Orange war, um sich von Ferrari zu unterscheiden.

Die Farbe geht verloren

In den 1970er-Jahren blieben die Strassen bunt. Porsches 911 Targas rollten in Giftgrün durch die Städte, den Ford Capri gab es orange oder in verschiedenen Blautönen, und der VW Golf schloss sich diesem Farbspiel an. Selbst in den 1980er-Jahren standen Blau und Rot noch ganz oben in den Auftragszetteln.

In den 1990er-Jahren wünschten sich die Kunden wieder ruhigere Farben: Silber und Grau waren an der Tagesordnung. Bunt hatte keine Chance – wie der VW Polo Harlekin zeigte. Das knallige Sondermodell, der Name war Programm, bekam keinen Nachfolger. Bis heute ist bunt chancenlos. Silber- und Grautöne sind die beliebtesten Farben. Weiss ist wieder da, Schwarz bleibt ein Klassiker.

Bunte Exoten

Umso schöner sind Ausreisser wie ein pinkfarbener Fiat 500 oder ein orangener Renault Captur. Ganz zu schweigen von extravaganten Wünschen von Reichen und Sportlern. Bentley rühmt sich, seinen Kunden jeden Farbwunsch zu erfüllen, solange der Kunde eine Probe mitbringt. Das kann von der Haarfarbe der Frau bis zum Kaffeefleck auf dem ersten Kaufvertrag gehen. Mancher Fussballer liess selbst von Gold nicht die Finger.

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